Soziales Umfeld muss stimmen

Lässt sich Demenz vorbeugen? Und wie können daran Erkrankte gesellschaftlich integriert werden? Mit diesen Themen befassten sich Experten auf dem 2. Münsterländer Demenz Kongress in Telgte.



Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 bundesweit 2,2 Mio. Demenzkranke leben werden. Medikamentös lässt sich die Erkrankung bislang nicht erfolgreich behandeln. Und auch zukünftig wird sich daran wohl nicht viel ändern. „Immer mehr pharmazeutische Firmen ziehen sich aus der Forschung zurück“, erklärte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr in seinem Grußwort anlässlich des 2. Münsterländer Demenz Kongresses im Telgte. Hierher hatten das Rochus-Hospital und das Demenz-Servicezentrum Region Münsterland zu einer zweitägigen Veranstaltung mit renommierten Experten eingeladen. Diese informierten schwerpunktmäßig über Maßnahmen zur Demenzprävention und Integration. Hier ein kleiner Einblick in das Programm des ersten Kongresstages.

Rolle des Hausarztes

Am Anfang einer Demenzerkrankung fallen oft Probleme bei der Arbeit, Kommunikationsstörungen und Persönlichkeitsveränderungen auf, informierte Bernd Zimmer, Facharzt für Allgemeinmedizin und klinische Geriatrie aus Wuppertal. Gefolgt von Orientierungsstörungen, einem Leistungsknick sowie Problemen beim Autofahren und mit dem Umgang von Geld stünden Gedächtnisstörungen erst hinten an. Der Patient selber bemerke in der Regel schon lange Veränderungen. Er versuche diese zu überspielen. Häufig verhalte er sich auch aggressiv oder ängstlich, ziehe sich zurück oder sei depressiv verstimmt. Angehörige reagierten darauf nicht selten mit Unverständnis und Vorwürfen.


Obwohl die Krankheit derzeit nicht heilbar ist, so ist deren Früherkennung dennoch wichtig. Schon allein die Diagnose Demenz führe in den Familien häufig zu einer Entlastung. Doch bis dahin ist häufig ein langer Weg. „Man muss wissen, welcher Hausarzt sich mit Demenz gut auskennt“, erklärte Hausarzt Bernd Zimmer. Hilfreich sei der Kontakt zu Angehörigengruppen, die Ärzte im Umkreis nennen können.

Einer Demenz vorbeugen

Als Ursache für die Alzheimerkrankheit macht der renommierte Alzheimerforscher Prof. Dr. Dr. hc. Konrad Beyreuther eine Entgleisung des Eiweißstoffwechsels im Gehirn verantwortlich. An dessen Ende stehe der Verlust von Nervenzellkontakten und Nervenzellen. In der Regel dauere dieser Prozess 30 bis 40 Jahre lang.

Mittlerweile stünden auch Testmethoden zur Früherkennung zur Verfügung. „Mit heutigem Kenntnisstand ist es möglich, vorherzusagen, ob eine Person in den nächsten vier bis fünf Jahren an Alzheimer erkranken wird“, erklärte Altersforscher Beyreuther.

Neben einer genetischen Prädisposition spiele der Lebenswandel eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Demenz. Und hier setze auch die Möglichkeit der Vorbeugung an. Denn es gelte Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen, Übergewicht und Rauchen zu vermeiden. Wichtig sei es, geistig und körperlich fit zu bleiben. Das verbessere die Hirnleistung und Gemütslage. Mit Musiktherapie und Bewegung lasse sich viel erreichen. „Wenn Sie alles richtig machen, kann die Alzheimer-Demenz um 6,5 Jahre verzögert werden“, sagte Molekularbiologe und Genetiker Prof. Beyreuther.

Risiko Einsamkeit

„Einsame alte Menschen haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko, an einer Demenz zu erkranken, als nicht oder weniger einsame“, informierte Prof. Dr. phil. Dr. med. Rolf Dieter Hirsch aus Bonn. Wichtig sei es, Wohlbefinden in den Alltag des Erkrankten zu bringen. Respekt, Verständnis, Trost, Beschäftigung, Teilhabe und Beziehung seien wichtige Bedürfnisse von Menschen mit Demenz. LHo

Mehr über die Veranstaltung lesen Sie in der Wochenblatt-Ausgabe 38/2013 auf Seite 105.