Vegane Ernährung

Risiko rein pflanzlicher Kost

Wer konsequent auf den Verzehr tierischer Lebensmittel verzichtet, nimmt kein Vitamin B12 auf. Eltern sollten wissen: Eine vegane Ernährung der Kinder ist möglich. Sie ist aber immer mit zusätzlichen Risiken verbunden.

Luke ist das erste Kind einer 20 Jahre alten Mutter, die sich seit zwei Jahren streng vegan ernährt hat. Luke wird seit der Geburt voll gestillt, die Mutter hat ein Vitamin-B12 Präparat nur unregelmäßig eingenommen. Im Alter von sechs Monaten fällt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung auf, dass der Säugling untergewichtig und sehr blass ist. Er kann sich außerdem nicht wie andere Kinder vom Rücken in die Bauchlage drehen und erscheint insgesamt bezüglich seiner Entwicklung verzögert.

Noch bevor Luke zur Abklärung stationär eingewiesen wird, findet ihn seine Mutter plötzlich bewusstlos und krampfend im Bettchen auf. Nach notärztlicher Erstversorgung wird das Kind auf die Intensivstation der Kinderklinik verlegt. Dort ergeben die weiterführenden Untersuchungen eine schwere Hirnschrumpfung (Hirnatrophie) und Hirnblutung als Folge eines Vitamin-B12-Mangels. Nach mehrwöchigem stationären Aufenthalt und hochdosierter Vitamin-B12 Therapie wird das Kind entlassen - geistig und körperlich behindert.

Leider tragen ungefähr 50 Prozent der Kinder mit Vitamin-B12-Mangel derartig lebenslange neurologischen Schäden davon. Das Beispiel soll keine Ängste schüren. Doch Schwangere und junge Mütter sollten wissen, welche Folgen eine komplett fleischlose Ernährung haben kann, wenn nicht frühzeitig ein Vitamin-B12-Mangel erkannt und ausgeglichen wird.

Vitamin-B12 ist lebenswichtig

Vitamin B12 ist so wichtig, weil ein Kind dieses Vitamin insbesondere während des Wachstum benötigt, um eine normale Entwicklung des Gehirns und eine ausreichende Blutbildung zu ermöglichen. Ein Mangel daran kann bei Säuglingen zu dauerhaften Hirnschäden führen. Auch können sich psychische Auffälligkeiten, Depressionen, Aufmerksamkeitsdefizite und Konzentrationsstörungen entwickeln.

Weitere mögliche Mangelerscheinungen wie Wachstumsstörungen oder Infektanfälligkeit und Untergewicht sind auf Eiweißmangel, Calcium- und Vitamin D Mangel zurückzuführen. Kritische Nährstoffe, die häufig im Rahmen einer veganen Ernährung substituiert werden müssen, sind außerdem Jod, Zink, Selen, Riboflavin, Vitamin B2 und Eisen.

Woher das Vitamin stammt

In einer für den Menschen verfügbaren Form existiert Vitamin B12 nur in tierischen Lebensmitteln. Das Vitamin wird ausschließlich von Mikroorganismen produziert. Verschiedene Tierarten nehmen das im Magen-Darm-Trakt entstandene Vitamin B12 in den Körper auf. Durch den Verzehr tierischer Produkte wie Fleisch, Milchprodukte oder Eier, deckt der Mensch wiederum seinen Bedarf an Vitamin B12.

Den Mangel diagnostizieren

Bezüglich der Versorgung des Körpers mit Vitamin B12 reicht es nicht aus, einen Vitamin B12 Blutspiegel zu bestimmen. Wichtig ist, dass das sogenannte „aktive Vitamin B12“ in Form des Holo-Transcobalamins (Holo-TC), welches als Transporter das Vitamin in die Zellen schleust und verfügbar macht, erfasst wird. Ein Holo-TC-Spiegel unter 76 pmol/l ist das früheste Zeichen einer unzureichenden Versorgung mit Vitamin B12. Bei einem Wert unter 22pmol/l ist der Mangel gesichert.

Neben diesen Blutuntersuchungen sind regelmäßige kinderärztliche Untersuchungen mit Dokumentation des Wachstums, der Entwicklung und Gewichtszunahme wichtig.

Eltern sollten wissen, dass eine vegane Ernährung der Kinder möglich, aber immer mit zusätzlichen Risiken verbunden ist. Diese gelten als überschaubar, wenn die Kinder regelmäßig Vitamin-B12-Präparate in Form einer Tablette oder als Tropfen einnehmen. Außerdem sollten sich die Eltern regelmäßig durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft beraten lassen, um eine ausreichende Versorgung aller kritischen Nährstoffe sicherzustellen.

Was Fachgesellschaften dazu sagen

Eine vegane Diät für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und auch von der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin nicht empfohlen.

Begründet wird diese Stellungnahme durch die Tatsache, dass bei einer rein pflanzlichen Ernährung eine ausreichende Versorgung des wachsenden Organismus mit bestimmten sogenannten kritischen Nährstoffen ohne regelmäßige Einnahme von Vitamin B12 und anderen Nährstoffpräparaten, nicht oder nur schwer möglich ist. Außerdem existieren kaum wissenschaftliche Studien zu vegetarisch geschweige denn vegan ernährten Kindern.

Amerikanische und australische Fachgesellschaften sind in ihren Empfehlungen nicht so streng wie die deutschen wissenschaftlichen Gremien. Sie halten eine vegane Ernährung bei Kindern für möglich, wenn regelmäßig Vitamin- B12-Präparate eingenommen werden und die Zufuhr kritischer Nährstoffe regelmäßig überprüft wird.

Den vollständigen Beitrag finden Sie auf den Gesundheitsseiten der Wochenblattausgabe 39/2018.

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