Ausstellung zu Tod und Trauer

Die einzige Gewissheit jeden Lebens ist der Tod. Doch wie hat sich der Umgang mit Sterben und Trauer in den Jahrhunderten gewandelt? Antworten gibt eine Ausstellung, die zurzeit in Vreden gastiert.

Diese Ausstellung hinterlässt einen Kloß im Hals. Denn sie dreht sich um ein Thema, das gerne verdrängt wird, aber unausweichlich ist: das Sterben. Wie gingen Menschen früher mit ihren Verstorbenen um? Wie gedachten sie ihnen? Was bedeuten heute Sterbehilfe und Palliativmedizin? Was motiviert eine Sterbeamme?

Mehr dazu lässt sich in der Wander­ausstellung „Abschied nehmen – Sterben, Tod und Trauer“ erfahren. Bis zum 29. Januar ist sie noch im Museum „Kult“ in Vreden im Kreis Borken zu sehen .

Einst kirchlich geprägt



Im Jahr 2021 starben in Deutschland 1 Mio. Menschen. Rund die Hälfte wurde kirchlich bestattet. Drei Viertel aller Bestattungen waren Feuerbestattungen. Mit diesen nüchternen Zahlen empfängt die Ausstellung den Gast. Sie deuten schon an, wie sich der Umgang mit den Toten verändert hat.


Über Jahrhunderte war Sterben und Trauer – auf dem Land noch etwas länger als in der Stadt –fest in der Hand der Kirchen. Gezeigt werden sogenannte „Verseh­gar­nituren“ und Salbgefäße, mit denen der Priester in katholischen Haushalten die Sterbesakramente spendete.


Bis in die 1970er-Jahre wurden die Toten meist zu Hause aufgebahrt. Die ganze Familie verabschiedete sich. Zur Beisetzung formierte sich ein Leichenzug durch den Ort. Im Anschluss gedachte die Nachbarschaft dem Toten beim Leichenschmaus. Es floss der Alkohol. Die Angehörigen trugen bis zu einem Jahr Schwarz als Zeichen der ­Trauer. Witwenhauben, Totenzettel und Kondolenzpost aus unterschiedlichen Jahrhunderten dokumentieren die Traditionen des Abschiednehmens und der Trauer.

Individueller, einsamer

Heute hat sich das Sterben ver­ändert. Oft findet es in Krankenhäusern, Hospizen oder Pflege­heimen statt. Meist ist es einsamer geworden, in der Corona-Pandemie ganz extrem.
Profis von Bestattungsunternehmen kümmern sich um die Toten. Seit 2003 ist der Bestatter ein Ausbildungsberuf. Sie waschen den Leichnam und richten ihn her. Außer­dem organisieren sie die Beisetzung. Schwarz wird von den Angehörigen meist nur noch auf der Beerdigung getragen. Auch die ist individueller geworden.

Heute gibt es Särge, die sich vorher als Möbel nutzen lassen. Die 4 kg Asche, die nach einer Feuerbestattung übrig bleibt, kommt nicht nur auf den Friedhof, sondern wird auf See verstreut, im Wald beigesetzt oder sogar zu Diamanten gepresst. Die Ausstellung stellt die Frage: Stirbt der Friedhof?

Seit etwa 200 Jahren ist das Sterben ein immer stärker bürokra­tischer Akt geworden. Seit 1794 unterliegen die Begräbnisplätze dem Medizinalwesen. Friedhöfe verwandelten sich vom Gottesacker neben der Kirche zur parkähnlichen Anlage am Rande der Siedlungen mit festen Regeln und Ordnungen.

Während jahrhundertelang die Gräber relativ normiert waren und sich nur das Großbürgertum regelrechte Mausoleen leistete, sind heute die Grabsteine individuell gestaltet und mit Fotos versehen. Erinnerung findet heute aber auch auf speziellen Seiten im Internet statt. Sie lösen klassische Kondolenzschreiben und Totenzettel ab.

Eine Sterbeamme erzählt

In der Ausstellung geht es auch um aktuelle Aspekte rund um den Tod. Die Organspende und die Sterbehilfe sind Thema. Mehr an Bedeutung gewinnt die fachliche Sterbebegleitung. Dazu zählt die Hospizbewegung und die Palliativmedizin.

Zu Wort kommt die Sterbeamme Christina Schulte-Huermann aus Arnsberg. Eine Sterbeamme? Sie begleitet im Gegensatz zur Heb­amme Menschen aus dem Leben. Dabei kümmert sie sich auch um trauernde Angehörige. Sie möchte vielen die Schwere des Todes nehmen und bezeichnet sich daher ­lieber selbst als Lebensamme. So würden zum Beispiel Menschen in anderen Kulturen wie auf Hawaii oder in Mexiko vielmehr das Leben des Toten feiern.

Als schwierige, aber heilige und heilsame Zeit für die Angehörigen empfindet sie die sogenannte Schwellenzeit. Das ist der Zeitraum zwischen Tod und Beisetzung. Sie rät, diese Zeit mit dem Toten zu verbringen und ihn vielleicht selbst zu waschen. Dieser ­Ritus erinnert wieder stark daran, wie Generationen vor uns mit ihren Toten umgegangen sind.

Heute hier, morgen dort

Die Ausstellung „Abschied nehmen – Sterben, Tod und ­Trauer“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) wandert weiter:

Vom 5. Februar bis zum 19. März 2023 ist sie im Bauernhausmuseum in Bielefeld zu sehen.

Anschließend vom 26. März bis zum 21. Mai 2023 im ­Städtischen Museum in Herford.

Vom 28. Mai bis 23. Juli 2023 lässt sie sich im Religio in ­Telgte entdecken.

Im Anschluss geht sie vom 29. Juli bis zum 24. September 2023 ins Mindener Museum.

Danach vom 1. Oktober bis zum 26. November 2023 ins Stadtmuseum Lippstadt

Den Abschluss findet sie vom 3. Dezember 2023 bis zum 28. Januar 2024 im Hexenbürgermeisterhaus in Lemgo.

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