Freilichtmuseum Detmold

Jetzt in Farbe: Der Schultenhof wurde renoviert

Viele glauben zu wissen, wie ein alter Schultenhof in Westfalen einmal ausgesehen hat. Sie müssen wohl umdenken. Das Innere eines solchen Hofes aus dem Münsterland um 1800 hat das Detmolder Freilichtmuseum erforscht und rekonstruiert.

Übertünchtes Fachwerk, Holzmöbel mit Farbverzierungen, Treppen und Türen in dunklem Rostrot: In ungewohnter Farbgebung und Innengestaltung präsentiert sich im Freilichtmuseum Detmold das Innere des Münsterländer Gräftenhofes. Nach längerer Renovierung ist er wieder für Besucher zugänglich – mit der überraschend wirkenden Original-Innengestaltung der Zeit um 1800.

Zuvor haben die Bauforscher des Freilichtmuseums intensiv geforscht. "Wir haben Vergleichshöfe aus dem Münsterland und eigene Befunde untersucht, und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Farbigkeit in den Schultenhöfen im Münsterland um 1800 deutlich anders war als bisher angenommen", erläutert Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, als Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für das Detmolder Freilichtmuseum zuständig.

Das Fachwerk ist unter gedecktem Weiß verschwunden: Blick ins "neue" Innere des Schultenhofes. (Bildquelle: LWL)

Standuhr tickt in Rot

Tatsächlich dürfte das Ergebnis so manche liebgewonnene Vorstellung ins Wanken bringen. So liegt das Fachwerk des Schultenhofes nicht offen, sondern der Lehmputz und auch die Holzbalken sind durchgängig mit gedecktem Weiß überstrichen. Die Uhr, der einzige Luxus im Haus, ist in kraftvollem, fast poppig wirkenden Rot hervorgehoben.

Auch die anderen Möbel des Hofes waren deutlich farbiger. Rottöne seien vielfach zu finden und manchmal auch dezent mit weiteren Farben kombiniert worden, berichtet Dr. Hubertus Michels, der Leiter des Referates Bauwesen im Museum:

"Lange hatte man vermutet, dass diese ländliche Oberschicht das Fachwerk ebenso wie die einfache bäuerliche Bevölkerung sichtbar zeigte. Inzwischen wissen wir, dass der Repräsentationswillen der Schulten einen feineren Eindruck, zum Teil sogar mit Tapeten, hervorrief." Die Absicht der Repräsentation nach außen zeigt sich auch in den großen Fenstern und ihrer kostspieligen Bleiverglasung.

Die großen Fenster und die Möbel, teilweise farbig, zeigen den Repräsentationswillen eines Schultenhofes um 1800. (Bildquelle: LWL)

Wo stand der Gräftenhof?

Der Münsterländer Gräftenhof, erbaut 1787, stand ursprünglich in der Bauerschaft Alst bei Albersloh, heute ein Ortsteil von Sendenhorst im Kreis Warendorf. Das Haupthaus gehörte zum Hof Schulte Bisping in der Bauerschaft Alst, der seinerzeit über mehr als 130 ha Ackerfläche sowie über 8 Pferde, 2 Ochsen, 6 Milchkühe und 31 Rinder verfügte.

Der Reichtum des Hofes zeigt sich auch in den Maßen des Gebäudes. Es ist 15 m breit und 42 m lang und damit das größte niederdeutsche Hallenhaus im Freilichtmuseum. Seit 1969 befindet sich das Gebäude im Museumseigentum und zählt seit seinem Wiederaufbau zu dessen beliebtesten, meistbesuchten Hofanlagen.

Gut zu wissen
Das Freilichtmuseum in Detmold wird vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), dem Dachverband der Kommunen und Kreise, getragen. Mit rund 90 ha Fläche und 120 Gebäuden aus dem ländlichen Westfalen aus fünf Jahrhunderten ist das Freilichtmuseum das größte seiner Art in Deutschland und eines der größten in Europa. Jährlich kommen zwischen April und Oktober rund 200.000 Besucher.
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag und an allen Feiertagen jeweils von 9 bis 18 Uhr.
Eintritt: Erwachsene 8 €, ermäßigt 4 €, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren frei, Familien 15 €.
Weitere Informationen: (05231) 706104, www.freilichtmuseum-detmold.de.