Verkochen statt strippen

Ärzte behandeln Krampfadern zunehmend schonender. Eine Alternative zum Venen-Stripping kann eine Therapie mit Radiowellen sein.

Besenreiser und blaue Adern, die sich dicht unter der Haut am Bein entlang schlängeln, sind typische Anzeichen von Krampfadern. Sie sind keine Augenweide, aber tolerierbar.

Anlass zur Obacht sollte allerdings bestehen, wenn die Beine häufig kribbeln, schmerzen, sich schwer anfühlen und anschwellen. Dann „versackt“ das sauerstoffarme Blut in den oberflächlichen Beinvenen und weitet die Gefäße. Die Gefäßwände verändern sich und werden durchlässig. Als Spätfolgen können sich gefährliche venöse Durchblutungsstörungen entwickeln.

Damit es nicht so weit kommt, sollten Krampfadern rechtzeitig behandelt werden. Prof. Dr. Tobias Görge, Leiter des Venen-Kompetenz-Zentrums der Hautklinik am Universitätsklinikum Münster (UKM) informierte anlässlich der jüngsten Münsteraner Gefäßtage über Therapiemöglichkeiten venöser Durchblutungsstörungen.

Stadien der Venenschwäche

Dunkelblaue Hautveränderungen am Fußrand oder an einem verfärbten Venenkranz in der Knöchelregion zählt der Venenspezialist zu den ersten Symptomen einer Venenschwäche. Häufig komme es auch zu Wassereinlagerungen, dem Knöchelödem. Patienten spüren dies an deutlichen Abdrücken von Sockenbündchen und geschwollenen Beinen, die schmerzen können.

Unbehandelt schreitet eine Venenschwäche voran. Äußerlich ist das häufig an bräunlichen Hautverfärbungen im Unterschenkel- oder Knöchelbereich zu erkennen. Auch kann es zu Veränderungen an den Fußnägeln kommen. Bilden sich immer wieder Ödeme, kann auch das Fettgewebe auf Dauer verhärten. Im weiteren Verlauf entwickeln sich im Bereich des Sprunggelenks feinflächige, weiße Stellen von meist derber, narbiger Konsistenz.

Welche Beinvenen erkranken können
Kleinste Krampfadern machen sich als Besenreiser bemerkbar.
Perforansvenen sind Verbindungsvenen zwischen den oberflächlichen und tiefen Venen. Krankhaft erweitert, wölben sie sich im Stehen manchmal vor und sind im Liegen wie ein Loch tastbar.
Hauptvenen des oberflächlichen Venensystems sind die Stammvenen. An der Innenseite der Beine verläuft die große Rosenvene (Vena saphena magna) und an der Rückseite des Unterschenkels die kleine Rosenvene (Vena saphena parva).
Seitenäste der Stammvenen werden als Seitenastvarizen bezeichnet. Diese krankhaft erweiterten größeren Hautgefäße sind häufig gut sichtbar und treten stark geschlängelt hervor.

Sie sind oft die Vorstufe eines offenen Hautgeschwürs, dem Ulcus cruris. Wie stark die Blutzirkulation in den Beinen gestört und der Venenschaden ausgeprägt ist, ermittelt Mediziner Tobias Görge mithilfe des Ultraschalls, der Duplexsonografie. Dabei kann der ­Phlebologe auch feststellen, an welcher Stelle die Venenklappe unzureichend schließt. Denn von einem Krampfaderleiden können verschiedene Bereiche der Venen betroffen sein, siehe Kasten „Welche Beinvenen erkranken können“.

Ziel der Therapien

Je nach Befund und Ausprägung der Venenschwäche werde eine venöse Erkrankung unterschiedlich behandelt. „Oberstes Ziel der Therapie ist es, den schädlichen Rückfluss des Blutes zu unterbinden“, informierte Prof. Dr. Tobias Görge.
Eine konsequente Kompressionstherapie sei eine wirkungsvolle Maßnahme bei Venenkrankheiten. Im frühen Stadium der Venenschwäche sind Kompressionsstrümpfe, -verbände und -manschetten oft schon ausreichend. Durch sie werden die Venen zusammengedrückt und so lässt sich ein Rückstau des Blutes verhindern. Eine Kompression der Beine ist häufig auch in späteren Stadien der Erkrankung von Nutzen.

Reicht die Kompressionstherapie allein nicht aus, lassen sich kranke Stammvenen und Seitenäste auch ambulant veröden. Dazu wird in die erkrankte Vene ein spezielles Medikament gespritzt, welches eine Entzündung erzeugt. Das Gefäß verklebt von innen, verschließt sich und wird anschließend vom Körper abgebaut. Auch ein operativer Eingriff kann sinnvoll sein. Dabei werden vorrangig die erkrankten Venen herausgezogen – bekannt als Stripping-Operation.

Zunehmend setzen sich auch schonendere kathetergestützte Behandlungsmethoden durch, die die erkrankten Gefäße mittels Hitze verschließen. Neben der Lasertherapie lassen sich erkrankte Venenabschnitte auch mittels Radiowellen verkochen.

Radiowellen zerstören Vene

Im Venen-Kompetenzzentrum des UKM wird seit einigen Jahren die Radiofrequenz-Ablation durch­geführt. „Das Verfahren eignet sich insbesondere bei geradlinigem Verlauf der erkrankten Vene“, erklärte Prof. Dr. Tobias Görge. Bei diesem Verfahren führt der Arzt unter örtlicher Betäubung einen flexiblen Hitze-Katheter in die Vene ein und schiebt diesen unter Ultraschallkontrolle bis zur Leiste vor. Dort werden die betroffenen Venenzweige durch die Hitzeentwicklung des Radiowellenkatheters gezielt zerstört. Übrig bleibende Venenreste baut der Körper mit der Zeit selbst ab.

„Die Behandlung ist auch bei Patienten möglich, die gerinnungshemmende Arzneistoffe wie Marcumar, ASS, Clopidogrel und ­eines der neuen oralen Antiko­agulantien einnehmen“, erklärte der Venenspezialist. Da keine Vollnarkose erforderlich sei, könne der Patient bald nach dem Eingriff aufstehen und das Krankenhaus verlassen. „Die Methode ist absolut unblutig. Es gibt keine Wunden oder Vernarbungen“, sagte Mediziner Görge. Allerdings übernehmen nicht alle gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Radiofrequenz-Ablation. LHo