Veranstaltungen in und um Westfalen

Kulturkalender 2020: Wohin im neuen Jahr?

Wer für 2020 einen Ausflug mit der Familie, mit Freunden, Nachbarn oder im Verein vorzubereiten hat, findet in unserem Kulturkalender für Westfalen Anregungen: zwischen Landesgartenschau, Pferde-Jahr, Rock'n'Pop und Rubens. Aber ein Thema fehlt.

Das neue Jahr ist Beethoven-Jahr. Vor 250 Jahren wurde in Bonn der weltberühmte Komponist geboren. Und das Jubiläum wird in einer bemerkenswerten Arbeitsteilung zwischen Rheinland und Westfalen gefeiert:

  • In Bonn zeigt die Bundeskunsthalle seit wenigen Tagen und noch bis Ende April unter dem Titel „Welt.Bürger.Musik“ eine groß angelegte Ausstellung zu Leben und Werk Ludwig van Beethovens.
  • Im westfälischen Gronau öffnet – kurz nach Ende der Bonner Ausstellung – am 17. Mai im Rock-und-Pop-Museum die Fortsetzung unter dem Titel: „Ludwig lebt! Beethoven im Pop“. Welche Spuren hat Beethoven in der Popkultur hinterlassen? Zu sehen und zu hören sind Ausstellungsstücke, Fotos und Tondokumente von Chuck Berry und den Beatles, von den Toten Hosen, Helge Schneider und Judith Holofernes. Außerdem gibt es Werbejingles und Handyklingeln, Comic-Filme mit den Peanuts und vieles mehr.

Gartenschau und Pferde

Mitte April öffnet die 18. Landesgartenschau Nordrhein-Westfalens in Kamp-Lintfort am Niederrhein. Sie wird die Gärten der ehemaligen Zisterzienserabtei mit dem umgestalteten Gelände an der alten Zeche verbinden – ein ausführlicher Vorbericht zur Gartenschau erscheint in Kürze im Wochenblatt.

Im April öffnet das Westfälische Freilichtmuseum in Detmold zu seiner neuen Saison. Sie steht ganz im Zeichen des Pferdes. Eine Sonderausstellung wird sich mit der Pferdehaltung im heutigen Westfalen befassen – unter dem Titel „Erzähl’ mir was vom Pferd“. Zu sehen sind unter anderem stimmungsvolle Aufnahmen der Fotografin Tuula Kainulainen, die im Auftrag des LWL-Medienzentrums kreuz und quer durch Westfalen gereist ist. Begleitend zur Ausstellung sind zahlreiche Vorführungen und Mitmach-Veranstaltungen in Vorbereitung.

Kriegsende in Westfalen

Im April jährt sich zum 75. Mal das Kriegsende in Westfalen, am 8. Mai schließlich der Tag der Kapitulation. Ausstellungen zu diesem Thema wird es unter anderem in Berlin und Düsseldorf geben. Das Medienzentrum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe bereitet eine Filmreihe „Drehbuch Geschichte: Kriegsende in Westfalen 1945“ vor, die gemeinsam unter anderem mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Münster veranstaltet wird.

Zum Jahrestag des Kriegsendes findet darüber hinaus in Westfalen keine Sonderausstellung oder eine andere Veranstaltung mit überregionalem Anspruch statt (Siehe dazu den Kommentar unter diesem Bericht).

Rubens und Ruinen

Ab Ende Mai erinnert eine Ausstellung im Diözesanmuseum in Paderborn an den in Siegen geborenen europäischen Meistermaler Peter Paul Rubens und seine Werkstatt. Anlass ist ein in der Bistumsstadt unvergessenes Kriegsereignis: Vor 75 Jahren, am 17. Januar 1945 und ein weiteres Mal am 27. März 1945, erlitt Paderborn schwere Bombenangriffe. Tausende Menschen starben, weite Teile der Innenstadt wurden zerstört, unter ihnen auch der Dom. Die barocke Ausstattung des Hochchores, geschaffen von zwei flämischen Künstlern, wurde zerfetzt. Die Gemäldestücke sind aufbewahrt und werden in der nun geplanten Ausstellung erstmals digital neu zusammengefügt. Außerdem werden Werke von Rubens und seinen Zeitgenossen gezeigt.

„Passion“ und Preußen

Im Juni eröffnet das Naturkundemuseum eine große Sonderausstellung mit dem Titel „Lebenskünstler Mensch“. Dabei geht es um Fragen der Biologie und unter anderem auch um die Sicherstellung der Ernährung.

Im Herbst schließlich zeigt das Westfälische Landesmuseum für Kunst und Kultur in Münster eine Ausstellung mit dem Titel „Passion.­Leidenschaft“. Leitthema sind die großen Gefühle: Liebe und Hass, Schmerz und Angst, Freude und Hingabe. Auf der Liste der Leihgaben stehen Namen wie Leonardo da Vinci, Rembrandt, Goya bis hin zu Ernst Barlach und Käthe Kollwitz.

In der zweiten Jahreshälfte soll das Preußenmuseum in Minden neu eröffnet werden. Nach dem ersten Fehlschlag vor einigen Jahren, ausgelöst vor allem durch eine lückenhafte Finanzierung und mangelnden Besucherzuspruch, hat der LWL 2016 die Trägerschaft des Museums übernommen und das Gebäude, eine ehemalige Defensionskaserne der „Festung Minden“, neu gestaltet.

Kommentar: Unüberhörbares Schweigen
Nicht jedes Jubiläum muss gefeiert, nicht an jeden Jahrestag muss erinnert werden. Dennoch wurde schon so manches krumme Datum in den vergangenen Jahren zum Anlass genommen, um Sonderausstellungen, Konzert- oder Theaterreihen oder sonstige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen westfalenweit in Szene zu setzen.

Umso merkwürdiger ist das unüberhörbare Schweigen zum bevorstehenden Jahrestag „75 Jahre Kriegsende“, unbestritten ein tiefer Einschnitt und ein in vielfacher Hinsicht markantes Datum für Europa, für Deutschland und für Westfalen, ja für jede Familie im Land.

Vom Gedenken der Millionen Toten einmal abgesehen: Die Umkehr unseres Landes, die „zweite Chance“ zum Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens und seine Orientierung in Richtung Europa ist ohne dieses Datum schlicht nicht zu verstehen.

Aber erstaunlich: In Westfalen ist zum Jahrestag nichts Größeres geplant – kein Themenjahr, keine Sonderausstellung und auch keine überregional verbindende Veranstaltungsreihe, an der sich etwa Heimatvereine, Kulturinitiativen oder Gemeinden hätten beteiligen können. Wer sich beim großen „Player“ regionaler Kultur wie dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe zum Thema umhört, erhält allenfalls spärliche Hinweise auf die ein oder andere Expertentagung, Filmreihe oder auf Grabungen im ehemaligen Stalag-Gelände bei Stukenbrock. Ansonsten: Fehlanzeige.

Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Aber klar ist schon jetzt, dass hier, zumal angesichts des erschreckend wachsenden Rechtspopulismus und -extremismus, eine große Chance vertan worden ist – vor allem gegenüber den Nachgeborenen, der jüngeren Generation.
Gisbert Strotdrees