Josef Oberhaus sitzt in der Funkstelle auf seinem Hof in Lüdinghausen im Kreis Coesfeld auf einem grünen Schreibtischstuhl. Vor ihm auf dem selbst gebauten Holztisch steht ein schwarzes Funkgerät, das auf den ersten Blick dem Radio einer Hi-Fi-Anlage ähnelt – nur mit sehr viel mehr Tasten und Knöpfen.
Der 66-Jährige ist Vorsitzender der Funkamateure Lüdinghausen mit derzeit 35 Mitgliedern. Das Clubheim ist in der Burg Lüdinghausen untergebracht. Hier auf dem Hof jedoch gibt es ebenfalls eine Funkstelle des Vereins in einem umgebauten Bauwagen. Mit einer weiteren mobilen Einheit nehmen die Funkamateure aus Lüdinghausen gemeinsam mit Mitgliedern des Ortsvereins Münster regelmäßig an UKW-Wettbewerben des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) teil. Ziel ist es, innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Funkkontakte auf bestimmten Frequenzbereichen, den sogenannten Funkbändern, herzustellen.
Für jedes Band eine eigene Antenne
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme ist neben einem Amateurfunkzeugnis, gutem Equipment und einem hohen Maß an technischem Verständnis auch eine geeignete Lage. Daher fahren die Funker an einem Wettbewerbstag meist zum Longinusturm, der knapp 200 m über Normalnull gelegen ist. Als Zugfahrzeug und Antennenträger dient der Magirus, ein Feuerwehrauto Baujahr 1973.
Für jedes Band, auf dem sie funken wollen, benötigen die Funkamateure eine eigene Antenne. In der Regel baut das Team zehn Funkantennen für Wellenlängen von 2 m aufwärts auf. „Meist fangen wir gegen 10 Uhr mit dem Aufbau an. Um 15 Uhr startet dann der Wettbewerb.“ Von etwa 23 Uhr abends und 6.30 Uhr morgens legen sie in der Regel eine Pause ein.
CB-Funker oder Funkamateur?
Laien scheren CB-Funk und Amateurfunk schnell über einen Kamm. Dabei gibt es einige Unterschiede:
CB-Funk: Die Abkürzung CB-Funk steht für „citzen band radio“ und bedeutet übersetzt so viel wie „Jedermannfunk“. Um ihn nutzen zu können, benötigen Interessierte lediglich ein zertifiziertes Funkgerät. Eine Prüfung abzulegen, ist nicht notwendig. Die Reichweite der Geräte beträgt in der Regel etwa 5 bis 10 km. Viele Lkw-Fahrer haben beispielsweise CB-Funkgeräte an Bord, um sich während der Fahrt miteinander unterhalten zu können.
Amateurfunk: Wer den Funkbetrieb als Funkamateur aufnehmen möchte, muss eine Prüfung vor der Bundesnetzagentur ablegen. Anders als CB-Funkern ist es Funkamateuren gestattet, ihre Geräte und Antennen selbst zu bauen und zu reparieren. Dem Amateurfunk steht eine größere Auswahl an Frequenzbändern zur Verfügung, die Reichweite ist dadurch sehr viel höher. Neben den sogenannten Contesten, an denen Josef Oberhaus gerne teilnimmt, gibt es auch sogenannte Fuchsjagden, bei denen ein Ziel mithilfe von Peilsendern gefunden werden muss.
Persönliches Rufzeichen
Während eines Wettbewerbs sitzen Josef Oberhaus und seine Mitstreiter hoch konzentriert an den zwei Arbeitsplätzen im Funkanhänger und senden auf bestimmten Frequenzen sogenannte CQ-Rufe. So lautet die Abkürzung für „allgemeiner Anruf“.
Heute zeigt Josef Oberhaus hier im Bauwagen, wie das aussehen kann. Er schaltet das Funkgerät „Icom 737“ ein, sucht sich auf dem 40-m-Band eine freie Frequenz und drückt die Taste des Mikrofons „CQ von Delta Bravo 1 Yankee Viktor“. Abkürzungen und Buchstaben des sogenannten NATO-Alphabets sind fester Bestandteil des Funker-Jargons. Zur Erklärung: Auf den Ruf CQ folgt das sogenannte Rufzeichen; in diesem Fall das persönliche von Josef Oberhaus, geschrieben DB1YV. Im Wettbewerb nutzt das Team der Funker uns Lüdinghausen und Münster das Lüdinghauser Vereinsrufzeichen DL0LN. Gesprochen klingt das so: „Delta Lima Null Lima November“.
73 heißt „Viele Grüße“
Große Unterhaltungen per Funk finden während eines Wettbewerbs nicht statt. Schließlich geht es darum, möglichst schnell weitere Funkverbindungen aufzubauen. Antwortet ein Funker auf den CQ-Ruf, wird daher nur das Nötigste besprochen: Er nennt ebenfalls sein Rufzeichen und beide tauschen den codierten Standort aus, über den die Entfernung ermittelt werden kann. Beendet wird das Gespräch von beiden Seiten traditionell mit „73“. Die Zahl steht als Abkürzung für „Viele Grüße“, „55“ bedeutet „Viel Erfolg.“
An einem guten Tag verzeichnet das Team mehrere Hundert Verbindungen, die sogenannten QSOs. Je nach Wettbewerb sammeln die Teilnehmer zusätzlich darüber Punkte, wie weit die Funkstationen voneinander entfernt lagen. Die einzelnen Entfernungen rechnet ein Computerprogramm automatisch aus.
Kontakt bis Tschechien
Meist erreichen die Funkamateure aus Lüdinghausen Gleichgesinnte aus Deutschland. „In den UKW-Wettbewerben gelingen auch immer wieder Verbindungen mit Stationen aus den umliegenden europäischen Ländern, sehr häufig aus Tschechien“, berichtet Josef Oberhaus. Die Contestgruppe DL0LN hat auf diesen UKW-Wettbewerben im vergangenen Jahr Platz 2 der Mehrmannwertung in der deutschlandweiten Auswertung erreicht.
Fachsimpeln im Urlaub
„Schon als Kind habe ich alle möglichen Dinge auseinandergeschraubt“, erzählt der 66-Jährige schmunzelnd. Als dann auf der alten Hofstelle seiner Eltern ein Funkamateur sich um die Elektrik kümmerte und ihm von seinem Hobby vorschwärmte, entschloss sich der damals 18-Jährige, selbst die Prüfung abzulegen. Seit 1985 ist er der Vorsitzende des Ortsverbandes Lüdinghausen. Die Faszination des Hobbys hat für ihn in all den Jahren nicht nachgelassen – auch wenn es per Smartphone und PC mittlerweile viel einfachere Möglichkeiten gibt, mit anderen in Kontakt zu treten.
Er liebt es, seine eigenen Anlagen immer weiter zu verbessern oder auch reparieren zu können und mit anderen Funkamateuren zu fachsimpeln. Und das auch im Urlaub. Als er und seine Frau auf einer Busreise durch Kroatien waren, entdeckte er während einer Pause eine große Antenne auf einem Dach. Er ging rüber, zeigte auf die Antenne und kam – trotz Sprachbarriere – sofort mit dem heimischen Funkamateur ins Gespräch. „Am Ende hörte ich den Bus hupen, weil die ganze Reisegruppe schon auf mich gewartet hat.“
Weitere Informationen zum DARC-Ortsverein Lüdinghausen gibt es hier.
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