Pille – modern ist nicht besser

Verhütungspillen der dritten und vierten Generation haben ein höheres Thromboserisiko als die vorherige Pillen-Generation.

Seit 1961 steht Frauen mit der Antibabypille ein sicheres Mittel zur Empfängnisverhütung zur Verfügung. In den Folgejahren haben Pharmafirmen immer neue Mittel auf den Markt gebracht. Aber ist die Pille damit besser geworden?

Mit dieser Frage befasst sich der ­„Pillenreport“ der Techniker Krankenkasse (TK).
Im Report wird deutlich, dass heute überwiegend Pillen der dritten und vierten Generation verschrieben werden. Dabei sind diese Mittel nicht sicherer als die der zweiten Generation. Bei den neueren Pillen besteht sogar ein höheres Thromboserisiko.

Alle Pillen verhüten sicher

Pillen der zweiten Generation enthalten überwiegend den Wirkstoff Levonorgestrel. Bei diesen Mitteln liegt das Risiko für Thrombosen und Lungenembolien bei fünf bis sechs pro 10 000 Frauen und Jahr.
Die Mittel der dritten und vierten Generation enthalten neuartige Wirkstoffe wie Desogestrel, Gestoden oder Drospirenon.

„Diese Pillen sind in Wirksamkeit und Zuverlässigkeit mit den Mitteln der zweiten Generation vergleichbar. Sie erhöhen aber das Thromboembolierisiko gegenüber diesen um das 1,5 bis 2-Fache“, erklärt Prof. Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Uni Bremen. Für den ebenfalls neuen Wirkstoff Dienogest liegen keine aktuellen Studien vor. Prof. Glaeske schätzt aber, dass hier von einem etwa um den Faktor 1,8 erhöhten Thrombose­risiko gegenüber Levonorgestrel auszugehen ist.

Das Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte hat schon im März 2014 verkündet, dass in den Fachinformationen für einige Pillen der dritten und vierten Generation auf das höhere Thromboserisiko hingewiesen werden muss. Gleichzeitig forderte es weitere Studien von den Herstellern für Produkte, bei denen das Risiko unklar ist.

Zusatznutzen versprochen

Dass die neuen Mittel dennoch den Markt erobern konnten, ist auf die Art der Vermarktungsstrategien zurückzuführen. Die Pillen werden hauptsächlich mit dem Hinweis auf Zusatznutzen beworben. Die Hersteller versprechen zum Beispiel reinere Haut oder weniger unerwünschte Begleiterscheinungen. Dabei nutzen sie gezielt Kommunikationswege, mit denen sich Mädchen und junge Frauen gut erreichen lassen, zum Beispiel soziale Medien wie Facebook. Diese Taktik zeigt Erfolg: Von den 19-jährigen TK-Versicherten, welche die Pille 2013 einnahmen, erhielten über zwei Drittel ein Präparat der dritten oder vierten Generation.
Die TK hat eine Internetseite eingerichtet, auf der junge Frauen sich gezielt über verschiedene Pillen und deren Risiken informieren können. TK/Wul


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