Wenn Christina Holste neu in eine Familie kommt, versucht sie, schnell einen guten Draht zur Familie aufzubauen. Die 29-Jährige ist Landfrauvertreterin – landläufig Betriebshelferin genannt – beim Betriebshilfsdienst (BHD) Ahaus. Ihr Beruf ist es, immer dann in Familien einzuspringen, wenn die Mutter bzw. der Haushaltsvorstand ausfällt.
"Meistens hat die Frau eine Operation und im Anschluss eine Reha-Maßnahme", erzählt die staatlich geprüfte Wirtschafterin. Andere Gründe für Unterstützung im Haushalt sind eine Schwangerschaft, eine längere Erkrankung oder ein Unfall. Selten sind es Urlaubsvertretungen, immer öfter wird die Hilfe bei der Betreuung von demenzkranken Senioren angefragt. Denn der BHD Ahaus hat sich auf Familienservice spezialisiert. Bei ihm können neben der Familienpflege auch Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege angefragt werden.
Die Einsätze von Christina Holste dauern von einer Woche bis hin zu mehreren Monaten. Wie viele Stunden am Tag sie in einer Familie ist, hängt von der Notwendigkeit sowie von der Bewilligung des Sozialversicherungsträgers ab. Die Zeit reicht von zwei bis acht Stunden. Eine hohe Stundenzahl bekommen beispielsweise Familien mit Kindern bis 14 Jahren.
Hilfe auf Höfen und in Privathaushalten
Die Nachfrage nach Betriebshelferinnen beim BHD Ahaus ist groß. Es sind etwa 50 Frauen angestellt, alle haben eine hauswirtschaftliche Ausbildung. Wegen des Strukturwandels in der Landwirtschaft ist der Anteil der Einsätze auf Höfen auf etwa die Hälfte geschrumpft. Die andere Hälfte findet in Privathaushalten statt. "Viele Familien wissen nicht, dass ihre Krankenkasse die Kosten für eine Haushaltshilfe trägt", berichtet Christina Holste. Einige verlangen eine Zuzahlung von 10 € pro Tag.
An ihrer Arbeit schätzt sie die Abwechslung und die persönlichen Kontakte. Sie muss sich immer wieder auf unterschiedliche Lebenssituationen einstellen. "Die Wertschätzung der Familien für unsere Hilfe ist in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Sie sind froh, wenn wir kommen."
Die Arbeit von Christina Holste ist so manches Mal eine Zeitreise durch die Haushaltsausstattung. Es gibt Familien, die die modernsten Haushaltsgeräte haben und beim Internet-Lieferdienst Lebensmittel bestellen. Bei anderen wird noch auf einer mit Holz befeuerten uralten Kochmaschine gekocht. Beides hat interessante Seiten, findet die junge Frau. Allen Haushalten ist gemein, dass die Küche der Lebensmittelpunkt der Familie ist. Und genau in diesem Zentrum arbeitet die Helferin, das gefällt ihr.
Was ist zu tun?
Beginnt die Betriebshelferin einen neuen Einsatz, ist sie froh, wenn sie mit der Mutter die wichtigsten Dinge abstimmen kann. Sonst erkundigt sie sich bei Mann, Kindern oder Altenteilern nach den Essenszeiten, Lieblingsgerichten und anstehenden Arbeiten. "Als Betriebshelferin übernehmen wir alle Tätigkeiten, um den Haushalt am Laufen zu halten und die Familie zu versorgen. Wir waschen nicht die Gardinen, die seit einem Jahr nicht gereinigt wurden, oder putzen alle Fenster", berichtet Christina Holste von Grenzen der Hilfe.
Sie legt viel Wert darauf, dass die Kinder der Familie rasch Vertrauen zu ihr fassen. Für sie ist es oft nicht einfach, wenn ihre Mutter krank ist. Sie backt mit dem Nachwuchs einen Kuchen oder macht andere schöne Dinge. So merken die Kinder, dass es zu Hause läuft und jemand für sie da ist.
Manchmal ist sie auch Seelsorgerin
Eine Betriebshelferin ist so manches Mal auch Ansprechpartnerin für Mann, Altenteiler oder auch die erkrankte Frau. Meistens setzen sie sich für ein Gespräch zu ihr in die Küche. Dann ist ein offenes Ohr wichtiger als ein sauberer Fußboden.
Es kommen alle möglichen Themen auf den Tisch: Sorgen wegen der Erkrankung, Generationenkonflikte oder einfach nur Gedanken zu Arbeitsabläufen in Haus und Hof. "Die Familienmitglieder haben das Gefühl, mit mir können sie sprechen. Ich bin außenstehend, unvoreingenommen und habe Schweigepflicht", erzählt Christina Holste. Eine oft gestellte Frage ist: "Sehe ich das Problem nur so oder ist es wirklich so?" Ihrer Erfahrung nach tut es den Familienmitgliedern gut, die Gedanken einmal zu formulieren.
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