Ein ohrenbetäubendes Kreischen schallt aus der Werkstatt. Grelle Funken sprühen, und es stinkt. Eberhard Splete (75) rückt einem Stahlrohr mit der Flex zu Leibe. Unterdes laufen drei Jungen durch die Maschinenhalle zur Werkstatt. Ihre Schulrucksäcke landen in einer Ecke.
Operation „Einachser“
„Moin!“ rufen Tayler (12), Kevin (15) und Mark (14), als sie die Werkstatt betreten und sich ihre Arbeitshandschuhe anziehen. Eberhard Splete stellt den Schleifer ab. „Moin! Na, Jungs, schön, dass Ihr da seid!“, grüßt der 75-Jährige zurück und sagt gleich, was in den nächsten eineinhalb Stunden zu tun ist. Heute ist der Einachser dran. Der Vorsitzende des Traktoren- und Landtechnikmuseums in Melle-Buer (Kreis Osnabrück) deutet auf ein Gerät, das vor der Werkstatt steht. Die Schüler runzeln die Stirn, als sie auf das alte Teil schauen. Vor ihnen befindet sich ein verstaubter Einachser mit gut 10 PS unter der Haube. Die Farbe blättert ab. Hier und da hat er Rost angesetzt. Nichts ungewöhnliches für ein Gerät, das mehr als 60 Lenze auf dem Buckel hat. „Was ist damit?“, fragt Tayler. Fachmännisch beäugt der Zwölfjährige, der später Landmaschinenmechaniker werden will, die Maschine. „Wir wollen das Original-Mähwerk anbauen. Es steht noch in der Scheune“, antwortet Eberhard Splete und schmunzelt. Er verschwindet Richtung Scheune.
Die Schüler der Lindenschule Buer sind jeden Donnerstag im Rahmen einer AG (Arbeitsgemeinschaft) im Landtechnikmuseum. Die lockere Kooperation zwischen dem Verein und der Gesamtschule besteht seit drei Jahren. „Beide Seiten ziehen ihre Vorteile daraus“, freut sich Peter Meyer, Konrektor der Lindenschule, „die eine, um die historische Landtechnik zu erhalten, und um vielleicht neue Mitglieder zu gewinnen. Die andere, weil die AG das Angebot an der Schule bereichert und Jugendliche bei der Berufsfindung unterstützt.“ Mark aus der 8. Klasse kann das nur bestätigen. „Ich möchte mit Maschinen arbeiten.“ Sein Klassenkamerad Kevin ergänzt: „Ich will auch etwas handwerkliches machen.“ Deswegen wählten sie keine Karate-, Fußball- oder Medien-AG, sondern die Landmaschinen-AG. Hier gibt es Schrauben, Schmieröl, Bolzen und Bohrmaschinen. „Das beste aber sind die Trecker“, stellt Tayler fest.
Ein Mähwerk in der Luft
Eberhard Splete biegt mit einem roten McCormick um die Ecke und fährt zur Scheune. „Helft mir mal“, ruft er. Tayler, Kevin und Mark sind zur Stelle. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden hängen die drei Tüftler das Mähwerk mit dicken Seilen am Frontlader des Traktors auf. Anschließend manövriert Eberhard Splete es mit dem Traktor zum Einachser. „Jetzt wollen wir mal sehen, ob wir die Teile zusammensetzen können“, wendet er sich an seine drei Gehilfen. Doch das wird nicht einfach. Es gibt ein Problem. „Fällt Euch was auf?“, fragt der ehemalige Landwirt die Jungs und deutet auf die Anhängekupplung. Der Bolzen fehlt. „Wir müssen einen neuen schmieden.“ Die Jungen reiben sich die Hände, jetzt wird geflext und gebohrt.
Die vier verschwinden in der Werkstatt. Eberhard Splete stellt sich an den Schleifer, Mark, Tayler und Kevin stellen sich im Halbkreis um ihn. Wieder ertönt der ohrenbetäubende Lärm und es sprühen die Funken. Dann ist Ruhe. Jetzt müssen wir warten, bis der Stahl abgekühlt ist“, sagt der 75-Jährige und wendet sich an Mark: „Du kannst ein Loch in den Bolzen bohren.“ Eberhard Splete stellt dem 14-Jährigen die Bohrmaschine ein. Erst etwas zaghaft, aber dann mit mehr Kraft bohrt Mark das Loch in den Bolzen. „Klasse“, lobt ihn der Museumsvorsitzende.
Mit vereinten Kräften
Nun folgt der größte Akt: Die beiden Teile zusammenzubringen. Das sind immerhin gut 500 kg Masse. Die Vier packen den Mähbalken an und drücken die Deichsel mit vereinten Kräften in die Anhängekupplung. Vergeblich. Der Bolzen ist weg. „Wo ist der Bolzen?“, ruft Eberhard Spelte. Mark holt den Bolzen. Zweiter Versuch. Diesmal klappt es. Der Bolzen sitzt fest. Der Mähbalken hängt ordnungsgemäß hinter dem Holder-Einachser. Nur einsatzfähig ist die 10-PS-Maschine noch nicht. Batterie und Anlasser an dem 60-Jahre alten Gerät sind kaputt, stellt Eberhard Splete fest. „Aber darum kümmern wir uns nächste Woche. Jetzt bekommt ihr erstmal eine Cola. Die habt Ihr Euch verdient, Jungs.“