Bislang konnten sich Erwachsene in Deutschland gegen das SARS-CoV-2-Virus nur impfen lassen, wenn sie gemäß der Priorisierung zur Personengruppe gehörten, die bevorzugt geimpft wurde.
Eine Ausnahme von dieser Regelung gilt seit Montag für den Impfstoff des US-amerikanischen Herstellers Johnson & Johnson. Durch den Beschluss der Bund-Länder-Runde vom 6. Mai gilt dies bereits auch für den Vektorimpfstoff des britisch-schwedischen Konzerns Astrazeneca. Jetzt dürfen sich alle Erwachsenen unabhängig von ihrer Priorisierung nach Aufklärung über Risiken durch den Arzt mit diesen Impfstoffen impfen lassen.
Vorgezogene Zweitimpfung bei Astrazeneca möglich
Der Impfstoff von Johnson & Johnson muss nur einmal verimpft werden. Für eine Immunisierung durch den Vektorimpfstoff von Astrazeneca sind zwei Impfungen erforderlich. Der Abstand zur Zweitimpfung muss laut Bund-Länder-Beschluss nun nicht mehr zwölf Wochen betragen, wie es die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt. In Absprache zwischen Arzt und Impfling kann die zweite Impfung bereits nach vier Wochen erfolgen.
Impflinge sollten aber wissen, dass der Impfstoff dann möglicherweise nicht so gut wirkt. Die Wirksamkeit des Impfstoffes von Astrazeneca bei vollständiger Impfung wird durchschnittlich mit 76 % angegeben. Damit ist der Impfstoff nicht ganz so wirksam wie der von Biontech/Pfizer und Moderna, aber Experten beurteilen ihn dennoch für gut.
Laut einem Bericht der europäischenZulassungsbehörde EMA beträgt die Wirksamkeit einer zweimaligen Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca im Abstand von vier bis acht Wochen jedoch nur gut 50 %. Erfolgt die zweite Impfung zwölf und mehr Wochen später, steige die Wirksamkeit auf rund 72 bis gut 82 %.
Stiko empfiehlt Impfstoff weiterhin erst ab 60
Der Vektorimpfstoff von Astrazeneca steht seit seiner Zulassung jedoch in der Kritik. In der Vergangenheit sind nach der Impfung mit dem Covid-19 Vaccine Astrazeneca seltene Fälle von Thrombosen bei Geimpften aufgetreten. Aufgefallen sind insbesondere Hirnvenenthrombosen, aber auch von Thromben in Venen der Eingeweide und Lungenembolien wurde berichtet. Vereinzelt wurden zusätzlich eine erhöhte Gerinnungsaktivität oder Blutungen im ganzen Körper beobachtet.
Dem Paul-Ehrlich-Institut sind bis zum 15. April 59 Fälle von Sinus- und Hirnvenenthrombosen nach Impfung mit dem Astrazeneca-Impfstoff gemeldet worden, darunter 45 Frauen und 14 Männer. Die Symptome traten vier bis 16 Tage nach der Impfung auf, und zwar überwiegend bei Frauen im Alter von bis zu 55 Jahren. Auch Männer und Ältere waren betroffen.
Basierend auf dieser Datenlage und unabhängig von der politischen Entscheidung empfiehlt die Stiko die Impfung mit dem Vektorimpfstoff von Astrazenca im Regelfall nur für Erwachsene im Alter über 60 Jahren.
Zweitimpfung soll mit mRNA-Impfstoff erfolgen
Laut Stiko muss eine begonnene Impfserie mit demselben Produkt abgeschlossen werden. Eine Ausnahme gilt bei der Impfung von Personen unter 60 Jahren, die bereits eine erste Dosis mit dem Covid-19 Vaccine Astrazeneca erhalten haben. Für sie empfiehlt die Stiko derzeit eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff wie beispielsweise von Biotech/Pfizer.
Die zweite Impfung soll zwölf Wochen nach der Erstimpfung erfolgen. Bislang fehlen zwar noch Studien zu Impfungen mit verschiedenen Mitteln. Doch Experten wie Prof. Dr. Sandra Ciesek machen sich keine Sorgen, dass dadurch eine geringere Immunantwort ausgelöst wird. Wie die Virologin im NRD-Podcast erklärte, geben unter anderem tierexperimentelle Daten den Hinweis darauf, dass der Wechsel von einem Vektorimpfstoff auf einen mRNA-Impfstoff nicht nur kein Problem ist, sondern eventuell sogar eine bessere Immunantwort auslöst.
Der Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffes für eine zweite oder erste Impfdosis bleibt jedoch auch unterhalb der Altersgrenze von 60 Jahren – nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung – möglich, so die Stiko.
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