Gesellschaft

Alltagssexismus hat viele Gesichter

Alltags-Sexismus hat viele Ausprägungen. Es gibt ihn in der Öffentlichkeit, im Arbeitsleben sowie im Privaten. Nicht selten fehlen den Betroffenen die Worte. Wir haben mit einer Expertin gesprochen.

Morgens, halb zehn in der Frühstückspause: „Kannst du bitte rausgehen und da deine Banane essen – das macht mich gerade geil!“ Nicht ungewöhnlich, dass einem bei so einem Spruch erstmal der Mund offen stehen bleibt. Wenn der Familienvater seiner jungen Kollegin vor allen ­anderen diesen Spruch zumutet, ist guter Rat teuer.

Empört euch

„In jedem Fall ist es angeraten, seine Empörung auszudrücken“, sagt Sibylle Kaminski. Die freiberuf­liche Coachin gibt unter anderem Durchsetzungsseminare für Frauen und Schulungen zum Umgang mit Sexismus in Betrieben. „Ob der erste Impuls, seinem Gegenüber die Banane ins Gesicht zu drücken, oder aber eine verbale Entgegnung die passende Reaktion ist – dafür gibt es kein Patentrezept“, weiß sie. Was aber in jedem Fall erfolgen sollte, das ist die klare Rückmeldung, dass hier eine Grenzüberschreitung stattgefunden hat.

„Besonders heikel sind Situationen, bei denen ein Macht- oder Hierarchie­gefälle zwischen den Beteiligten vorliegt“, betont Sibylle Kaminski. Darf ich etwas sagen oder mache ich mir das Leben damit vielleicht sogar schwerer? Solche und ähnliche Fragen kennt die Fachfrau aus vielen Beratungs­gesprächen. Sie macht Betroffenen Mut: „Stellen Sie Öffentlichkeit her, indem Sie laut Ihr Missfallen ausdrücken oder wenden Sie sich alternativ im Nachgang an eine Vertrauensperson.“

Sexismus in Zahlen
Erst 2016 wurde sexuelle Belästigung zum Straftatbestand erklärt (§ 184i StGB). Strafbar macht sich, wer einen anderen in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt. Sexistische Äußerungen reichen dazu laut des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages nicht aus: „Die sexuelle Motivation des Täters, mit der er den Betroffenen unerwünscht und in einer ungehörigen, das Schamgefühl betreffenden Weise konfrontiert, genügt nicht.“ Sexistische Aussagen stellen meist keine Beleidigung nach § 185 StGB dar.
Dennoch finden sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik Zahlen zu „Beleidigungen auf sexueller Grundlage“. 2019 registrierte sie 21  562 solcher Fälle. Das...