Wer seinen Hof- oder Familiennamen erkunden möchte, findet im Internet und in den Buchregalen einen regelrechten Dschungel an Angeboten, der gerade für Laien kaum zu überschauen ist. Wir geben hier eine Übersicht und Hinweise zu ergiebigen und fundierten Wissensquellen.
Das „Digitale Familiennamenwörterbuch Deutschlands“ (DFD) ist eine der umfangreichsten und verlässlichen Informationsquellen, die über das Internet frei zugänglich ist. Das DFD wird seit 2012 von einem Forschungsteam der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz erarbeitet.
Auf der Internetseite sind derzeit Artikel zu rund 40.000 Nachnamen veröffentlicht. Alle zwei Wochen, jeweils zum 1. und 15. eines Monats, kommen neue Artikel hinzu. In 15 Jahren, sollen Erläuterungen zu insgesamt rund 200.000 Familiennamen abrufbar sein.
Die Datenbank kann über eine Suchmaske und über die Anfangsbuchstaben durchforstet werden. Jeden der derzeit 40.000 Familiennamen-Erklärungen haben Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler erarbeitet. Allgemein verständlich werden die Herkunft und Bedeutung des jeweiligen Namens erläutert. Dabei finden sich unter anderem auch historische Belege sowie Hinweise und Links zu anderen Quellen, etwa in anderen gedruckten oder auch online aufbereiteten Wörterbüchern.
Wertvoll sind auch die Angaben zur Häufigkeit und zur regionalen Verbreitung des jeweiligen Familiennamens, teilweise mit Verbreitungskarten des jeweiligen Namens in Deutschland. Diese Angaben stützen sich auf die Datenbank der Telefon-Anschlüsse von 2005 - dem Jahr mit den meisten Festnetzanschlüssen in Deutschland, weil damals die Handys noch nicht so stark verbreitet waren wie heute.
Die in dieser Datenbank enthaltenen Namen können aufgrund der Vorwahl- und Postleitzahldaten regional zugeordnet werden. So kann das DFD im Einzelfall interessante Verteilmuster und Schwerpunkte nachweisen.
Verteilung in Deutschland
Die geographische Verteilung jedes Hof- oder Familiennamens in Deutschland kann auch über das privat erstellte Onlineangebot Geogen Deutschland nachgesehen werden. Über Herkunft und Bedeutung des Hof- oder Familiennamens erfährt man hier nichts. Aber: Nach einer Eingabe sieht man im Handumdrehen, wie häufig und wo der gesuchte Name in Deutschland verbreitet ist. „Besonders auffällige Konzentrationen können auf den Ursprungsort des Namens oder der Familie hindeuten“, schreibt der Familienforscher Christoph Stoepel, der dieses Angebot programmiert hat und kostenfrei bereitstellt.
Unser Tipp: Besonders einfach zu bedienen und sehr anschaulich ist die ältere Version Geogen 3.2 online auf der Internetseite von C. Stoepel. Einfach in das Feld "Nachnamen" klicken, einen Namen eingeben, dann auf "Kartieren" klicken – im Handumdrehen ist das Ergebnis da.
„Typisch westfälisch“
Ein ähnliches Angebot, konzentriert auf Westfalen-Lippe, bietet die Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens an. Diese vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) getragene Vereinigung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erforscht die niederdeutsche Sprache in Westfalen – und eben auch die Besonderheiten der hiesigen Nachnamen.
Über die Internetseite der Kommission frei zugänglich ist das „Internetportal Familiennamengeografie“: Namen eintragen, klicken – und schon sieht man, wo und wie stark der Name in den Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen verbreitet ist. „Namen mit Werten über 50 %“, so heißt es dort, „können in der Regel als ,typisch westfälisch’ angesehen werden.“
LINK-ÜBERSICHT
Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands: www.namenforschung.net/dfd
Geogen Deutschland: www.christoph.stoepel.net
Geogen 3.2: www.legacy.stoepel.net/de
Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens: www.mundart-kommission.lwl.org/de/
Internetportal Familiennamengeografie in Westfalen: https://www.mundart-kommission.lwl.org/de/online_projekte/familiennamengeografie/
BUCHTIPPS ZUR NAMENKUNDE IN WESTFALEN
Eher zum Nachschlagen gedacht ist der „Duden Familiennamen“. Von A wie Aaken bis Z wie Zubaran erklärt er rund 20.000 Nachnamen aus Deutschland und Europa.
- Duden Familiennamen. Herkunft und Bedeutung. Duden Verlag Mannheim, ISBN 978-3411708529, vergriffen, aber antiquarisch erhältlich.
Die Namenforschung, im Fachjargon als „Onomastik“ bezeichnet, hat sogar ihren eigenen Namenspapst – so jedenfalls wird bisweilen der Sprachforscher Jürgen Udolph betitelt. Seit Jahrzehnten hat er sich diesem Forschungsthema verschrieben. Er scheut sich nicht, sein Wissen ansprechend aufzubereiten und in Zeitungen, Rundfunk und Internet zu präsentieren.
