Eltern sind häufig verunsichert, wie sie die Haut ihrer an Neurodermitis erkrankten Kinder optimal pflegen können. Wie sollten sie dabei vorgehen?
Das A und O bei Neurodermitis ist eine entsprechende Basispflege der Haut. Selbst wenn die Haut intakt oder nur trocken und minimal gerötet ist, sollte mindestens einmal täglich eingecremt werden. Verwenden Sie Cremes und Salben je nach Hautzustand des Kindes: Je entzündeter die Haut, desto weniger Fett sollte verwendet werden. Bei älteren Kindern kann auch bei verdicktem Hautzustand mit Harnstoff gearbeitet werden, je kleiner das Kind, desto weniger Harnstoff.
Tipp: Bewahren Sie Hautpflegemittel wie Lotionen und Cremes im Sommer im Kühlschrank auf. Dann haben Sie beim Auftragen einen zusätzlich kühlenden Effekt auf der Haut.
Die Basispflege sorgt für eine entsprechende Versorgung der Haut und die Barrierefunktion der Haut bleibt erhalten. Wichtig ist, dass das Kind das notwendige Prozedere als möglichst angenehm empfindet. Beziehen Sie es daher je nach Alter mit ein. Es darf beispielsweise die Creme holen oder immer auch einen Körperteil selbst eincremen. Lässt der Hautzustand es zu, kann man das Eincremen auch mit einer angenehmen Massage kombinieren. Bewährt haben sich auch regelmäßige Ölbäder oder Duschen zur Reinigung der Haut.
Die Haut der Kinder ist ohnehin sehr trocken. Schadet da nicht häufiges Duschen?
Nein, in der Regel können die Kinder zwei- bis dreimal pro Woche duschen oder baden, wenn Sie Folgendes beachten: Meiden Sie grundsätzlich Seifen. Die trocknen die Haut noch zusätzlich aus. Besser geeignet sind pH-neutrale Waschemulsio-nen, die den Säureschutzmantel aufrechterhalten. Hat das Kind offene Hautstellen, so können Sie diese vor dem Baden oder Duschen dünn eincremen. Duschen ist für die Haut günstiger, weil alte Cremereste sowie abgestorbene Hautschuppen sofort abgespült werden.
Die Wassertemperatur sollte nicht höher als 35 °C sein. Wärmeres Wasser erhöht den Juckreiz. Baden Sie nicht länger als zehn Minuten, weil sonst die Haut zu stark aufweicht. Günstig ist es, wenn Sie zum Schluss das Kind etwas kühler abduschen, besser noch sind Wechselduschen. Diese regen die Talg- und Schweißdrüsen an. Das fördert den Aufbau des natürlichen Säureschutzmantels.
Jedoch sollte das Alter des Kindes beachtet werden, da Wechselduschen auch kreislaufbelastend sein kön-nen. Spielerisch lassen sich Wechselduschen bei älteren Kindern mithilfe von mit kaltem Wasser gefüllten Bechern oder Gießkannen durchführen, mit denen Sie einzelne Körperteile begießen.
Nach dem Baden oder Duschen die Haut nicht abrubbeln, sondern möglichst nur trocken abtupfen oder klopfen, um zusätzliche Reizungen der Haut zu vermeiden.
Wann sind spezielle Badezusätze sinnvoll?
Verschlechtert sich der Hautzustand, sind zwei- bis dreimal in der Woche medizinische Bäder zu empfehlen. Je nach Symptomatik werden unterschiedliche Badezusätze eingesetzt. Ölbäder wirken rückfettend und verhindern während des Badens, dass die Haut Fett verliert. Bei trockener und schuppiger Haut haben sich spreitende Ölbäder bewährt, die einen dünnen Ölfilm auf der Wasser-
oberfläche bilden. Diese spreitenden Ölbäder wirken stärker rückfettend als emulgierende Ölbäder. Zusätze mit Gerbstoffen lindern Entzündungen und Juckreiz. Desinfizierende Badezusätze können bei bakteriellen Hautinfektionen eingesetzt werden. Wichtig ist, dass das Kind nach dem Baden wieder eingecremt wird.
Was besser hilft: Lotion oder Salbe
- Bei akuten Entzündungen auch mit nässenden Hautarealen sind eher eine Lotion oder Creme angebracht. Je akuter die Entzündung, das heißt je stärker die Rötung und Überwärmung der Haut ist, desto geringer sollte der Fettanteil und desto größer sollte der Wasseranteil des Hautpflegemittels sein.
- Bei chronisch trockenen und nicht entzündlichen Hautzuständen sind Salben mit höherem Fettanteil und einem geringeren Wasseranteil zu verwenden.
- Generell ist darauf zu achten, dass alle Hautpflegeprodukte weder Duft-, Farb- noch Konservierungsstoffe enthalten.
Was ist zu tun, wenn die Haut trotz Basistherapie zunehmend rot und sehr trocken ist, sich Hautstrukturen vergrößern und das Kind kratzt?
