Neues Leben nach dem Krebs

Krebs verändert das Leben nachhaltig. Wie sehr das auch dann noch gilt, wenn die eigentliche Erkrankung überstanden ist, das musste Marlies Burholt aus Warendorf erfahren.

Marlies Burholt hat den Krebs besiegt. Drei Jahre liegt ihre letzte Chemotherapie zurück. Mittlerweile müsst die 48-Jährige in ihr altes Leben zurückgefunden haben, oder? Weit gefehlt. Nichts ist heute mehr so wie es vorher war.

Der Krebs und die Therapie haben das Leben der Frau komplett umgekrempelt. Statt nach und nach wieder in ihren alten Beruf als Altenpflegerin einzusteigen und ihren Nebenerwerbsbetrieb weiterzuführen, kämpft sie darum, ihre Rente bewilligt zu bekommen. Denn arbeiten kann sie nicht mehr. Doch von Anfang an:

Operation, Chemo, Reha...

Am 18. September 2010, spürt Marlies Burholt plötzlich Schmerzen im Unterleib. Der Arzt vermutet eine Zyste. Sie wird operiert, die Zyste entfernt und die Ärzte beruhigen sie, es sei nichts Bösartiges. Wenige Tage später erhält sie einen Anruf: Die Zyste war doch bösartig. „Dieser Anruf hat mein Leben verändert“, erinnert sie sich.

Im Oktober wird sie ein zweites Mal operiert und im Anschluss erhält sie sechs Chemotherapien. Nach der Operation muss sie wieder neu laufen lernen. Das schafft sie, aber sie ist ständig müde und kraftlos.

Als die Chemotherapie im März 2011 abgeschlossen ist, folgt eine Anschlussheilbehandlung auf der Insel Föhr. „Ich dachte, jetzt geht es bergauf“, erinnert sie sich. Doch Marlies Burholt bleibt schwach und müde. Hinzu kommen Schmerzen im ganzen Körper. Es stellte sich heraus, dass sie, vermutlich als Folge der Krebstherapie, eine Polyneuropathie erworben hat, die rheumatische Beschwerden verursacht.

Versuch zurück ins Leben

Anfang 2012 versucht sie eine Wiedereingliederung in ihren Beruf, doch der Versuch scheitert. Inzwischen geht es ihr schlechter als nach der Chemotherapie. Dabei sollte es doch eigentlich bergauf gehen.

Dann endlich bekommt ihr Leiden einen Namen: Fatigue. Damit bezeichnen Mediziner eine krankhafte Müdigkeit und Erschöpfung. Diese chronische Krankheit ist eine häufige Folge von Krebsbehandlungen. Ihre Müdigkeit, die Schwäche und vieles mehr läßt sich jetzt erklären. Besser geht es ihr deshalb nicht.

Nie wieder arbeiten?

Für Marlies Burholt und ihre Ärzte steht fest, dass sie wohl nicht wieder arbeiten können wird. Das zu akzeptieren fällt ihr schwer, doch jetzt gilt es, nach vorn zu schauen. Weil ihr Arbeitsvertrag ausgelaufen ist, lebt sie derzeit von Harz IV. Bereits vor zwei Jahren hat sie einen Rentenantrag gestellt. Dieser wurde nach einer Vorstellung beim medizinischen Dienst abgelehnt. „Ein Fatigue ist eben schwer zu diagnostizieren“, ist die einzige Erklärung, die Marlies Burholt für diese Entscheidung hat. Sie würde ja gern arbeiten, aber ihr fehlt die Kraft dazu.

Leben neu ordnen

Trotz aller Rückschläge schafft Maries Burholt es, sich nicht hängen zu lassen. Statt dessen versucht sie, wieder ein Gleichgewicht in ihrem Leben zu finden. Doch es fällt ihr schwer, das Leben neu zu sortieren. „Schließlich weiß ich nicht, wie es weitergeht“, beschreibt sie die Ungewissheit. Seit etwa 18 Monaten ist ihre gesundheitlicher Zustand weitgehend unverändert. Die Ärzte haben ihr gesagt, dass sich der Fatigue häufig nach fünf Jahren bessert. Recht glauben kann sei das nicht.

Um nicht in einer Depression zu versinken, unter der viele Fatigue-Patienten leiden, gibt sie sich Mühe, ihren Tagen eine Struktur zu geben. „Es ist wichtig, dass ich einen Tag-Nacht-Rhythmus behalte. Ich muss morgens aufstehen und mich anziehen.“ Sie versucht möglichst viel an die frische Luft zu gehen und etwas mit den Freunden und Bekannten, die ihr geblieben sind, zu unternehmen.

Ungewisse Zukunft

In die Zukunft schaut sie mit gemischten Gefühlen. Durch den Fatigue hat sie hat nicht nur stark an Lebensqualität eingebüßt, sondern muss auch erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen. Zurzeit kämpft sie weiter um ihre Rente. Ihre Mutterkuhherde hat sie inzwischen verkauft. Was auf Dauer aus dem Hof wird, weiß sie nicht. „Ich müsste meine Eltern eigentlich unterstützen, ziehe sie aber mit rein“, stellt sie mit Bedauern fest. Ihr größter Wunsch ist es, wieder arbeiten zu können. „Wenn ich sehe, dass manche alte Leute mehr können als ich – das ist hart!“ Wul

Die ausführliche Reportage finden Sie im Wochenblatt Folge 10/2014 auf den Gesundheitsseiten.


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