Auf dunklen Wänden sprießt ein leuchtender Baum. Seine goldenen Äste wachsen im Takt klassischer Musik in alle Himmelsrichtungen und überwuchern schließlich den Boden. Plötzlich ist die Phönixhalle in Dortmund hell erleuchtet. Ein paar Sekunden bleibt den Besuchern noch Zeit, sich in dem goldenen Wald zu verlieren, dann projizieren Beamer das nächste Kunstwerk an die Wand.
Aufrüttelnde Kunst
Die bewegten Gemälde sind Teil der Ausstellung „Phoenix des Lumières“. Der erste von drei zugehörigen Lichtfilmen „Gustav Klimt – Gold und Farbe“ führt die Zuschauer in die Wiener Kunstszene Ende des 19. Jahrhunderts. Gustav Klimt war Mitbegründer der Wiener Secession. In dieser Kunstbewegung kombinierten bekannte Künstler wie Van Gogh, Munch und Rodin unterschiedliche künstlerische Disziplinen und rüttelten damit an den Grundfesten der westlichen Kunst.
In der Lichtshow in Dortmund verschmelzen die Werke mit den 13 m hohen Wänden der ehemaligen Gasgebläsehalle des Hochofengeländes. Die 5600 m2 großen Projektionsflächen sind zwischen Säulen und Kranhaken aus der Industriezeit Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt.
Auf wankenden Booten
Bevor der nächste Film beginnt, versinkt die Halle für wenige Minuten in Dunkelheit. In dieser Zeit können die Besucher sich einen neuen Platz auf Stühlen und Treppen suchen, ihre Sitzsäcke verschieben oder sich gehend nach einer neuen Perspektive umschauen. Lohnend ist ein Blick auf die kostenlose App, die Anekdoten zu den Werken bereithält.
Dann startet die zehnminütige Show „Hundertwasser – auf den Spuren der Wiener Secession“. Hier schaukeln die Zuschauer auf strahlend blauen Wellen, werden von Booten mitgerissen ehe sie auf einer knallbunten Blumenwiese landen.
Friedrich Stowasser, der sich das Pseudonym Friedensreich Hundertwasser gab, war zur Zeit der Kunstbewegung ein bekennender Naturschützer. Seine halbabstrakten Werke enthalten viele Naturbilder. Außerdem hatte Hundertwasser eine Vorliebe für Asymmetrie, Spiralen und Farbe. All dies ergibt in Zusammenspiel mit den Projektoren eine bunt-wabernde Welt.
Ins Auge geblickt
Zurück in die Gegenwart und zur zeitgenössischen Kunst springt der letzte Kurzfilm „Journey“ (zu Deutsch: Reise). Metallische Klänge, ein Zirpen und tiefer Bass erklingen. Währenddessen rasen Lichtpunkte vor den Augen der Zuschauer vorbei. Das türkische Studio „Nohlab“ entwarf die Lichtshow, die von der Entstehung von Photonen, einem der Hauptelemente des Lichts, erzählt.
Der Besucher verfolgt Tausende bunter Fäden auf ihrem Weg durch das menschliche Auge, bis sie zu elektrischen Signalen umgewandelt werden. In der nächsten Sekunde ist die Halle erfüllt von silbernen geometrischen Formen, die fast dreidimensional wirken. Raum- und Zeitgefühl werden auf den Kopf gestellt. Noch eine Animation, dann gehen die Lichter wieder aus. Für die Besucher heißt das: Zeit, zurück in die Realität zu kehren, oder aber die Sitzsäcke zurechtzurutschen und sich noch mal ins Wien des 19. Jahrhunderts zu träumen.
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