Dann reicht die Basispflege allein nicht mehr aus. Zusätzlich lassen sich jetzt schwach antientzündliche Wirkstoffe, beispielsweise mit Zinkoxid, auf die Haut auftragen. Bei Bedarf können auch antiseptische Wirkstoffe, wie zum Beispiel Triclosan, aufgebracht werden, die äußerlich gegen Bakterien und Pilze wirken. Bewährt haben sich auch feuchte Umschläge.
Was lässt sich gegen quälenden Juckreiz unternehmen?
Grundsätzlich ist Kühlen eine hilfreiche Maßnahme. Sie können die juckenden Hautstellen unter fließendes kaltes Wasser halten oder ein feuchtes, kaltes Baumwolltuch aus glattem Material auf die juckende Hautstelle legen. Gut geeignet sind auch Coldpacks, die im Kühlschrank gekühlt werden. Schlagen Sie diese in ein Baumwolltuch ein und legen es auf die Hautpartie. Einen zusätzlichen Kühleffekt erzielen Sie, wenn Sie auch noch das Tuch befeuchten. Je kleiner die Kinder, desto vorsichtiger sollten Sie mit dem Coldpack umgehen. Kleine Kinder nehmen die Packs in den Mund und könnten somit die bläuliche Substanz verschlucken.
Sind die Hautstellen offen, nässend oder blutig, haben sich auch feuchte Umschläge, etwa mit Kochsalz (0,9 %) oder schwarzem Tee, bewährt. Schwarzteeumschläge kühlen nicht nur. Sie enthalten auch Gerbstoffe, die die nässenden Stellen austrocknen, desinfizieren und heilend wirken. Dazu gießen Sie zwei Teebeutel Schwarztee mit 200 ml abgekochtem Wasser auf und lassen alles 20 Minuten ziehen. Eine Kompresse in den abgekühlten Tee tauchen und auf die Hautstelle legen. Der schwarze Tee sollte auch frei von Farb-, Aroma- und Konservierungsstoffen sein.
Halten die Beschwerden weiter an, lindern oft auch fett-feuchte Umschläge. Hilft auch das nicht ausreichend, können juckreizlindernde Wirkstoffe mit beispielsweise Polidocanol verordnet werden.
Ansonsten gilt: Geben Sie dem Kind etwas in die Hand, dann sind seine Hände beschäftigt und das Kind abgelenkt. Älteren Kindern kann man erklären, dass sie nicht kratzen dürfen, dafür besser an einer intakten Hautstelle kneifen, drücken oder reiben können, um Linderung zu erfahren.
Säuglinge und Kleinkinder kratzen sich oft nachts. Schneiden Sie die Fingernägel kurz und ziehen dem Kind Fäustlinge als Kratzschutz über. Hilfreich kann auch ein spezieller Neurodermitis-Anzug sein.
Im Akutzustand bilden sich häufig Knötchen. Die Haut ist sehr trocken, gereizt, gerötet oder nässt, blutet und ist entzündet. Was hilft?
In diesem Stadium werden oft zusätzlich zu den erwähnten Maßnahmen antientzündliche Wirkstoffe verordnet. Dazu zählen cortisonhaltige Cremes in einer dem Alter entsprechend angepassten Wirkstärke und Dosierung sowie mit geringem Risiko für Nebenwirkungen. Sehr fettreiche Cremes und Salbengrundlagen sind jetzt zu vermeiden.
Bei gereizter, offener, nässender und entzündeter Haut sollten Sie die Pflegeprodukte nicht einreiben, sondern eher einklopfen, um einen Kühleffekt zu erzielen. Vor allem bei nässender Haut ist es sinnvoll, das Kind täglich zu baden. Auch fett-feuchte Verbände sind hilfreich.
Wie sind verkrustete bzw. entzündete Wunden zu behandeln?
Zur Wundheilung eignen sich spezielle Verbände. Offene und nässende Hautstellen decken Sie mit einer sterilen und mit Vaseline imprägnierten Verbandsgaze ab, um Verkrustungen zu vermeiden. Zuvor wird eine entsprechende, stadiengeeignete Creme oder Salbe aufgetragen und die Gaze darübergelegt und mit Baumwolltupfer abgedeckt.
Darüber wird ein Verband angelegt, der nicht zu fest und zu dick sein darf, damit kein Wärmestau entsteht. Hat sich die Haut infiziert, sollte eine Verbandsgaze mit Antibiotikaauflage, wie beispielsweise mit Fucidinsäure, verwendet werden.
Nehmen die Beschwerden trotz dieser Behandlung erneut zu, können bei Kindern im Alter ab zwei Jahren gegebenenfalls Immunsuppressiva, beispielsweise mit dem Wirkstoff Pimecrolimus oder Tacrolimus, aufgetragen werden. Darüber entscheidet der Arzt.
Das Interview können Sie im Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben nachlesen auf den Gesundheitsseiten der Ausgabe 23 vom 06. Juni 2019.
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