Wenn die Ampel auf Grün springt, wird aus dem kleinen Zoe ein rasanter Flitzer: „Die Protzer kann man damit abhängen“, lacht Beate Terbaum. Seit drei Jahren fährt die 50-Jährige ein Auto mit Elektroantrieb. Das markante Kennzeichen: BE-AT 93 E. Wenn sich ein Familienmitglied das Auto ausleiht, ist deshalb nur von „Beate“ die Rede.
Die Entscheidung für das E-Auto haben Beate und Berthold Terbaum mit Kopf und Bauch getroffen. Zum einen überzeugte sie die Vorstellung, emissionsfrei unterwegs zu sein. Zum anderen sind sie sicher, dass sich der Umstieg auf längere Sicht auch finanziell lohnt. Denn sie haben auf ihrem Hof in Albersloh (Kreis Warendorf) zwei Photovoltaik-Anlagen.
Für Eigenverbrauch gerüstet
Seit 2008 produzieren die Module auf der Scheune 39 kWp. Vier Jahre später kam eine weitere Anlage auf dem Dach der Getreidehalle hinzu. Sie liefert 40 kWp und war schon für den Eigenverbrauch ausgerüstet, das heißt mit zwei Zählern.
Wie die meisten Familien auf dem Land kommen die Terbaums nicht mit einem Auto aus. Das Familienauto – auch für längere Touren – ist ein Skoda Yeti Diesel. Meistens verfügbar ist zudem der Wagen von Berthold Terbaums Mutter. Ein zusätzliches Auto musste trotzdem her, als absehbar war, dass die älteste Tochter Antonia eine landwirtschaftliche Ausbildung macht. Antonia nutzt jetzt meist den Yeti, Beate Terbaum den Renault Zoe.
Mit dem E-Auto fährt sie auch zur Arbeit. Sie ist Klarinettistin im Luftwaffenmusikkorps der Bundeswehr in Münster. Corona-bedingt musiziert sie zurzeit meistens im Homeoffice. Normalerweise fährt sie aber täglich zu den Proben, 20 km hin und wieder zurück. So kommt der Zoe auf knapp 20 000 km im Jahr.
4100 kWh Strom pro Jahr
Der ADAC hat den Zoe einem Dauertest unterzogen und ist dabei auf einen Verbrauch von 20,51 kWh Strom auf 100 km gekommen. Beim Wagen der Terbaums summiert sich das auf einen Jahreswert von rund 4100 kWh Strom.
Ein fiktiver Preis setzt sich aus der Einspeisevergütung in Höhe von 15 Cent/kWh und der EEG-Umlage zusammen, die Familie Terbaum auf selbst genutzten Strom zahlen muss. Das sind aktuell 6,5 Cent/kWh Strom. Für 100 km mit dem Zoe schlagen so etwa 4,41 € zu Buche. Zum Vergleich: Bei einem Diesel mit der gleichen Leistung sind es aktuell rund 7,50 € – allerdings bei deutlich niedrigeren Anschaffungskosten.
Kauf im Autohaus
Bei der Suche nach einem geeigneten Wagen hatten die Terbaums Glück. Über einen Autohändler kamen sie an einen der noch raren Gebrauchtwagen.19 000 € bezahlten sie für den Jahreswagen mit 43 kW/58 PS Leistung und gerade einmal 2500 km auf dem Tacho. Neu kostete er damals rund 30 000 €. Eine Förderung für die Anschaffung eines gebrauchten E-Autos gab es vor zwei Jahren – anders als heute – noch nicht.
Zusätzlich werden Monat für Monat 79 € Miete für den 41-kWh-Akku fällig. Er bringt es im Sommer im sparsamen Eco-Modus auf eine Reichweite von maximal 300 km, im Winter sind es nur 200 km, weil dann mehr Energie für Heizung und Co. draufgeht. Im Stadtverkehr ist der Zoe am sparsamsten unterwegs. Der Grund: Beim Bremsen gewinnt er Energie zurück. Die Vollkasko-Versicherung des Wagens kostet 200 € pro Jahr. Von der Kfz-Steuer ist das E-Auto befreit.
Bei der Modellwahl haben die Terbaums auf eine Sitzheizung geachtet. Denn wegen der fehlenden Motorwärme kommt die normale Heizung im Winter nur schwer auf Touren. Im Alltag bewährt hat sich außerdem das akustische Warnsystem. Bis 30 km/h macht der Wagen ein leicht surrendes Geräusch, damit Fußgänger und Radfahrer ihn besser wahrnehmen.
Laden nur tagsüber
Wer Eigenstrom verbrauchen will, muss ihn nutzen, wenn er produziert wird. Deshalb laufen bei den Terbaums sowohl die Mahl- und Mischanlage als auch Haushaltsgeräte bevorzugt tagsüber. Auch das E-Auto rollt dann an die Steckdose. Anfangs haben die Terbaums wirklich eine normale Steckdose genutzt. Dann dauert eine volle Ladung 22 Stunden. Inzwischen haben sie eine 22-kW-Wallbox installiert, die das in gut zwei Stunden schafft. „Ideal wäre ein Speicher“, sagt Berthold Terbaum. „Der ist aber noch zu teuer.“
Die Terbaums laden ihr E-Auto bisher ausschließlich zu Hause. Um auch unterwegs „tanken“ zu können, müssten sie sich vorbereiten und zum Beispiel eine Bezahl-App herunterladen.
Beate macht Tempo
Ab und zu gönnt sich Beate Terbaum den Spaß an der Ampel und lässt den Zoe seine Rasanz ausspielen. Die kommt vor allem beim Beschleunigen innerorts zum Tragen. Der Grund: E-Autos müssen nicht erst auf Touren kommen, sondern können den maximalen Drehmoment aus dem Stand heraus nutzen.
Meistens fährt sie aber ganz vernünftig im Eco-Modus. Der bremst den Verbrauch, aber auch die Geschwindigkeit. Maximal 95 km/h sind dann drin.