Mittelalter-Malereien auf dem Land

Nikolaus in der Dorfkirche

Mittelalter – das gibt’s nicht nur im Museum, im Roman und im Kino, sondern auch nebenan: In ländlichen Kirchen Westfalens haben Experten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe Malereien des Mittelalters erforscht.

Nikolaus bringt keine Süßigkeiten, keine Geschenke und trägt auch keinen Weihnachtsmann-Bart. Er steht vielmehr an stürmischer See. Meereswogen schlagen hoch, aus einem Boot rufen Menschen in Seenot um Hilfe. Nikolaus greift ein und rettet sie – und gleich nebenan strecken sie ihm dankend die Arme entgegen. So ist es gemalt an der Wand der Dorfkirche zu Berghausen im Sauerland, heute ein Ortsteil von Schmallenberg. Vor mehr als sieben Jahrhunderten hat dort ein unbekannter Meister Szenen aus der Legende des Heiligen mit Pinsel und Farbe erzählt.

Hinter dem Altar entdeckt

Die Dorfkirche in Berghausen ist eine von 13 Kirchen in Westfalen, in der ein Forscherteam des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) hochwertige mittelalterliche Wandmalereien erkundet hat. In Westfalen und Lippe gibt es 
„ungefähr 90 Kirchen mit wenigstens in Resten erhaltenen romanischen Wand- und Gewölbemalereien“, weiß Dirk Strohmann, der beim Amt für Denkmalpflege des LWL das Langzeitprojekt koordiniert hat.

Immerhin fünf Jahre lang haben die Kunsthistorikerin Anna Skriver und die Restauratorin Katharina Heiling geforscht, restauriert und dokumentiert. Neben Berghausen untersuchten sie unter anderem die (Dorf-)Kirchen und Kapellen in Balve, Bochum-Stiepel, Dortmund-Brechten und -Wellinghofen, Lohne bei Bad Sassendorf, Lügde, Neuenbeken, Ostönnen und Weslarn. Hinzu kamen eine Kirche und eine Kapelle in den Städten Lippstadt und Soest.

Weihnachten an der Wand

In den Wandmalereien der Dorfkirchen kommt die biblische Welt der Weihnachtsgeschichte nicht zu kurz. Posaune blasende Engel und „himmlische Heerscharen“ finden sich da ebenso wie die Darstellungen der Flucht nach Ägypten oder des Kindermordes von Bethlehem. In der Dorfkirche von Lohne bei Bad Sassendorf hat sich das Bild eines der Heiligen Drei Könige erhalten, der mit wallendem Gewand sein Geschenk überreicht.

Wie präzise das ohne weitere Hilfsmittel im Mittelalter bewerkstelligt worden ist, lässt sich bis heute bestaunen. Was wird wohl von heutigen Wandbildern in 750 Jahren zu sehen sein?

Buch, Film und Wanderausstellung

Das aufwendige Forschungsprojekt wurde multimedial aufgearbeitet:

  • Die Ausstellung „Bildwelten – Weltbilder: Romanische Wandmalerei Westfalens in neuem Licht“ wandert bereits seit dem Frühsommer durch Westfalen. Sie ist noch bis zum 7. Januar im Südsauerlandmuseum in Attendorn zu sehen: dienstags bis freitags von 11 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 15 Uhr und sonntags von 13 bis 18 Uhr. Weitere Informationen unter Tel. (0  27  22) 37  11, www.suedsauerlandmuseum.de.
    Anschließend macht die Ausstellung Station im Schieferbergbau- und Heimatmuseum in Schmallenberg-Holthausen (vom 21. Januar bis 11. März), im Haus Kupferhammer in Warstein (18. März bis 13. Mai) sowie im Stadtmuseum in Paderborn (20. Mai bis 15. Juli).
  • Der Begleitkatalog zur Wanderausstellung kostet 5 €.
  • Ein Film des Westfälischen Medienzentrums dokumentiert die Arbeit der Wissenschaftler. Außerdem wurden Pfarrer, Gemeindemitglieder und Besucher befragt. Der 48-minütige Film ist für 14,90 € erhältlich unter der Internetadresse www.westfalen-medien.lwl.org.
  • Mehr als 4 kg wiegt der Abschlussband, der auf 830 großformatigen Seiten die Ergebnisse des Forschungsprojektes dokumentiert. Er trägt den Titel: Bildwelten, Weltbilder. Romanische Wandmalerei in Westfalen – von Anna Skriver und Katharina Heiling. Verlag Philipp von Zabern, ISBN 978-3-8053-5092-1, 830 Seiten, 950 Abbildungen und DVD, 69,95 €.
  • Eine detaillierte Internetseite präsentiert die 13 Kirchen, dokumentiert ihre Wandgemälde und bietet weitere Aufrisszeichnungen und Hintergrundinformationen: www.lwl-wandmalerei.de.

Den ausführlichen Bericht zum Thema finden Sie im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, Folge 51-52/2017, vom 21. Dezember 2017.