Vergessene Welten aus Flachs und Leinen

Rund um Flachs und Leinen, um seine Geschichte und Kultur dreht sich eine sehenswerte Ausstellung in Osnabrück.

Am Anfang stand eine schlichte Frage: "Was sind Tödden?" – Auf diesen Begriff waren Studentinnen der Universität Osnabrück gestoßen, als sie Straßennamen erkundeten, die etwas mit Textilien zu tun haben. Die Antwort führte die zwölf jungen Frauen, die in Osnabrück textiles Gestalten studieren, in vergessenen Welten rund um Flachs und Leinen.

Am Ende, nach gut zwei Jahren der Recherche, erarbeiteten die Studentinnen mit ihrer Professorin Bärbel Schmidt eine Sonderausstellung für das Kulturgeschichtliche Museum in Osnabrück. Die Schau wird am Sonntag, 22. Mai, eröffnet. Sie präsentiert Leinenmoden früherer und heutiger Zeiten, nähert sich dem Flachs und Leinen auf künstlerischen Wegen und lenkt den Blick auf heutige Einsatzmöglichkeiten der unterschätzten Textilie.

Eine Marke für die Welt

"Tödden", so erfährt man dort, waren Kleinbauern im Münsterland und im Osnabrücker Land, die bis ins 19. Jahrhundert hinein in Europa mit Leinenwaren hausieren gingen. Hiesige Kleinbauern- und Heuerlingsfamilien hatten das Textilgewebe zuvor in überaus aufwändiger, ja auch quälender Arbeit gewebt. Vor dem Weben und vor dem Spinnen des Leinenfadens aber stand das Brechen, Hecheln und "Rösten" der widerspenstigen Flachspflanze. All diese Arbeitsschritte werden in der Ausstellung anschaulich erläutert.

Die Stadt Osnabrück, so fanden die Studentinnen heraus, war ein Zentrum des kontinentalen Leinenhandels. Das feste Osnabrücker Leinen trug seit alters her einen Markennamen, der noch um 1900 ein gängiger Begriff war: "true born Osnabrughs". Dieser Markenname lieferte den Titel zur Ausstellung.

Der Besucher blickt in Aussteuerschränke, lernt Leinenwaren für alle Lebenslagen kennen, von ersten bis zum "letzten Hemd", kann eine Vielzahl anderer Produkte aus Flachs und Leinen entdecken: vom Leinöl und geschroteten Leinsamen bis hin zur Leinwand des Künstlers und dem leinengebundenen Buch.

Wanderkarten und Statistiken aus Leinen

Die meisten Exponate stammen aus dem Fundus des Kulturgeschichtlichen Museums, den die Direktorin Eva Berger für die Zusammenarbeit mit der Universität geöffnet hat. Die Studentinnen steuerten ebenfalls Ausstellungsstücke bei. So fertigten sie etwa eine Wanderkarte aus bedrucktem und besticktem Leinen. Eine wandfüllende "textile Statistik" zeigt, wie viel Wasser für die Baumwollproduktion und wie wenig für die Leinenproduktion verbraucht wird.

Am Ende der Schau steht wieder eine Frage: Was kann man mit Flachs heutzutage anstellen? – Die Antwort wird an dieser Stelle nicht verraten. Stattdessen der Tipp: Hingehen und gucken. Es lohnt sich!

Tipps für Besucher

Die Ausstellung "Leinen 2016 – true born Osnabrughs" wird am Sonntag, 22. Mai, dem Internationalen Museumstag, im Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück, Lotter Straße 2, eröffnet. Sie ist bis zum 28. August zu sehen.

Das Museum ist täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 5 €, emäßigt 3 €. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist der Eintritt frei.

Weitere Informationen unter Tel. (0541) 3 23 22 37 oder hier: "Leinen 2016 – True born Osnabrughs".

Einen ausführlichen Bericht zur Ausstellung lesen Sie in der kommenden Woche (Folge 21 vom 27. Mai) im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Text und Foto: Gisbert Strotdrees