Ein Lichtpunkt strahlt von der Raumdecke auf eine uralte, meterbreite Baumscheibe. Von der Scheibenmitte weitet sich der helle Punkt allmählich aus. Er scheint Jahresringe zuzulegen – und es ist, als schaute man dem Baum beim Wachsen durch die Jahrhunderte zu.
Diese ebenso einfache wie eindrucksvolle Inszenierung findet sich in der Sonderausstellung „Alleskönner Wald“, die am vergangenen Freitag im Naturkundemuseum in Münster eröffnet worden ist. „Die Ausstellung könnte aktueller nicht sein“, freute sich Kulturdezernentin Barbara Rüschoff-Parzinger vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, dem Träger des Museums. Rüschoff-Parzinger verwies auf Themen wie Klimawandel und Fichtensterben, aber auch auf den Wald als Naherholungsgebiet in der Corona-Zeit und erklärte: „Wir alle verbinden etwas mit dem Begriff Wald, wenn auch Unterschiedliches.“
Da ist es also Zeit, mal ein paar grundsätzliche Fragen zu klären: Wie unterscheidet sich eine Birke von einer Eiche? Wie fühlt sich eine Bohle aus Kiefern- oder Pappelholz an? Wie sieht es im Boden tief unter dem Wald aus? Wie funktioniert Fotosynthese? Wie sieht der Borkenkäfer aus?
CO2 im Holzwürfel
Auf solche Fragen rund um den Wald liefert die Ausstellung anschauliche Antworten – in inszenierten Wald-Landschaften, mit präparierten Tieren, Pflanzenmodellen und an Tast-, Mitmach- und Multimedia-Stationen. Auf rund 560 m2 Fläche sind 420 Exponate zu sehen. Wer will, darf vor einem Holzwürfel, etwa halb so groß wie eine Milchtüte, auch rechnen: Wie viel CO2 speichert der Holzwürfel? Wie viel Kilometer kann man mit dem Auto zurücklegen, ehe es dieselbe Menge CO2 ausgestoßen hat?
Die Ausstellungsmacherinnen Lisa Klepfer und Nadin Howe präsentieren sie in vier Thementeilen:
- Der Wald voller Bäume,
- Lebensraum und Lebensgrundlage,
- Waldbau undHolznutzung sowie
- Wald und Mensch.
In einem „Baumartenwald“ gleich am Eingang stehen Kiefer, Birke, Pappel und neun weitere Baumstämme aus Westfalen. Besucher können und dürfen hier die Rinde ertasten, ebenso auch die dazugehörigen, senkrecht aufgestellten Bohlen, die aus den jeweiligen Baumarten gesägt sind. Wenige Schritte weiter sind präparierte Tiere zu sehen, die in den Wäldern Europas und der Welt leben. Per Beleuchtung können sie den jeweiligen Zonen zugeordnet werden. In sogenannten Dioramen sind Naturlandschaften nachgestellt, die zeigen, das „Wald“ und „Wald“ sehr unterschiedlich aussehen können.
Rückepferd und Harvester
Besonders eindrucksvoll ist das frisch präparierte Rückepferd, das mitten in der Ausstellung lebensecht in Szene gesetzt ist – so, als ziehe das Pferd tatsächlich gerade einen Stamm aus dem Wald. „Am Rückepferd hat unser Museumsteam mit hohem Einsatz und viel Liebe zum Detail gearbeitet“, freut sich der Museumsleiter Jan Ole Kriegs, der mit den beiden Ausstellungsmacherinnen das zugrunde liegende wissenschaftliche Konzept zur Ausstellung verfasst hat.
Wenige Schritte neben dem Rückepferd steht unübersehbar das Rad eines Harvesters – auch diese und andere Maschinen heutiger Waldarbeit werden vorgestellt. Themen wie Bodenverdichtung, Holzernte-Logistik oder auch die Marktzwänge der heutigen Forstwirtschaft werden nicht ausgeklammert, sondern aufgegriffen und erörtert. „Die Forstwirtschaft folgt der Nachfrage“, heißt es dazu im Begleitbuch – mit anderen Worten, so die Botschaft der Ausstellung: Alle sind beteiligt an dem, was im Wald passiert.
Hier geht’s lang
Ort: Die Ausstellung „Alleskönner Wald“ ist im Westfälischen Naturkundemuseum in Münster (Sentruper Straße 285 / Nähe Allwetterzoo) zu sehen.
Zeit: Bis zum 25. September 2022 ist die Ausstellung dienstags bis sonntags sowie feiertags von 9 bis 18 Uhr geöffnet.
Eintritt: Erwachsene 7,50 €, ermäßigt 4 €, Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre frei.
Sonstiges: Das Museum bietet Waldspaziergänge mit Förstern, Naturschützern und Biologen an. Außerdem gibt es Begleitvorträge sowie museumspädagogische Angebote.
Das Begleitbuch (100 Seiten, zahlreiche Abbildungen) kostet 14,80 €.
Weitere Informationen: Tel. (02 51) 5 91 05, www.alleskoenner-wald.lwl.org.