Long-Covid und Riechstörung

Riechen lässt sich trainieren

Riechstörungen infolge einer Covid-19-Infektion betreffen ungefähr 50 bis 60 % der Erkrankten. Einige erlangen ihr Riechvermögen erst nach Monaten zurück. Ein Riechtraining kann das beschleunigen.

Riechstörungen sind in der Bevölkerung gar nicht so selten und treten auch auf, ohne erkrankt zu sein. „Jeder 20. Mensch hierzulande kann nicht riechen. Bei etwa einem Fünftel der Bevölkerung ist das Riechvermögen nicht besonders gut ausgeprägt“, sagt Prof. Dr. Thomas Hummel, Leiter des Interdis­ziplinären Zentrums für Riechen und Schmecken am Universitätsklinikum Dresden.

Die Riechstörung bei einer Corona-­Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus ist anders. Die Patienten haben meist einen plötzlichen Riechverlust, häufig ohne dass die Nase verstopft ist oder Schnupfen auftritt. Bei weniger als 10 % der Covid-­19-Erkrankten könne die Riechstörung isoliert, also ohne weitere Erkältungssymptome, auftreten.

Typischerweise machten sich die Riechstörungen aber vom dritten Tag des Infektes zusammen mit anderen Corona-Symptomen bemerkbar. Derzeit sieht Riechforscher ­Hummel daher einen plötzlichen Riechverlust bei freier Nase als Frühwarnsymptom für eine Corona­­Infektion, wenngleich ein solcher Verlust auch bei anderen Infekten oder neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson auftreten kann – aber eben seltener.

Riechverlust durch Covid-19

Bei etwa 80 bis 95 % der Covid-19-Patienten mit Geruchsverlust kommt das Riechvermögen nach einigen Wochen oder spätestens zwei Monaten zurück oder stellt sich zumindest wieder so ein, dass die Patienten damit zufrieden sein können, berichtet Prof. Dr. Thomas Hummel.

Bei 5 bis 20 % der Patienten zieht sich der Prozess über Monate und Jahre hin, wobei unklar ist, über welchen Zeitraum genau. In Analogie zu anderen postviralen Riechstörungen weiß man, dass sich das Riechvermögen bei einem Drittel wieder bessert. Bei zwei Dritteln dauert die Besserung ­Monate bis Jahre, wobei bei etwa einem Drittel dieser Patienten das Riechvermögen auch mehr oder weniger komplett erloschen bleibt.

Das ist oft fatal, denn das Riech­vermögen spielt eine sehr wichtige Funktion als Warnsystem. Beispielsweise weist es uns auf Brandgeruch, Gas, Schimmel oder verdorbenes Essen hin. Auch ist das Riechen von Körpergerüchen wichtig für das Zwischenmenschliche. Sind der Riech- oder Schmecksinn beeinträchtigt, so wirkt sich das somit auch auf die Lebensqualität aus.

Wie es zu einer Riechstörung kommt

Wie aber kommt es bei einer SARS-CoV-2-Infektion zu Riechstörungen? Bisherige Untersuchungen gehen von einer Schädigung der Riechschleimhaut aus, die das obere Nasendach auskleidet. „Bis ins Detail ist dies jedoch noch nicht geklärt“, informiert Riechforscher Hummel.

Gelange das Virus in die Nase, heftet es sich dort an die Stützzellen, die die Riech­zellen umgeben. Hier führen die Viren indirekt zu Störungen der Riechzellen. Ist der Infekt nur kurzfristig, so sind die Riechstörungen meist auch nur temporär und verschwinden nach Tagen oder Monaten. Ist die Störung stärker ausgeprägt, dann sterben die Stützzellen ab, was sekundär auch die Riechzellen in Mitleidenschaft zieht, erklärt Riechexperte Prof. Dr. Hummel.

Beeinträchtigt das Virus aber auch die Funktion der Basalzellen, aus denen ständig neue Riechzellen heranreifen, kann das zu einer längerfristigen Riech­störung führen, die sich zwischen Monate und Jahre hinziehen kann.

Mit Düften Riechvermögen auf die Sprünge helfen

„Grundlage für eine Besserung der Riechstörung ist, dass sich Riechzellen wieder neu bilden und nachwachsen können, was im Nervensystem eine Besonderheit ist“, informiert der Riechspezialist. Dazu müssen die Zellausläufer der Riechzellen von der Nase aus unter Umständen mehrere Zentimeter bis zu ihrem Anschluss im Gehirn überwinden, was allerdings Zeit in Anspruch nimmt.

Diesen Prozess kann man jedoch mittels Riechtraining unterstützen. Bei anderen Riechstörungen nach einem Infekt hat ein solches Riechtraining die Besserung verdoppeln oder verdreifachen können, wie Experte Hummel erklärt. Dazu genügt es, regelmäßig an verschiedenen Duftstoffen den Geruchssinn zu trainieren, bis sich das Reichen wieder normalisiert hat.

So trainieren Sie Ihr Riechvermögen

- Benötigt werden für ein Riechtraining vier identische Döschen oder Fläschchen mit jeweils gut voneinander unterscheidbaren Geruchsträgern, beispielsweise Rose, Zitrone, Gewürznelke ­sowie Eukalyptus oder Minze.
- An den vier Duftproben soll jeweils eine halbe Minute gerochen werden und das konsequent jeden morgen und jeden Abend über Wochen bis Monate hinweg.

- Die Düfte können auch gewechselt werden. Sinnvoll ist es, sich alle zwei bis drei Monate neue Düfte zu besorgen.
-Wichtig ist, dass es sich zunächst um starke Düfte handelt. Auch sollten Riechstoffe wie etwa Menthol ­dabei sein, die durch Reizung des Nervus Trigeminus mit einer Art Stechen oder Kribbeln verbunden sind.

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