Was haben Holunderbeersaft und E 163 gemeinsam? Mit beidem lassen sich Lebensmittel rot färben. Mit Holunderbeersaft gelingt das, weil er Anthocyane – E 163 – enthält. Bei Anthocyanen handelt es sich um natürliche Zusatzstoffe. Sie werden aus schwarzem Mais oder den Pressrückständen von roten Trauben und Rotkohl gewonnen. Den gleichen färbenden Effekt kann die Industrie mit dem Zusatzstoff Azorubin, E 122, erreichen. Azorubin ist jedoch ein durch chemische Synthese gewonnener Stoff. Ob die Industrie ein Lebensmittel mit Holunderbeersaftkonzentrat, natürlich gewonnenen Anthocyanen oder dem synthetischen Azorubin färbt, hängt von zwei Fragen ab: Was will der Markt und wie teuer darf die Produktion sein?
Zusatzstoffe haben viele Funktionen
Derzeit sind etwa 340 Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen, erklärt Friederike Kreft. Die Diätassistentin war bei den Landfrauen aus Enger, Kreis Herford, zu Gast, um Licht ins Dunkel der Lebensmittelzusatzstoffe zu bringen. Viele dieser Stoffe sind künstlich hergestellt. Es gibt aber auch einige mit natürlichem Ursprung, wie Vitamine oder auch Salz, das zur Konservierung eingesetzt wird. Grundsätzlich muss ein Hersteller in der Zutatenliste vermerken, wenn solche Stoffe in dem Lebensmittel enthalten sind.
Vor allem verarbeitete Lebensmittel kommen kaum noch ohne Zusatzstoffe aus. Friederieke Kreft nennt einige ihrer Funktionen:
- Konservierungsmittel gewährleisten, dass Lebensmittel hygienisch einwandfrei bleiben und lange haltbar sind.
- Farbstoffe sorgen dafür, dass Gerichte appetitlich aussehen.
- Packgase können Farbe und Geschmack von Nahrungsmitteln über längere Zeit erhalten.
- Emulgatoren oder Backtriebmittel können die Konsistenz von Lebensmitteln verändern.
- Dank Füllstoffen und Süßungsmitteln können viele kalorienreduzierten Lebensmitteln angeboten werden.
Wer denkt, Zusatzstoffen durch den Kauf von Frischware aus dem Weg zu gehen, der irrt. Äpfel beispielsweise sind häufig mit Schellack, E 904, gewachst, der sie vor dem Austrocknen schützt.
Keine 100 %ige Sicherheit
Lebensmittelzusatzstoffe sind also aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Dennoch macht es Sinn, genauer hinzuschauen. Nicht alles ist so sicher, wie uns die Lebensmittelindustrie Glauben machen will. So muss zum Beispiel ein Emulgator auf der Margarinepackung gekennzeichnet werden. Ist die gleiche Margarine aber in einem Fertigprodukt enthalten, muss der Emulgator dort nicht mehr deklariert werden. Das kann für Menschen mit Allergien zur Gefahr werden. Ohnehin ist es für Allergiker problematisch, wenn das Lebensmittelangebot sehr reich an den verschiedensten Zusatzstoffen ist.
Manche Hersteller greifen, anstelle von deklarationspflichtigen Zusatzstoffen, zu Hilfsstoffen, die sie nicht als Zusatzstoffe ausweisen müssen. Beispielsweise kann Hefeextrakt den Geschmack eines Lebensmittels verstärken. Dennoch darf das Produkt mit dem Hinweise „Ohne den Zusatz Geschmacksverstärker“ beworben werden. Das kann den Verbraucher irreführen.
Zudem wird bei der Zulassung kaum untersucht, ob es bei der Aufnahme verschiedener Zusatzstoffe zu Wechselwirkungen kommen kann.
Kritische Zusatzstoffe
Trotz offizieller Zulassung gibt es einige Zusatzstoffe, die immer wieder in der Kritik stehen. Hier einige Beispiele:
- Der Süßstoff Aspartam steht im Verdacht, Krebs auszulösen. Er ist deshalb nur in geringen Mengen erlaubt. Um diese Menge zu überschreiten, müsste eine 60 kg schwere Frau jeden Tag mehr als 4 l aspartamhaltige Limonade trinken.
- Einige Farbstoffe können bei Kindern zu Hyperaktivität führen. Deshalb ist bei sechs Farbstoffen ein Warnhinweis Plicht.
- Phosphorsäure, die vor allem in Cola-Getränken enthalten ist, kann für nierenkranke Menschen gefährlich sein und in hoher Menge Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Deshalb wurde der ADI wert auf 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht reduziert.
- In färbenden Überzügen von Zuckerwaren ist häufig Aluminium enthalten. Studien haben gezeigt, dass zu viel Aluminium das Nervensystem, die Knochenentwicklung und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Zudem steht Aluminium im Verdacht, krebserregend zu sein. Deshalb hat die EU die Verwendung aluminiumhaltiger Zusatzstoffe eingeschränkt.
Ein Umdenken ist nötig
Für gesunde Menschen, die nicht unter einer Lebensmittelunverträglichkeit oder einer Allergie leiden, sind Zusatzstoffe in Lebensmittel in der Regel unproblematisch. Dennoch lohnt es sich, deren Verwendung kritisch zu hinterfragen. In vielen Bereichen könnten Zusatzstoffe durch Alternativen ersetzt werden, ohne deutliche Qualitätseinbußen hinnehmen zu müssen, sagt Friederike Kreft. Allerdings sei das „perfekte Produkt“ oft nur mit deklarationspflichtigen Stoffen zu erzielen. Um den Einsatz von Zusatzstoffen in Lebensmitteln zu reduzieren, ist ihrer Meinung nach ein Umdenken auf allen Ebenen – bei der Produktion, im Handel und beim Verbraucher – nötig.