Im Deutschen Käsemuseum in Nieheim geht es gerade um Geld. Eine Sonderausstellung widmet sich dem Euro. Sie beleuchtet die ersten zwanzig Jahre der Gemeinschaftswährung, zeigt aber auch Nieheimer Notgeld aus den 1920er Jahren und einen römischen Denar.
Um viel Geld ginge es auch beim Westfalen Culinarium. Allein 3,2 Mio. € (siehe Kasten) flossen zu Beginn in die Museumsmeile in der Nieheimer Innenstadt, zu der auch das Käsemuseum zählte. Das Quartett aus Käse-, Schinken-, Brot- und Biermuseum sollte zahlreiche Besucherinnen und Besucher in die Kleinstadt, 6000 Einwohner, im Nordwesten des Kreises Höxter locken.
Seit dem Start im Jahr 2006 hatte das Westfalen Culinarium aber nicht den geplanten Erfolg eingespielt. Die prognostizierte Besucherzahl von 50 000 Gästen pro Jahr trat nie ein. Zuletzt waren es weniger als 10 000 Besucher jährlich.
Neuer Kurs in der Käsestadt
Auf rund 3000 m² Ausstellungsfläche entdeckten die Gäste die kulinarischen Traditionen Westfalens. Sie erfuhren, wie Schinken gepökelt, Brot gebacken und Bier gebraut wurde. Seit Ende 2019 gehören die vier ehemaligen Ackerbürgerhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert der Stadt Nieheim – samt Verbindlichkeiten in Höhe von 600 000 €. Der einstige Betreiber, die „Westfalen-Culinarium–Westfälisch-kulinarische Museums- und Erlebnismeile GmbH“, wurde aufgelöst.
Doch die Stadt fährt nun einen neuen Kurs mit den vier denkmalgeschützten Gebäuden. Denn die an die finanziellen Förderungen der EU und des Landes gebundene Zuwendungsperiode lief 2020 aus und der Weg war frei für neue Ideen.
Für Bürgermeister Johannes Schlütz lautet die Devise nun gesundschrumpfen, damit die Museumsmeile nicht auf Dauer jährlich ein Loch von mehreren 10 000€ in den Haushalt reißt. Das Käsemuseum samt Gastronomie bleibt bestehen. Dort erhalten Gäste einen Einblick, wie aus Milch Käse wird. Ergänzt wird die Dauerausstellung durch wechselnde Schauen zum Beispiel zum Euro. „Durch Wechselausstellungen locken wir Menschen aus der näheren Umgebung immer wieder ins Museum“, erklärt Johannes Schlütz.
Im Gegenteil lag für ihn der Geburtsfehler des Culinariums: Zwar hätten die renovierten Gebäude die Straße in der Ortsmitte aufgewertet, dennoch wurde zu sehr versucht, Menschen aus der Ferne in die Museen zu locken, wo sie dann kaum etwas geboten bekamen. „Eine Ausgehmeile mit gutem Essen und Getränken hätte mehr Sinn gemacht. Denn, wer hier wohnt, schaut sich, das Museum höchstens einmal an. So wäre man bestimmt öfters gekommen“, skizziert er.
Die Dauerausstellung des Käsemuseums – sie ist mittlerweile 17 Jahre alt – soll bald aktualisiert werden. Nächstes Jahr wird das Gebäude, das einst aus dem Freilichtmuseum in Detmold überführt wurde, energetisch saniert.
Den Renovierungsstau aller vier Gebäude zu beheben, wäre für die Stadt nicht tragbar gewesen. So wird das Brotmuseum in den nächsten Tagen veräußert. Ein Käufer ist laut Bürgermeister in Sicht. Die Zukunft des Schinkenmuseums ist noch offen. Es werden verschiedene Optionen geprüft. Zunächst zieht eine ukrainische Flüchtlingsfamilie in den dritten Stock.
Vorschusslorbeeren verwelkten
Vor über zehn Jahren sezierte das Wochenblatt die Kosten des „Westfalen Culinarium“. Die 2006 eröffnete Museumsmeile bekam im gleichen Jahr als „Innovatives Tourismusprojekt“ den Deutschen Tourismuspreis. 3,2 Mio. € wurden in die Museumsmeile investiert, die seinerzeit vom Land Nordrhein-Westfalen und von der EU zum „Leuchtturmprojekt“ erklärt und gefördert worden ist.
Die Mittel stammen zur Hälfte aus dem sogenannten „LEADER-Programm“ der EU, mit dem strukturschwache Regionen gezielt gefördert werden sollten. Weitere 20 % stammten aus der NRW-Landeskasse. Das restliche Drittel – also rund 1 Mio. € – wurde von der Kommune Nieheim finanziert.
Idee und Konzept des Culinariums stammen von einer Beratungsfirma aus München namens „Futour“, die sich auf ländlichen Tourismus und Regionalförderung spezialisiert hat. In Westfalen erwarb sich „Futour“ einen zweifelhaften Ruf. Mehrere Machbarkeitsstudien, auch die zum „Klostermuseum“ in Lichtenau-Dalheim (Kreis Paderborn), prophezeiten deutlich mehr Besucher, als dann in der Realität kamen.
Verein pachtet Biermuseum
Das Biermuseum hat die Stadt an den Verein „Bürgerbrauzunft“ verpachtet. Der Verein hat vorher schon dort das Nieheimer Bürgerbier gebraut. Die etwa 30 Mitglieder haben die Ausstellung modernisiert. Sie zeigt zum Beispiel, dass der Kreis Höxter mal die Region Ostwestfalens mit der höchsten Brauereidichte war.
Die Ehrenamtlichen bieten von März bis Oktober Bierproben an und ein Escape-Game. Dabei haben die Teilnehmer eine Stunde Zeit, die gestohlene Rezeptur des Nieheimer Bürgerbieres zu finden. Die Vereinsmitglieder wollen in der Ausstellung auch die traditionelle Kneipenkultur auf dem Dorf wiederbeleben und suchen noch weitere Exponate.
Der Bürgermeister meint, dass die Stadt nun mit dem Sackmuseum des Heimatvereins, dem Käsemuseum und dem Angebot der Brauzunft eine gute touristische Basis hat. „Sie passt zur Größe und Erreichbarkeit der Stadt.“ Als echter Besuchermagnet dient der Käsemarkt, der alle zwei Jahre stattfindet. In diesem Jahr verwandelt er vom 2. bis zum 4. September die Altstadt wieder zur „längsten Käsetheke Deutschlands“.
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