„Endlich haben wir ein Testament gemacht“
Brigitte*, 50 Jahre, bewirtschaftet mit ihrem Mann zusammen einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit Milchkühen und Nachzucht. Das Paar hat drei Kinder im Alter zwischen 15 und 24 Jahren. Sie selbst ist außerhalb des Betriebs zehn Stunden pro Woche in einem Büro tätig.
„Wie viele Frauen auf den Höfen habe ich zahlreiche Aufgaben rund um Haushalt, Familie und Betrieb: Ich bin die Aushilfsmelkerin für den Fall, dass jemand ausfällt. Außerdem sind die Büroarbeit, der komplette Haushalt sowie die Pflege von Hof und Garten mein Bereich. Da mein Schwiegervater pflegebedürftig ist, zählt der Schriftverkehr im Zusammenhang mit der Pflege zu meinen Aufgaben. Außerdem kümmere ich mich um sein Essen. Als Sekretärin bin ich seit anderthalb Jahren tätig. Damals ist unser Sohn in den Betrieb eingestiegen, sodass ich einige Aufgaben an ihn abgeben konnte. Ich wollte gerne ,rauskommen‘ und auch außerhalb des Betriebes Anerkennung erhalten.
Entscheidungen über Investitionen und die Ausrichtung des Betriebs treffen mein Mann, mein Sohn und ich gemeinsam. Wenn der Steuerberater kommt, sitzen wir gemeinsam am Tisch. Das Thema Absicherung ist mir wichtig. Einen Ehevertrag haben mein Mann und ich aber nicht geschlossen. Was im Falle einer Scheidung passieren würde, darüber haben wir nie gesprochen. Seit einiger Zeit haben wir jedoch ein Testament und eine Patientenverfügung. Denn ich weiß durch einen Fall in der Verwandtschaft, wie schwierig es werden kann, wenn keine Vorkehrungen getroffen wurden. Ich habe dafür gesorgt, dass unsere Kinder für den Fall der Fälle wissen, wo sich die Unterlagen befinden, und dafür, dass nicht nur einer eine Kontovollmacht und damit die Hebel in der Hand hat. Das alles sind heikle Themen, für die im Alltag oft wenig Zeit bleibt. Ich bin froh, dass wir nun Regelungen getroffen haben. Ob es endgültig gut ist, das weiß am Ende niemand.
Ich würde mir mehr Zeit für die Kinder und die Partnerschaft wünschen. Im Alltag gibt es viel zu erledigen, sodass man abends ganz schön ausgelaugt ist. Das gilt vor allem für Arbeitsspitzen in der Erntezeit. Doch egal wie lang die Aufgabenliste noch ist: abends ist für mich irgendwann Feierabend. Dann bleiben Wäsche und Briefe bis zum nächsten Tag liegen.“
Der Deutsche Landfrauenverband (dlv) hat gemeinsam mit dem Thünen-Institut sowie der Universität Göttingen eine Umfrage zur Arbeits- und Lebenssituation von Frauen in der Landwirtschaft ins Leben gerufen. Ziel ist es, belastbare Daten zusammenzutragen, um politische Forderungen zukünftig besser untermauern zu können. Die Befragung läuft bis Ende Februar. Sie umfasst etwa 60 Fragen zur Person, zur Position und zu Tätigkeiten im Betrieb und im Haushalt, zu außerbetrieblichen Tätigkeiten und Ehrenamt sowie zur sozialen Absicherung. Hier können Sie an der Umfrage teilnehmen.
„Meinen Job behalte ich“
Annika*, 29 Jahre, ist in der Verwaltung tätig und befindet sich gerade in Elternzeit. Sie lebt mit ihrem Mann und dem wenige Monate alten Sohn auf einem Betrieb mit Ackerbau und Schweinehaltung.
„Bevor ich meinen Mann kennengelernt habe, hatte ich von Landwirtschaft keine Ahnung. Und bis heute gehe ich nicht mit in den Stall. Nicht, weil es mich nicht interessiert, sondern weil ich meinen eigenen Job habe und den auch nach der Elternzeit wieder aufnehmen möchte. Dabei geht es mir gar nicht so sehr darum, finanziell unabhängig zu sein. Vielmehr möchte ich außerhalb des Betriebs Kontakte haben und mir so den Blick von außen ein Stück weit bewahren. Auch unserer Partnerschaft tut das gut. Mein Mann sieht das zum Glück genauso. Und auch meine Schwiegereltern haben mir nie Druck gemacht. Im Gegenteil. Anfangs kamen jedoch vor allem von älteren Freunden und Bekannten Nachfragen, wie es bei mir beruflich weitergeht und ob ich auf dem Betrieb mit einsteigen werde.
