Eine alte Haustür ist nicht nur einfach Trennung zwischen Draußen und Drinnen, sie prägt auch das Gesicht, die Fassade eines Hauses. Oft verbinden sich viele Erinnerungen mit den alten Stücken. Gerade deshalb fällt es vielen Familien so schwer, sie einfach gegen eine moderne Tür auszutauschen – auch wenn es am Wärmeschutz hapert und die Tür Einbrechern kaum Widerstand leistet.
„Wenn die Tür auf dem Hochzeitsbild der Großeltern zu sehen ist oder in das Glas ringsherum ein Familienwappen eingearbeitet ist, dann wollen die Besitzer sie behalten“, sagt Bernhard Brauckmann. Der Tischler aus Brakel-Beller im Kreis Höxter ist auf die Überarbeitung alter Türen spezialisiert. Gemeinsam mit zwei Mitarbeitern sorgt er dafür, dass die Optik erhalten bleibt, die Tür aber dennoch schließt und dämmt wie ein neues Modell. Ziel ist ein Wärmedurchgangskoeffizient von 1,3. Bei Türen spricht man dabei vom „Ud-Wert“. Für neue Türen ist 1,8 Ud der Maximalwert.
Das aufgedoppelte Türblatt
Von seinem Vorgänger Hermann Steinhage hat Brauckmann das Patent für die Ertüchtigung übernommen. Das Geheimnis ist die „Aufdoppelung“ der Tür. Auf das vorhandene Türblatt setzen die Tischler auf der Rückseite einen Rahmen, füllen ihn zur Dämmung mit einer Sandwichplatte und verkleiden diese mit neuen Türblättern, die optisch der alten Rückseite sehr nahe kommen. Das klingt einfach, erfordert aber viele Arbeitsschritte.
Rahmen: Bei der Sanierung werden die Türen dicker, 68 mm. Das ist heute das Standardmaß für Haustüren. Auf diese Stärke sind auch moderne Schließsysteme ausgerichtet. Dieses Maß berücksichtigen die neuen Türrahmen, die zu jeder Überarbeitung gehören. Der Rahmen wird am Tag der Türmontage auf den bestehenden Oberboden gestellt, im Mauerwerk verschraubt und wie moderne Türen eingeschäumt. Auf dem Boden befestigt Brauckmann dann auch eine flache Schwelle aus Metall. Sie ist nötig, damit die Tür wirklich dicht schließt. Dafür sorgt eine integrierte Gummilippe.
Schließtechnik: Manche der alten Türen schließen noch mit einem alten Buntbartschlüssel. Bei der Überarbeitung erhalten sie ein Stangenschloss und einen neuen Profilzylinder. Den Platz dafür fräst Bernhard Brauckmann in die Türfalz, also die Kante des Türblatts. Hier bekommen die Türen standardmäßig neue Anleimer. Das alte Holz wird dafür so eingekürzt, dass sich das äußere Maß der Tür nicht verändert. Auch der Anschlag lässt sich bei der Sanierung ändern. Dann öffnet die alte Tür nicht mehr nach innen, sondern nach außen.
Verglasung: Manchmal sind auch kleine Fenster in die Türen integriert, die sich öffnen lassen. Bei ihnen verfahren die Tischler wie bei der gesamten Tür: Die Optik wird erhalten, aber zur Innenseite hin wird der Rahmen aufgedoppelt. Verschiedene Varianten gibt es für den Umgang mit festen Glaselementen in der Tür oder im Rahmen. Alte Bleiverglasungen oder auch Glasbilder bleiben erhalten, werden aber mit einer zusätzlichen Scheibe isoliert. Manchmal bekommen sie sogar auf beiden Seiten einen Schutz aus Glas. Bei denkmalgeschützten Objekten ist eine hinten angebrachte Vorsatzverglasung Standard. Einfacher ist das Einsetzen neuer, gut isolierender Scheiben. Diese gibt es in verschiedenen Dekoren.
Beschläge und Klinken: Die Beschläge der Tür werden in der Werkstatt komplett erneuert. Bleiben kann aber meist die alte Klinke. Sie lässt sich in der Regel so umarbeiten, dass sie auch mit dem neuen Schließmechanismus harmoniert.
Dichtung: Nach der Sanierung soll nirgendwo mehr Luft durchziehen. Die gesamte Tür und integrierte Fenster erhalten deshalb eine umlaufende Gummidichtung.
Briefschlitze fliegen raus
Grundsätzlich bleibt die Optik der Türen wie sie ist. Nur ein Detail muss immer weichen: Integrierte Briefschlitze verschließen die Tischler. „Alle Abdichtung bringt nichts, wenn der Wind anschließend durch den Schlitz zieht“, sagt Bernhard Brauckmann.
80 bis 100 Jahre alt sind die meisten Türen, die in seiner Werkstatt landen. Manche haben noch mehr auf dem Buckel. Rund 80 % sind aus Eiche gefertigt, die übrigen aus Weichholz. Manchmal sind auch Stücke dabei, die Kunden im Internet ersteigert oder auf anderem Wege gebraucht gekauft haben. Sie lassen diese dann in der Werkstatt für den Einsatz an einem restaurierten oder umgenutzten Gebäude vorbereiten.
Alle Türen baut Brauckmann zunächst komplett auseinander und befreit sie dann von alten Farbschichten. Dazu werden die Türblätter abgebeizt und anschließend mit Stechbeitel und Schleifpapier nachbearbeitet. Morsche oder abgenutzte Teile ersetzen die Tischler originalgetreu. Auch Schwundrisse im Holz verschließen sie.
„Alles an der Tür ist Handarbeit“, betont Bernhard Brauckmann. Dazu gehört auch der Anstrich. „Wir versuchen, die Farbe so zu erhalten, wie sie vorher war.“ Meist kommt eine offenporige Dickschichtlasur zum Einsatz. Nach der Grundierung folgen zwei Anstriche.
Schlicht oder geschnitzt?
Kostenvoranschläge erstellt Bernhard Brauckmann meist anhand von Fotos. Die Preise bewegen sich immer im vierstelligen Bereich. Einflügelige Modelle sind günstiger als Türen mit zwei Flügeln, mit prächtigen Schnitzereien verzierte Modelle kosten auch in der Überarbeitung mehr als schlichte Varianten.
Wenn Brauckmann die Türen dann mit einem Mitarbeiter vor Ort ausbaut, nimmt er genau Maß und verschließt die Öffnung provisorisch. Nach vier bis fünf Wochen setzt er den neuen Rahmen und die modernisierte Tür wieder ein.
Das ist häufig Schwerstarbeit, weil die Türen kräftig an Gewicht zulegen. „Manchmal kommen wir auf über 100 kg pro Flügel.“