Krebs

Prostatakrebs: Was nun?

Die Krebsdiagnose ist ein Schock. Den bösartigen Tumor möchte man so schnell wie möglich loswerden. Doch nicht immer muss das Prostatakarzinom sofort operiert, bestrahlt oder mit einer Chemotherapie behandelt werden.

Wer an Prostatakrebs erkrankt, bekommt es schnell mit der Angst zu tun. Was tun? Operieren, kontrolliert überwachen lassen oder mit einer Hormonentzugstherapie behandeln? – Licht ins Dickicht einiger Therapiemöglichkeiten bringen Experten vom Prostatazentrum des Universitätsklinikums Münster (UKM).

Prostata komplett entfernen

Die optimale Therapie des Prostatakarzinoms hängt von vielen Faktoren ab. Unter anderem spielen das Tumorstadium, die Aggressivität des Karzinoms sowie das Alter und die Lebenserwartung, aber auch der Wunsch des Patienten eine Rolle.

Im Frühstadium der Erkrankung – wenn der Tumor örtlich begrenzt ist und nicht metastasiert hat – lassen eine Strahlentherapie und vor allem die operative Entfernung der Prostata auf Heilung hoffen.

Bei dem operativen Eingriff, der im Fachjargon „radikale Prostatektomie“ heißt, wird die gesamte Pros­tata entfernt.

Harnträufeln möglich

Das Risiko der Operation ist, dass beim Eingriff wichtige Blutgefäße, Nerven und andere Organe geschädigt werden können, berichtet Prof. Dr. Andres Jan Schrader vom UKM. Gefürchtet sind Verletzungen der Nerven, die zum Schwellkörper verlaufen und zu Impotenz führen können.

Zum Teil sind diese Erektionsnerven ebenfalls tumorbefallen und müssen mit entfernt werden. Gefürchtet ist nach der Operation auch unwillkürliches Harnträufeln. Aus diesem Grund sei es wichtig, dass Patienten eine Anschlussheilbehandlung erfahren, in der sie ein Kontinenztraining durchführen, erklärt der Urologe.

Wie stark diese Nebenwirkungen auftreten, hängt meist auch von der Größe des Tumors, dem Alter des Patienten, der Operationstechnik und von der Erfahrung des Operateurs ab. „Am Prostatazentrum führen wir 90 % der Eingriffe mittels der ‚Da Vinci-Laparoskopie‘ durch“, berichtet Prof. Schrader. Vorteil dieser roboterunterstützten Technik sei, dass diese zum Beispiel den Blutverlust während der OP stark reduziere und ein minimales Zittern in den Händen des Operateurs ausgleiche.

Verlauf aktiv überwachen

Nicht jeder Patient muss aber gleich operiert oder bestrahlt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Verlauf eines neu diagnostizierten Prostatakrebses zunächst beobachtet und in regelmäßigen Zeitabständen kontrolliert werden. Eine Therapie wird erst dann eingeleitet, wenn die Erkrankung fortschreitet oder wenn der Patient eine Behandlung wünscht. Mediziner nennen dieses Verfahren „Aktive Überwachung“.

Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass einige Tumoren kaum wachsen und den Betroffenen zeit ihres Lebens keine Probleme machen. Sie zu behandeln, wäre unnötig, wie Urologe Dr. Philipp Papavassilis vom Prostatazentrum am UKM erklärt. In Betracht kommt diese Vorgehensweise für Männer, deren Tumor sich in einem frühen Stadium befindet, der langsam wächst, nicht aggressiv ist und keine Beschwerden bereitet.

PRIAS-Projekt
Das Prostatazentrum am UKM nimmt seit zwölf Jahren an einer europäischen Studie (PRIAS-Projekt) teil, welche die „Aktive Überwachung mit der Möglichkeit einer verzögerten Therapie“ anbietet. Wer daran teilnehmen möchte, sollte dies mit seinem behandelnden Urologen besprechen. Weitere Infos unter www.prostatazentrum-ms.de.

Da sich zum Zeitpunkt der Diagnose aber nicht immer sicher sagen lässt, ob der Krebs eher „harmlos“ ist, muss der Patient verschiedene Kriterien erfüllen. So sollte beispielsweise das prostataspezifische Antigen (PSA) noch unter 10ng/ml liegen.

Auch darf der Gleason Score, ein Wert, der he­rangezogen wird, um die Aggressivität des Karzinoms zu beurteilen, höchstens 6 betragen. Weil bei der „Aktiven Überwachung“ die Gefahr besteht, dass ein Fortschreiten des Tumors zu spät entdeckt wird, sollte sich der Patient mit Folgeuntersuchungen einverstanden erklären, wie etwa Kontrollen der PSA-Werte mit Tastuntersuchung und Gewebeproben der Prostata.

Hormonentzug im Spätstadium

Hat das Prostatakarzinom bereits in Lymphknoten, Knochen oder Organe gestreut, reicht die operative Entfernung der Prostata oder eine Strahlentherapie nicht mehr aus. Weil Prostatakrebszellen für ihr Wachstum das männliche Geschlechtshormon Testosteron benötigen, ist eine Hormonentzugstherapie eine Option, um dem Krebs den Nährboden zu entziehen.

Eine Hormonentzugstherapie eignet sich aber auch für Männer mit lokal fortschreitendem Prostatakarzinom oder für jene, für die eine Operation oder Bestrahlung nicht infrage kommt. „Die Hormonentzugstherapie wird unter bestimmten Voraussetzungen auch eingesetzt, wenn der PSA-Wert auffällig ansteigt, ohne dass Metastasen nachweisbar sind“, informiert Dr. Katrin Schlack vom UKM. Neben der operativen Entfernung der Hoden – was eher selten durchgeführt wird – sind es vor allem bestimmte Medikamente, die Einfluss auf den Hormonstoffwechsel nehmen.

  • Je nach Wirkmechanismus unterdrücken sie die Bildung von Testosteron in den Hoden (LHRH-Therapie) oder
  • sie unterbinden die Wirkung des Testosterons direkt an den Tumorzellen (Therapie mit Androgenrezeptor-Blockern).
  • Darüber hinaus gibt es noch einen Wirkstoff (Abirateronacetat), der zusätzlich die Produktion von Testosteron in der Nebennierenrinde hemmen kann.

Je nach Präparat und Arzneistoff kann es auch bei dieser Therapie zu unterschiedlichen Nebenwirkungen kommen, wie schmerzhaft vergrößerten Brustdrüsen, Hitzewallungen oder zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Entzug männlicher Geschlechtshormone ist nicht heilend. „Allerdings kann die Therapie das Überleben verlängern und Beschwerden verzögern bzw. lindern“, erklärt die Urologin.

Den Beitrag können Sie nachlesen auf den Gesundheitsseiten der Wochenblattausgabe 14/2019.

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