- Jürgen Rudolph: Professor Udolphs Buch der Namen – woher sie kommen, was sie bedeuten. Bertelsmann Verlag München, ISBN 978-3570008799, vergriffen, aber antiquarisch erhältlich.
Eine faktenreiche Einführung in das Thema hat der Sprachforscher Konrad Kunze mit seinem "dtv-Atlas Namenkunde" vorgelegt. Jeweils auf einer Seite finden sich Schaubilder, Übersichten oder Karten, die auf der gegenüberliegenden Seite kurz und allgemeinverständlich erläutert werden.
- Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde – Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. Deutscher Taschenbuch-Verlag München 2003, ISBN 978-3423032667, vergriffen, aber antiquarisch erhältlich.
Für die Hofnamen im ländlichen Westfalen und Nordwestdeutschland gelten besondere Regeln – und: In ihnen verbergen sich viele Wörter und Begriffe aus dem Niederdeutschen des Mittelalters, die längst nicht mehr gebräuchlich sind. Wer weiß schon, was ein „Overman“ oder ein „Greve“ zu tun hatte, was eine „Querne“ war und was sich hinter einem Tegethof verbarg? Solche Begriffe einer versunkenen Alltagswelt Westfalens erläutert Leopold Schütte, der lange am NRW-Landesarchiv in Münster tätig war, in seinem Nachschlagewerk.
- Wörter und Sachen aus Westfalen 800 bis 1800. Verlag des Landesarchivs NRW, 814 Seiten, 19,80 € - ISBN 978-3-932892-32-5, zu beziehen übef das Landesarchiv NRW,Abteilung Westfalen, in Münster, Bohlweg 2).
Timothy Sodmann, langjähriger Leiter des Landeskundlichen Instituts Westmünsterland in Vreden, hat die Flurnamen von Bocholt bis Billerbeck erforscht und in einem weiteren Buch die sprachlichen und historischen Hintergründe zu den Hof- und Familiennamen Westfalens erforscht.
- Timothy Sodmann: Von Abbenhues bis Zybeldinck. Verlag des Landeskundlichen Instituts Westmünsterland / Kreis Borken, 350 Seiten, ISBN 978-3-92785-187-0, vergriffen, aber antiquarisch erhältlich).
Nicht nur Orts-, sondern auch alte Hofstätten- und Siedlungsnamen werden im Westfälischen Ortsnamenbuch erforscht. Diese Reihe ist Teil eines wissenschaftlichen Großprojektes und entsteht im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. 17 der insgesamt 20 geplanten Bände für Westfalen sind bislangerschienen.
Jeder Band erläutert Städte-, Dorf- und Bauerschaftsnamen, die vor 1600 erwähnt sind, sowie auch die Namen einzelner Hofstätten – vorausgesetzt, sie sind vor dem Jahr 1300 schriftlich dokumentiert.
Die Ortsnamenbücher sind wie ein Lexikon aufgebaut. In den alphabetisch sortierten Artikeln wird dabei zunächst die jeweilige Lage beschrieben, bevor alle historischen Belege des Namens zusammengetragen werden. Anschließend sind die bisher geltenden Deutungen zusammengefasst und mit dem neuesten Stand der Forschung abgeglichen.
Drei Jahre nach Erscheinungstermin stehen die Bände als PDF kostenfrei zum Download bereit. Bereits jetzt sind in der Datenbank die Ortsnamenbücher für die Kreise Coesfeld, Herford, Hochsauerlandkreis, Höxter, Lippe, Märkischer Kreis, Minden-Lübbecke, Olpe und Warendorf sowie für die Städte Bielefeld, Münster und Paderborn zu finden – eine Fundgrube für Hof-, Familien- und Heimatforscher.
- Kirstin Casemir, Michael Flyer, Claudia M. Korsmeier und Birgit Meineke: Westfälisches Ortsnamenbuch in 20 Bänden (geplant), Verlag für Regionalgeschichte Bielefeld, Preis je Band zwischen 29 und 39 €.
Bei der Kommission für Mundart- und Namenforschung des LWL erscheint seit kurzem eine Heftreihe „Familiennamen in Westfalen“. Sie untersucht typische, in Westfalen häufig vorkommende Namen. Die ersten beiden Hefte widmen sich den Namen mit Hüls (Hülshoff, Hülsmann, Hülsebusch) sowie mit Brink (Brinkmann, Brinker, Steinbrink). Die genauen Titel:
- Friedel Helga Roolfs: Hülshoff, Hülsmann, Hülsebusch - Familiennamen mit Hüls. Ardey-Verlag, 32 Seiten, 5 €, ISBN 978-3-87023-439-3.
- Friedel Helga Roolfs: Brinkmann, Brinker, Steinbrink - Familiennamen mit Brink. Ardey-Verlag, 32 Seiten, 5 €, ISBN 978-3-87023-454-6.