Betriebliche Entscheidungen trifft mein Mann in der Regel in Rücksprache mit seinem Vater, der seit der Hofübergabe bei uns angestellt ist. Ich kenne grob die einzelnen Projekte und Summen, um die es geht, schaue mir aber keine Investitionspläne im Detail an und sitze auch nicht mit am Tisch, wenn der Steuerberater kommt. Hier auf dem Hof können wir sehr offen über alles sprechen. Gibt es etwas zu klären, wird nicht lange um den heißen Brei herumgeredet, sondern nach einer pragmatischen Lösung gesucht. Das war für mich eine neue Erfahrung – und gefällt mir sehr gut. Zum Beispiel haben wir jetzt schon geklärt, wie wir die Kinderbetreuung regeln werden, wenn ich nach zehn Monaten wieder mit ungefähr zehn Stunden pro Woche in meinen Job zurückkehren werde: Sowohl meine Schwiegereltern als auch meine Eltern werden sich dann um unseren Sohn kümmern. Meine Eltern wohnen in der Nähe meiner Arbeitsstelle, sodass wir auch sie gut einbinden können.
Das Thema Absicherung sind mein Mann und ich vor der Hochzeit ganz pragmatisch angegangen. Wir haben uns von verschiedenen Stellen beraten lassen und mit Freunden ausgetauscht. Mit vielen konnten wir sehr offen über das Thema sprechen. Letztendlich haben wir beim Notar einen Ehevertrag geschlossen, in dem Folgendes geregelt ist: Mein Mann und ich haben gemeinsam ein Haus gekauft, das ich im Falle einer Scheidung bekommen würde. Hinzu käme eine monatliche Summe abhängig vom Alter unseres Sohnes, und das bis zu seinem 18. Lebensjahr.
Was ich mir wünsche, ist mehr Zeit für uns als Familie. Egal, ob wir am Wochenende zusammen frühstücken oder ab und an mal einen Ausflug machen: Meist steht irgendwann jemand bei uns am Tisch oder ruft meinen Mann an. Und dann dreht sich alles wieder um den Betrieb.“
Für Absicherung gesorgt
Ursula* ist 63 Jahre alt, Altenteilerin und bezieht Erwerbsminderungsrente aufgrund mehrerer schwerer Erkrankungen. Früher haben ihr Mann und sie jeweils ihren eigenen landwirtschaftlichen Betrieb geführt. Beide waren zusätzlich außerhalb des Hofs tätig. Vor ein paar Jahren hat das Ehepaar beide Betriebe an die nachfolgende Generation übergeben.
„Dass ich seit der Hofübergabe nicht mehr für den Betrieb verantwortlich bin, empfinde ich als große Entlastung. Ich kümmere mich nur noch um Haus, Hof und das Drumherum und betreue ab und an die Enkelkinder. Für mich ist mein Leben jetzt ein ,Rundum-Wohlfühlprogramm‘."
Ein Thema, das mich beschäftigt, ist die Altersvorsorge der Frauen in der Landwirtschaft. Sie ist damals als Taschengeld konzipiert worden und reicht heute nicht einmal dafür. Für viele meiner Alterskolleginnen war es schwierig, für ein außerlandwirtschaftliches Einkommen zu sorgen, sodass sie heute finanziell schlecht dastehen.
Mein Mann und ich haben uns vor gut 20 Jahren um unsere Altersvorsorge gekümmert. Damals haben wir uns gegen den Bau eines Schweinestalls entschieden und stattdessen ein Mietobjekt auf dem Hof gebaut. Das Haus stellte für uns gleichzeitig ein weiteres finanzielles Standbein außerhalb des Betriebs dar. Außerdem haben wir beide durch unsere zusätzlichen Jobs Anspruch auf Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Diese Unabhängigkeit war uns immer wichtig. Wir wollten nach der Hofübergabe nicht auf Altenteilleistungen der jungen Generation angewiesen sein. Sich bei der Hofübergabe eine hohe monatliche Summe zuschreiben zu lassen, finde ich schwierig. Denn es lässt sich nie absehen, in welche wirtschaftliche Lage die nachfolgende Generation dadurch gerät.
Einen Ehevertrag haben mein Mann und ich nicht geschlossen. In meiner Generation war das nicht üblich. Damals war es selbstverständlicher als heute, dass man in einer Ehe die Zähne zusammenbeißt und durchhält. Ich hatte jedoch auch den großen Vorteil, den landwirtschaftlichen Betrieb meiner Familie geerbt zu haben. Dadurch war ich finanziell immer ein Stück weit unabhängig. Außerdem hätte ich im Falle einer Scheidung gesetzlichen Anspruch auf einen Teil des Gehalts und der Rente meines Mannes gehabt.
Die Erfahrung im Laufe der Jahre hat mir jedoch gezeigt, dass ein Ehevertrag sehr wichtig ist. Meinen Töchtern habe ich daher vor ihrer Hochzeit empfohlen, Regelungen zu treffen.
Was ich mir wünsche? Als Ruheständlerin ist Zeitnot für mich kein Thema mehr. Rückblickend hätte ich mir früher mehr Zeit für die Partnerschaft gewünscht. Ich glaube, mein Mann und ich sind einfach beide sehr ehrgeizig, sodass wir für unsere Betriebe im Familienleben manchmal Abstriche gemacht haben. Heute sagen auch unsere Kinder: Das war nicht immer in Ordnung. Doch das ist Vergangenheit und lässt sich nicht mehr nachholen."
*Namen von der Redaktion geändert.