Wenn Essen Quaddeln macht

Schon Babys können Allergien gegen Nahrungsmittel entwickeln. Auch bei leichten Beschwerden, wie Hautausschlag oder Magen-Darm-Beschwerden sollten Eltern einiges beachten.

Bettina Müller kommt ganz aufgeregt mit ihrem fünf Monate alten Sohn Emil in die Notfallsprechstunde. Der Junge ist bisher immer gesund gewesen.

In den ersten Lebensmonaten wurde er voll gestillt. Seit etwa vier Wochen isst er mittags Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei, den er mit Appetit verzehrt. Nachdem die Mutter ihm erstmalig zwei Löffel eines Getreide-Vollmilch-Breis gegeben hatte, sind innerhalb weniger Minuten am ganzen Körper rote Quaddeln aufgetreten und Emil hat erbrochen.

In der Ambulanz erhält Emil ein Cortisonzäpfchen und ein Antihistaminikum. Zur weiteren Beobachtung wird er stationär aufgenommen. Die Ärzte vermuten bei ihm eine Kuhmilch­allergie. Und tatsächlich: Im Blut zeigen sich erhöhte spezifische IgE-Antikörper gegen Kuhmilch­pro­te­ine. Emil darf bis auf Weiteres keine kuhmilchhaltigen Produkte mehr zu sich nehmen.

Zehn häufigste Auslöser

Ob Kuhmilch, Nüsse oder Hühner­eier – verschiedene Nahrungsmittel können beim Menschen allergische Reaktionen auslösen. Das Spektrum reicht dabei von milden Symptomen wie Juckreiz oder Übelkeit bis hin zu Atemnot und lebensbedrohlichem allergischen Schock. Ob sich eine Allergie im Laufe des Lebens auswächst, hängt vom Zeitpunkt des Auftretens und von dem Nahrungsmittel ab.

Die im ersten Lebensjahr häufige Kuhmilchallergie hat eine gute Prognose und die Kinder vertragen nach einigen Jahren zu weit über 80 % Kuh­milch. Schlechte Aussichten bestehen für Erdnussallergiker. Sie müssen mit lebenslangen Symptomen rechnen und Erdnüsse strikt meiden.

Es sind nur wenige Nahrungsmittel, die über 90 % aller allergischen Reaktionen verursachen. Die häufigsten Nahrungsmittelallergene sind:

  • Kuhmilch;
  • Hühnereiweiß;
  • Erdnuss, Haselnuss;
  • Weizen, Soja;
  • Apfel;
  • Karotte;
  • Fisch, Garnelen und
  • Sesam.

Keine Rolle spielen dagegen Farb- und Kon­­servierungsstoffe, Zucker und Zitrusfrüchte.
Ob sich eine allergische Reaktion manifestiert, hängt von der aller­gischen Veranlagung des Kindes und weiteren Faktoren ab. So ist bekannt, dass es häufiger zu allergischen Reaktionen bei Stress, Infekten und starken körperlichen Belastungen kommt. Auch nach Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten wie Ibuprofen oder Alkoholkonsum steigt die Allergiehäufigkeit.

Ob eine Nahrungsmittelallergie vorliegt, lässt sich im Wesentlichen anhand der Vorgeschichte und der Symptome nach Verzehr eines bestimmten Nahrungsmittels erkennen. Zusätzlich werden Labortests durchgeführt. Das kann ein Bluttest mit Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen das verdächtige Nahrungsmittel sein oder auch ein Haut-Prick-Test, bei dem das Nahrungsmittel auf die Haut aufgetragen und mit einer kleinen Lanzette in die Haut eingebracht wird.

Von harmlos bis tödlich

Nahrungsmittelallergien zeigen sich teilweise nur über milde Haut­erscheinungen wie Juckreiz, Nesselsucht, Rötung oder Schwellung. Daneben können zusätzlich weitere Organsysteme betroffen sein. Ist der Magen-Darm-Trakt beteiligt, können Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfälle auftreten. Sind die Atemwege betroffen, kann dies zu Schwellungen im Mund, Nasen- und Rachenraum oder Kehlkopfbereich führen.

Auch Heiserkeit, Atemnot, Husten oder ein Asthma-Anfall mit Blaufärbung der Haut durch Sauerstoffmangel bis zum Atemstillstand sind möglich. Im schlimmsten Fall kann es zu einem allergischen Schock mit tödlichem Ausgang kommen. Glücklicherweise ist das jedoch sehr selten.

Eine Sonderform der Nahrungsmittelallergie ist das sogenannte orale Allergiesyndrom. Hierbei entwickeln Menschen mit Heuschnupfen zum Beispiel gegen Birkenpollen eine Allergie gegen Äpfel. Sie spüren dann beim Essen eines Apfels im Mund ein unangenehmes Kribbeln.

Die Symptomatik wird dadurch hervorgerufen, dass Birkenpollen und Apfel sich in ihrer Proteinstruktur ähneln und die allergieverursachenden IgE-Antikörper gegen Birkenpollen mit Apfelbestandteilen kreuzreagieren. Gekochte Äpfel werden in der Regel vertragen.

Stets Allergene meiden

Bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie wird das entsprechende Nahrungsmittel sofort vom Speiseplan gestrichen und geschaut, ob das Kind beschwerdefrei wird. Ist nicht ganz klar, ob das Kind wirklich auf das entsprechende Nahrungsmittel allergisch reagiert, ist ein Provokationstest notwendig, bei dem das Kind das Nahrungsmittel in steigenden Mengen zugeführt bekommt. Bei bedrohlichen Reaktionen in der Vorgeschichte werden derartige Tests stationär durchgeführt.

Bei dem eingangs erwähnten Beispiel von Emil würde der Junge eine zwölfmonatige Eliminationsdiät erhalten. Er müsste sofort auf natürliche Milchprodukte verzichten. Da die Calciumzufuhr für das wachsende Kind wichtig ist, wird sein Getreidebrei mit einer hoch aufgelösten hypoallergenen Spezialnahrung auf Aminosäurenbasis, wie Neocate oder Aptamil Pregomin AS, angerührt.

Derartige Spezialnahrungen werden ärztlich verordnet. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Ziegenmilch und Schafsmilch eignen sich nicht, da eine hohe Kreuzreaktivität zu Kuhmilch besteht. Pferdemilch hat ernährungsphysiologisch eine ungünstige Zusammensetzung. Weitere Infos sind online über das Präventions- und Informationsnetzwerk Allergie/Asthma Pina e.V. abrufbar. Schulze Everding