Mehr Pflanzliches und weniger Tierisches soll auf den Teller – das fordern nicht nur Ernährungsexperten und Klimaschützer. Auch die Zukunftskommission Landwirtschaft empfiehlt in ihrem Bericht „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ aus dem Jahr 2021: „Eine abwechslungsreiche, pflanzlich orientierte Ernährung mit einem hohen Anteil an Obst und insbesondere Gemüse, Hülsenfrüchten sowie ballaststoffreichen Lebensmitteln (...) sollte gefördert werden“, und weiter „Den Empfehlungen der DGE (Deutschen Gesellschaft für Ernährung) folgend, sollte der Konsum von tierischen Erzeugnissen reduziert werden.“
Tierisches nicht ausklammern
Was aber ist eigentlich eine pflanzenbetonte Ernährung? „Es geht nicht um die vollständige Vermeidung tierischer Produkte“, erklärt Dr. Margareta Büning-Fesel, Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung. Der Fokus liege aber hauptsächlich auf einer Förderung pflanzlicher Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, sagte die Expertin während einer Veranstaltung des Zentrums für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen.
Wenn es um den Konsum tierischer Erzeugnisse geht, gelte das Motto „weniger und besser“, erklärt Dr. Büning-Fesel und verweist auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz. Im Vordergrund stehe die Auswahl von Produkten mit höheren Tierwohlstandards.
Nachhaltige Ernährung meint allerdings mehr als die Diskussion darum, wie viel tierische Lebensmittel auf den Tisch kommen. Die Vermeidung von Lebensmittelverlusten spiele ebenso eine zentrale Rolle, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
Folgen der aktuellen Ernährungsweise
Die aktuelle Ernährungsweise habe nicht nur dazu geführt, dass Übergewicht und Adipositas in den vergangenen 30 Jahren um ein Drittel zugenommen haben. Die Ernährung mit zu wenig Gemüse, Obst, Nüssen und Hülsenfrüchten und zu viel rotem Fleisch sei auch für 20 % aller frühzeitigen Todesfälle verantwortlich, sagt Florian Freund vom Thünen-Institut für Marktforschung. Gleichzeitig werde ein Drittel der menschenbezogenen Treibhausgasemissionen durch das Ernährungssystem verursacht.
Ernährungsempfehlungen werden angepasst
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) möchte künftig Umweltindikatoren in ihre Ernährungsempfehlungen mit einbeziehen, erklärt die Referentin. Ähnliche Ambitionen gibt es in anderen Ländern. In Dänemark beispielsweise soll die Bevölkerung zwei Drittel ihres Fleischkonsums durch Gemüse und andere Pflanzen ersetzen, um die ehrgeizigen Klimaziele des Landes zu erreichen. Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemission in dem Land um 70 % reduziert werden.
Trends in der Ernährung
Bleibt die Frage: Sind die Menschen wirklich bereit, ihren Fleischkonsum einzuschränken und mehr Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide in ihren Speiseplan einzubauen? Antwort darauf kann ein Trendreport geben, der die zehn wichtigsten Ernährungstrends 2023 beschreibt. Entstanden ist er nach einer Befragung von 170 Experten aus verschiedenen Fachgebieten, wie Ernährungsberatung, Wissenschaft und Lebensmittelindustrie. Dabei zeigt sich: Eine klimafreundliche und nachhaltige Ernährung sowie eine pflanzenbetonte Ernährung liegen in der Einschätzung der Experten auf den Plätzen eins und zwei.
Die Landwirte mitnehmen
Dr. Margareta Büning-Fesel ist es wichtig, in der Ernährung zwar den Fokus auf pflanzliche Produkte zu legen, Tierisches aber nicht auszuklammern. „Wir müssen die Landwirte mitnehmen“ sagt sie. Am Ende müssten alle von einer Ernährungsumstellung profitieren.
Chancen für die Landwirtschaft?Mit der Frage,
wie sich veränderte Ernährungsgewohnheiten auf die Landwirtschaft auswirken, hat sich Florian Freund vom Thünen-Institut für Marktanalyse beschäftigt. Als Grundlage für die Berechnungen verwendete das Institut die so genannte
Planetary Health Diet (PHD), eine von der EAT-Lancet-Kommission entworfene Ernährungsweise, die im Einklang mit Umwelt- und gesundheitlichen Zielen ist. Sie beinhaltet wenig tierische und vermehrt pflanzliche Lebensmittel. Das Thünen-Institut hat untersucht, welche Auswirkungen es auf die Landwirtschaft hätte, wenn die europäische Bevölkerung diese Ernährungsweise schrittweise umsetzen würde.
Würde die PHD zu 30 % umgesetzt, würde das für die deutschen Landwirte im Jahr 2030 Einkommenseinbußen von gut 12 % bedeuten. Bis 2050 wäre den Berechnungen zufolge aber eine Steigerung des Einkommens um mehr als 10 % möglich. Nachteilig wirke sich die Umstellung vor allem auf Länder und Regionen mit einem hohen Anteil an Tierproduktion aus, wie den Norden und Westen Deutschlands.
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