Fußball, Musik oder Schützenverein: Viele Freizeitaktivitäten ruhen zurzeit. In Erlinghausen, einem 1000-Einwohner-Ort am östlichen Rand des Sauerlands, fließt diese Energie zurzeit in ein anderes Projekt: Den Umbau der alten Schule zu einem „Mehrfunktionenhaus“ wie es noch etwas technokratisch heißt.
Der Bau aus den 1960er-Jahren steht direkt neben dem Sportplatz. Bis 2010 wurde es als Grundschule genutzt. Seitdem fahren die Kinder ins 5 km entfernte Marsberg. In einem Trakt sind schon seit Langem der Kindergarten und der Musikverein zu Hause. Aber der Rest des Gebäudes – weitere 400 m2 – verfiel zusehends.
Abreißen lautete deshalb der Plan der Stadt Marsberg, der die alte Schule gehört. Der Dorfverein „Use Erlingsen“ überzeugte Verwaltung und Politik von einer Alternative.
Die Stadt überlässt den Vereinen das Gebäude bis 2034 mietfrei und erneuert die Heizungsanlage. Für die Sanierung organisierten die Vereine 245 000 € aus dem Dorferneuerungsprogramm NRW 2019. Sie selbst bringen 3500 Stunden Eigenleistung ein und tragen die Betriebskosten.
Freiwillige renovieren
Fast täglich werkeln Freiwillige. Hier wird ein neuer Durchgang gebrochen, da eine Wand verputzt. „Dank der beteiligten Rentner und Schichtarbeiter schaffen wir auch in der Woche einiges“, sagt Gisbert Schröder, der Vorsitzende des Dorfvereins. Der 47-Jährige, aufgewachsen auf einem der Bauernhöfe im Ort, ist einer der Motoren des Projekts, das zwei Ziele verfolgt: Platz für die örtlichen Vereine schaffen und gleichzeitig einen Ort für Seminare und Fortbildungen.
Handwerker schulen
Neben Volkshochschule und Co. sollen diese Möglichkeit vor allem die Handwerksbetriebe in der Region nutzen. Der Grund: Viele Fortbildungen für sie finden zurzeit in Arnsberg oder Meschede statt. Eine Stunde sitzen die Teilnehmer aus Marsberg da locker im Auto. Für die Auszubildenden gilt das auch weiterhin, wenn sie zur Berufsschule müssen. Einige Termine, zum Beispiel für Sicherheitsunterweisungen, wollen örtliche Handwerker aber demnächst in Erlinghausen organisieren. Auch Betriebe aus hessischen Nachbarorten haben sie dabei im Auge. Dafür entstehen ein mit der neuesten Technik ausgestatteter Schulungsraum und ein Werkraum.
Zusätzlich profitieren die örtlichen Vereine: Die Karnevalisten bekommen Lagerräume und einen Probenraum für ihre Garde – inklusive schicker Spiegelwand. Der Sportverein hat bald einen neuen Platz für den Imbiss in der Halbzeitpause und eine Garage für seine Rasenmäher. Der Musikverein probt weiter im ersten Stock und kann im Erdgeschoss seinen Anhänger sicher parken. Ein Büro gibt’s außerdem für das Dorfarchiv.
Junge Leute ziehen zurück
„Wir haben das große Glück, dass sehr viele junge Menschen zurückstreben“, sagt Ortsvorsteher Herbert Dülme. Ein Grund sei die gute Situation am Arbeitsmarkt. In Erlinghausen sind 17 Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe ansässig. Auch rundherum gibt es viele Jobs.
Im Herbst wollen die Vereine in ihr neues Domizil einziehen. Danach sollen wieder Fußball, Musik und Karneval im Mittelpunkt stehen.