Zecken

Borreliose: Kuhblut macht Erreger tot

Beißen infizierte Zecken einen Wiederkäuer, tötet das die Borreliose-Erreger in ihnen ab. Rinder durchbrechen damit den Infektionskreislauf. Das sagt Biologin Dr. Dania Richter von der Technischen Universität Braunschweig in einem Interview.

In Europa gibt es eine Reihe von Zeckenarten und Borrelien-Arten. Nicht alle Zecken übertragen die Erreger der Lyme-Borreliose, und nicht alle Borrelien machen krank. Welche werden dem Menschen gefährlich?

Parasitologin Dr. Dania Richter, Institut für Geoökologie

In Europa gibt es sieben Lyme-Borrelien-Arten. Doch nur fünf dieser Arten können den Menschen krank machen. Übertragen werden sie nur vom Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus), der häufigsten Zecke in Deutschland. Er kann bis zu fünf Jahre alt werden und kommt in jedem Entwicklungsstadium auch mehr als ein Jahr ohne Nahrung aus. Er lauert auf bodennahen Pflanzen und Sträuchern in einer Höhe von bis zu 1 m auf seine Wirte.

Zecken durchleben verschiedene Stadien und saugen Blut, um sich weiter zu entwickeln. Dabei können sie sich mit Borrelien infizieren und diese weiter übertragen. Wie funktioniert dieser Kreislauf?

Die Zecke schlüpft als winzige Larve aus dem Ei und ist noch nicht mit dem Erreger der Lyme-Borreliose infiziert. Sie entwickelt sich nach einer Blutmahlzeit zur Nymphe und nach einer weiteren Mahlzeit zur erwachsenen Zecke. Dazu sucht sie Wirte wie Nagetiere, Vögel, Eidechsen oder auch größere Säugetiere auf. Im Larvenstadium kann sich die Zecke bei der Blutmahlzeit an einem infizierten Vogel oder Nagetier anstecken. Nach ihrer Häutung kann sie die Erreger der Lyme-Borreliose bei der nächsten Blutmahlzeit übertragen, auch auf den Menschen.

In verschiedenen Studien haben Sie gezeigt, dass Wiederkäuer den Übertragungszyklus von Erregern der Lyme-Borreliose unterbrechen. Berichten Sie uns davon.

Bei einem Landwirt in Flensburg konnten wir von Galloway-Rindern, die zur Landschaftspflege eingesetzt werden, etwa 450 Zeckennymphen absammeln. Die Untersuchung der Zecken im Labor ergab, dass keine der Zecken Lyme-Borrelien in sich hatten. Von der erst seit kurzem beweideten Fläche haben wir zusätzlich 480 hungrige Zecken gesammelt und untersucht. Davon war etwa ein Drittel infiziert. Somit hätten von den 450 Zecken, die auf den Rindern Blut gesaugt hatten, eigentlich 150 infiziert sein müssen. Waren sie aber nicht.

Welche Schlussfolgerung ziehen Sie daraus?

Wiederkäuer, wie Rinder, sind in der Lage, die Erreger der Lyme-Borreliose in der infizierten Zecke abzutöten. Während der Blutmahlzeit am Wiederkäuer sterben die Lyme-Borrelien im Mitteldarm der Zecke. Sie kann dann bei der nächsten Blutmahlzeit den Erreger nicht mehr übertragen. Damit durchbrechen Wiederkäuer als Wirtstiere der Zecke den Infektionszyklus.

Rinder auf der Weide sind gut für uns“.
Diese Besonderheit hat der Parasitologe Prof. Franz-Rainer Matuschka von der Charité schon vor mehr als zwei Dekaden bei Untersuchungen in der Schorfheide nördlich von Berlin an Reh-, Rot-, Muffel- und Damwild beschrieben. Und auch in Projekten auf Weiden in Baden-Württemberg haben wir gezeigt, dass die Beweidung mit domestizierten Wiederkäuern, wie Rinder, Schafe, Ziegen, gleichzeitig auch den Lebensraum der Zecken verschlechtert. Sie verringern also die Anzahl der Zecken insgesamt und auch den Anteil der infizierten Exemplare. Welche Substanzen im Blut der Wiederkäuer dafür verantwortlich sind, wissen wir noch nicht. Das bedarf weiterer Studien.

Wie lange die Zecke saugt
Bevor die Zecke zubeißt, kann sie eine Weile auf der Haut herumkrabbeln. Ja nach Stadium saugt sie unterschiedlich lang:
Larven (0,5 mm) 3 bis 5 Tage;
Nymphen (1,5 mm) 5 bis 7 Tage;
Erwachsene, weibliche Zecke (5 mm) 7 bis 14 Tage.
Erreger der Lyme-Borreliose werden nicht sofort übertragen. Man geht von etwa 20 Stunden aus, bevor eine Ansteckung erfolgen kann. Aber keine Panik: Nicht jede Zecke ist infiziert. Und nur ein kleiner Teil von unter 1,5% der damit infizierten Menschen erkrankt tatsächlich.

Zecken werden bereits ab Temperaturen um die 8 °C aktiv. Was sind ihre optimalen Lebensbedingungen?

Zecken mögen es feucht und schattig. Sie sind hierzulande vermehrt im Frühling und Frühsommer von März bis Juni aktiv. Eine Infektion mit Lyme-Borreliose ist vor allem dann möglich. Sie finden optimale Bedingungen im Gras, an Zweigen von Sträuchern und lauern dort auf ihre Wirte, von denen sie sich im Vorbeigehen abstreifen lassen. Heiß und trocken mag es der Gemeine Holzbock nicht. Meist ist er nach den heißen Sommertagen nochmals im September und Oktober aktiv.

Wie Sie sich am besten vor Zeckenbissen schützen, erfahren Sie im Beitrag auf den Gesundheitsseiten der Wochenblattausgabe 35/2019.

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