Mein Leben habe ich der guten medizinischen Versorgung und Betreuung im Krankenhaus zu verdanken“, sagt Hubert Wegener. Der 71-Jährige war im März schwer an Covid-19 erkrankt und verbrachte eine Woche auf der Isolierstation im St.-Marien-Hospital in Marsberg. Als wir ihn treffen, ist er knapp drei Wochen wieder zu Hause im sauerländischen Essentho. Und es geht ihm wieder viel besser, wie er sagt.
Durch Coronainfektion plötzlich total erschöpft
Angefangen habe alles etwa Mitte März. „Ich fühlte mich plötzlich total schlapp“, berichtet er. Gesundheitlich hat der rüstige Rentner nur wenig Probleme. Sein Bluthochdruck sei gut eingestellt und wegen seiner Schlafapnoe, einer nächtlichen Atemstörung, nutze er eine CRAP-Maske. „Eine Routineuntersuchung beim Hausarzt vor wenigen Wochen war noch in Ordnung gewesen“, sagt Hubert Wegener.
Wegen chronischer Rückenschmerzen habe er in der Vergangenheit immer wieder Schmerzmittel eingenommen. An diesem Tag ist er jedoch total erschöpft, muss sich tagsüber hinlegen. Hunger auf Abendbrot hat er nicht mehr. In der bevorstehenden Nacht plagen ihn zunehmend Gliederschmerzen und der alleinlebende Rentner findet nicht in den Schlaf.
Am nächsten Morgen sucht er seinen Hausarzt auf. Ein Schnelltest auf das Corona-Virus sei negativ gewesen. „Der Arzt hat mich untersucht, und mit einem Rezept für ein Schlaf- und Schmerzmittel habe ich die Praxis wieder verlassen“, erzählt Hubert Wegener.
Wiederholt negativ auf Corona getestet
Doch dem Nebenerwerbslandwirt geht es nicht besser. Tagsüber fühlt er sich weiterhin müde und erschöpft. Die Einladung zum ersten Geburtstag seines Enkels nimmt er nicht an: „Ich habe geahnt, dass es nicht gut ist mit mir und habe die Geburtstagsstiefel an die Haustür gehängt“, berichtet der sechsfache Familienvater.
Einer seiner Söhne bringt ihm an diesem Tag Essen und hat näheren Kontakt zu ihm. Da weiß Hubert Wegener noch nicht, dass er trotz negativer Schnelltests auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 bereits an Covid-19 erkrankt ist – sein Sohn wird sich später testen lassen und in Quarantäne begeben; er hat Glück, hat sich nicht angesteckt.
Das Essen lässt Hubert Wegener stehen. Die folgende Nacht wird nicht besser als die vorherige. Das Schlafmittel zeigt keine Wirkung. HubertWegener fühlt sich wie gerädert, lässt sich am Morgen erneut testen. „Wieder war mein Schnelltest auf Corona negativ“, berichtet er.
Nach nun zwei schlaflosen Nächten ist er völlig erschöpft. Im Laufe des Tages bekommt er zunehmend schlechter Luft, hüstelt etwas. Fieber habe er nicht bemerkt, aber sehr viel Durst. In der folgenden Nacht spitzt sich die Situation zu. Wieder bekommt Hubert Wegener kein Auge zu. Die Atemprobleme nehmen zu. Wechselt er vom Bett auf die Wohnzimmercouch, wird ihm schwarz vor Augen.
„Ich war zwischendurch so am Ende, dass ich dachte, das sind die letzten fünf Minuten in meinem Leben“, erinnert er sich. Das Handy hat er jetzt immer bei sich, um im Notfall Hilfe rufen zu können; macht aber keinen Gebrauch davon.
Wegen Coronainfektion notfallmäßig in die Klinik
Am nächsten Morgen zieht er sich unter größter Kraftanstrengung an. Er hat Luftnot, ist schweißgebadet und so schlecht zurecht, dass er notfallmäßig mit dem Krankenwagen ins St.-Marien-Hospital Marsberg gebracht wird. „Ich hatte keine Kraft, konnte nicht mehr Laufen“, erinnert er sich.
In der Notaufnahme wird er gleich auf SARS-CoV-2 getestet. Der Schnelltest ist positiv. Das Ergebnis eines PCR-Tests bestätigt wenig später die Covid-19-Infektion. Im Röntgenbild stellt man die Ursache seiner Luftnot fest: eine beidseitige Lungenentzündung (Pneumonie). Eine Analyse der Blutgase zeigt, dass sein Blut bereits zu wenig Sauerstoff enthält. „Ich bekam dann über eine Nasenbrille Sauerstoff zugeführt“, berichtet Hubert Wegener.
Er wird auf die Isolierstation verlegt und erhält ein Aufgebot an Medikamenten – unter anderem das antivirale Medikament Remdesivir. Dieses wird ihm per Infusion verabreicht und soll ein Enzym der Corona-Viren hemmen, das für deren Vermehrung nötig ist.
Remdesivir
Remdesivir hat in der EU eine bedingte Zulassung für die Behandlung von Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die an einer Covid-19-Pneumonie erkrankt sind und einer Therapie mit Sauerstoff bedürfen, jedoch nicht-invasiv beatmet werden müssen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt die Gabe von Remdesivir optimalerweise fünf bis sieben Tage nach Symptombeginn. Die Dauer der Therapie soll in der Regel auf fünf Tage beschränkt sein. Das Virostatikum soll die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus bei Erkrankten stoppen. Wie eine Studie dazu gezeigt hat, ist das Mittel statistisch gesehen in der Lage, die Zeit bis zu Genesung für die Patientengruppe, für die diese Sonderzulassung gilt, zu verkürzen.
Wie dem Entlassbericht des Hospitals zu entnehmen ist, wird Hubert Wegener außerdem mit Dexamethason, einem Kortikoid behandelt, das Entzündungen reduzieren kann. Aufgrund erhöhter Entzündungswerte erhält er gezielt ausgewählte Antibiotika und zur Vorbeugung einer Thrombose eine niedermolekulare Heparintherapie. Des Weiteren bekommt er Hustenlöser verabreicht und inhaliert bei Luftnot mit Salbutamol und Atrovent.
Ärzte und Pflegekräfte bauen Coronapatienten seelisch auf
„Am zweiten Tag ging es mir dann deutlich besser. Auch eine Rindersuppe hat wieder geschmeckt“, berichtet er. Aufgrund der Hygienebestimmungen auf der Isolierstation habe er keine Besuche erhalten dürfen, aber täglich mit seinen Kindern telefoniert. „Das Klinikpersonal war sehr bemüht und einfühlsam“, sagt Hubert Wegener. Das hätte ihn seelisch sehr aufgebaut.
Am zweiten Tag habe er auch mit Arm- und Beinübungen begonnen, um den Kreislauf zu stabilisieren. Der rüstige Sauerländer hat Glück. Nach acht Tagen Therapie ist er wieder so fit, dass er in die häusliche Quarantäne entlassen werden kann. „Ich bin froh, dass die Behandlung angeschlagen hat“, sagt Hubert Wegener.
Anfangs habe er sich noch schlapp gefühlt, aber Treppensteigen gehe wieder. „Ich bin schon wieder mit dem Elektro-Rad einige Kilometer gefahren“, erzählt Hubert Wegener. Nach sechs Wochen könne er sich auch wieder um seinen kleinen Kurierdienst mit fünf Sprintern und Fahrern kümmern. Und er ist zuversichtlich, dass er sich völlig von der Covid-19-Infektion erholen wird.
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