Wie ein Kragen liegt er um den Hals des Radfahrers. Bei einem Unfall bläst sich der Airbag blitzschnell auf und umschließt Nacken und Kopf des Trägers. Der „Hövding“ ist eine aus Schweden stammende Alternative zum Fahrradhelm. Kosten: 300 €. Kein Pappenstiel und daher Grund genug, den Kauf gut abzuwägen. Das Wochenblatt hat den Airbag auf seine Alltagstauglichkeit getestet.
Modisch klar überlegen
Laut einer Studie der Stanford University bietet der Airbag-Kragen einen achtmal besseren Schutz als ein normaler Fahrradhelm. Denn er schützt den gesamten Kopf- und Halsbereich. Fällt mir etwas auf den Kopf oder fahre ich beispielsweise gegen einen Ast, hilft er mir allerdings nicht. Er ähnelt einer Kapuze und besteht aus wasserdichtem Nylon. Modisch gesehen ist er dem Helm klar überlegen. Er drückt meine Frisur nicht nieder, Mützen können auf dem Kopf bleiben.
Bei dem neuesten Modell „Hövding 3“ lässt sich der Halsumfang einstellen. So kann ich den Airbag auch verleihen. Für Kinder ist er allerdings nicht gedacht, ebenso wenig für Fahrer von Rennrädern, Mountainbikes, Tandem-, Liege- oder Lastenfahrräder. Denn der Airbag greift auf einen Algorithmus zurück, der Tausende Bewegungsmuster von Radfahrern bei Unfällen identifiziert. In aktiviertem Modus registriert der Airbag meine Bewegungen 200 Mal pro Sekunde – verunglücke ich, erkennt er das an meiner Bewegung und bläst sich in weniger als 0,1 Sekunden auf. Gespeichert sind aber nur die Bewegungsmuster auf Standard-Zweirädern – sowohl mit als auch ohne elektrischer Unterstützung. Kindersitze und Kinderanhänger stellen kein Problem dar.
Verknüpfung mit Smartphone
Das Aufladen über einen USB-Anschluss geht zügig, der Akku soll 15 Stunden halten. Kopple ich den Airbag mit meinem Smartphone, kann ich den Batteriestand prüfen, meine Radfahrstatistik abrufen oder die Notfallfunktion nutzen. Die kontaktiert bei einem Unfall automatisch bestimmte Personen. Sobald ich auf dem Rad sitze, stecke ich eine Art Druckknopf ein und aktiviere damit das System.
Halskrause oder Cabrio?
Wie eine Halskrause – so mein Gefühl, als ich mir den 800 g schweren Kragen das erste Mal umlege. Bequem ist etwas anderes. Erst recht, wenn ich den Kopf beim Fahren hin und her bewege. Mit der Zeit habe ich mich aber an das Gefühl gewöhnt. Beengter wird es, wenn eine dicke Kapuze hinzukommt. Dünne Kapuzen kann ich auch unter dem Kragen aufsetzen, doch auch das ist nicht wirklich bequem. Dünne Schals darf ich mir umlegen – vorausgesetzt, sie verdecken nicht die Soll-Reißnaht oben am Kragen. Bei wärmeren Sommertemperaturen stört mich der enge Kragen ebenfalls. Andere schwärmen dagegen von dem „Cabrio-Gefühl“ ohne Helm. Da hat wohl jeder seine Vorliebe.
Schweiß und Schmutz landen auf dem Stoffüberzug, der sich zum Glück waschen lässt.
Das Gewicht macht sich bemerkbar, wenn ich den Kragen den halben Tag in der Tasche herumtrage. Dafür lässt er sich besser verstauen als ein Helm.
Schützt nur einmal
Einmal ausgelöst, ist der Airbag unbrauchbar. Im Falle eines Unfalls kann ich mich beim Hersteller melden und bekomme einen neuen Airbag-Kragen für 200 statt 300 €. Dieser „Austausch-Service“ gilt aber nur in den ersten drei Jahren nach Kauf. Für den Schaden kommt unter Umständen auch die gegnerische Versicherung auf.
Hat der Airbag nachweislich falsch ausgelöst, bekomme ich Ersatz. Dazu muss ich den ausgelösten Airbag und einen ausgefüllten Fragebogen einsenden. Die erwartete Lebensdauer des Airbags liegt übrigens bei fünf Jahren, je nach Häufigkeit der Anwendung. Ein Fahrradhelm hält da länger.
Mein Fazit: Die Idee ist gut. Pluspunkte bekommt der Airbag für Sicherheit und modische Erscheinung, Minuspunkte für Tragekomfort und Preis. Meine persönliche preisliche Schmerzgrenze überschreitet er.