Im Verein für alte Häuser

Der Blick fällt direkt auf die gewölbte Decke. Rote Backsteine und graue Eisenträger spannen sich über die offene Küche und den Essbereich. „Preußische Kappendecke“ heißt die Konstruktion. Einst wölbte sie sich über dem Schweinestall. „Als Jugendlicher habe ich hier noch ausgemistet“, erinnert sich Andre Stühmeyer. Heute sitzt er bei Kaffee und Kuchen am Holztisch. Durch die bodentiefen Fenster sind der Garten und der angrenzende Acker zu sehen. Der Hof Stühmeyer liegt am Rand von Eidinghausen, heute ein Stadtteil von Bad Oeynhausen im Kreis Minden-Lübbecke.

Andre Stühmeyer und seine Frau Anke Schreiner haben den Stall und den darüber liegenden Kornboden zum Domizil für ihre Familie ausgebaut. Kurz vor Weihnachten 2009 sind sie mit ihren Kindern Katharina und Adrian eingezogen. Aus einem Haus, das sie in der Stadt gekauft hatten, kehrten sie auf den Hof zurück.

Ein eigener Wohnbereich

Bedingung für beide war, dass sie sich in einer klar abgegrenzten Wohneinheit einrichten konnten. „Grundsätzlich ist das auf vielen Höfen gut möglich“, sagt Wolfgang Riesner. „Zum Beispiel, indem man wie hier einen alten Stall umnutzt.“ Der Architekt aus Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke hat Familie Stühmeyer-Schreiner während der Planungs- und Bauphase begleitet. Riesner hat sich auf die Umnutzung alter Bauernhäuser spezialisiert – beruflich und privat. Er selbst hat in den 1980er Jahren eine alte Hofstelle saniert und engagiert sich seitdem in der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IgB), aktuell als stellvertretender Bundesvorsitzender.

Den Mitgliedsantrag der IgB hat er den jungen Bauherren aus Eidinghausen bereits beim ersten Treffen unter die Nase gehalten. „Ich nötige jeden meiner Kunden einzutreten“, lacht er. „Der Verein lebt davon, dass Leute ihre Erfahrungen weitergeben.“ Auch Andre Stühmeyer und Anke Schreiner haben sich in der Planungsphase einige Beispielprojekte angeschaut. „Man sieht, dass auch andere Leute alte Häuser mit Erfolg erhalten“, sagt Andre Stühmeyer.

„Wir lieben alte Häuser“

Der Leitspruch der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IgB) ist eine Liebeserklärung an Häuser, die eine Geschichte zu erzählen haben. Seit Anfang der 1970er Jahre engagiert sich der Verein für den Erhalt, die fachgerechte Restaurierung und die zeitgemäße Weiternutzung alter Häuser – auf dem Land und in Dörfern.
Anfangs ging es vor allem darum, verfallende Höfe vor der Abrissbirne zu bewahren. Heute ist die IgB eine Mischung zwischen Bürgerinitiative und Selbsthilfegruppe. Deutschlandweit zählt sie rund 6000 Mitgliedern. Anlaufstellen sind die etwa 150 Außen- und Kontaktstellen. Die Mitglieder suchen über die IgB nach alten Baumaterialien und praktischen Erfahrungen. „Es gibt sicherlich keine Frage aus Bautechnik oder Baurecht, die nicht irgendeiner von den Mitgliedern schon einmal lösen musste“, sagt Wolfgang Riesner. Der stellvertretende Bundesvorsitzende ist Architekt und lebt selbst in einem alten Bauernhaus in Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke.

Die Mitgliedschaft für Einzelpersonen kostet pro Jahr 45 €, inklusive sind eine Gruppenunfallversicherung und ein Abo der Vereinszeitschrift „Der Holznagel“. Auf rund 100 Seiten gibt es alle zwei Monate unter anderem Beispiele aus der Praxis, Neues zur Bauphysik und aus dem Baurecht sowie einen Kleinanzeigenmarkt. ahe

Mehr über das Projekt der Familie Stühmeyer-Schreiner lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Wochenblatts 52-53/2015 ab Seite 100.