Vermutlich haben die Menschen schon vor 9000 Jahren Nahrungsmittel fermentiert, um sie haltbar zu machen. Derzeit feiert diese Form der Lebensmittelverarbeitung eine kleine Renaissance. Menschen machen sich wieder mehr Gedanken um Nachhaltigkeit und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Da bietet sich die Fermentation an. Dass derart veredelte Lebensmittel für die Gesundheit des Menschen von Vorteil sein können, ist ein erfreulicher Nebeneffekt.
Fermentation verleiht einen charakteristischen Geschmack
Fast alle Gemüsesorten lassen sich fermentieren, ebenso Obst, Milch, Getreide, Fleisch oder Fisch. Fermentationsprozesse sind zudem verantwortlich für den typischen Geschmack von Kaffee, Schwarztee, Bier oder Schokolade.
Während des Vorgangs, der mehrere Wochen oder Monate dauern kann, verändert sich das Lebensmittel. Aus Weißkohl wird Sauerkraut, aus Milch wird Joghurt, Kefir oder Käse und aus Trauben wird Wein. Der pH-Wert sinkt und das Lebensmittel wird länger haltbar. Gleichzeitig verändern sich der Geschmack und die Konsistenz.
Formen des Fermentierens
Anhand der Mikroorganismen, die beteiligt sind, wird unterschieden:
- Milchsäurefermentation: Milchzucker wird von Lactobazillen bzw. deren Enzymen in Milchsäure umgewandelt. Beispiele: Käse, Sauermilchprodukte, Gemüse.
- Alkoholische Fermentation: Hefen sorgen dafür, dass aus Glucose Alkohol entsteht. Beispiele: Bier, Wein, Met, Brot.
- Essigsäurefermentation: Essigsäurebakterien wandeln Alkohol in Essig um. Beispiel: Essig.
- Gemischte Fermentation: Verschiedene Mikroorganismen wirken mit. Beispiel: Sauerteig.
Darüber hinaus wird danach unterschieden, wie der Prozess startet:
- Eine spontane, auch wilde Fermentation genannt, kommt durch Milchsäurebakterien in Gang, die sich zum Beispiel in den Schalen und Blättern des Ausgangsprodukts befinden. Wichtig ist, das richtige Milieu zu schaffen, bei dem sich nur die erwünschten Mikroorganismen vermehren, nicht aber krankmachende Keime. Bei der Fermentation von Gemüse kommt häufig Salz zum Einsatz, denn Salz fördert das Wachstum von Milchsäurebakterien.
- Im Gegensatz dazu steht die Fermentation mithilfe zugesetzter Mikroorganismen. Sie wird häufig in der Industrie eingesetzt, zum Beispiel, um Joghurt herzustellen.
Gesundheitliche Effekte von fermentierten Speisen
Fermentierten Produkten wird eine Reihe gesundheitlicher Effekte nachgesagt. Manche davon sind wissenschaftlich belegt, andere bisher nicht. Hier einige Beispiele:
- Nährstoffe – Untersuchungen darüber, wie sich die Inhaltsstoffe der Lebensmittel durch die enzymatische Gärung verändern, gibt es zum Teil. So erhöht sich bei Früchten und Gemüse zum Beispiel der Gehalt an Vitaminen, insbesondere an B-Vitaminen und Vitamin K, schreibt die „Ernährungs Umschau“. Fermentierte Kohlgewächse enthalten Stoffe, die vor freien Radikalen und vor der Entstehung von Krebs schützen. Sauermilchprodukte und Sojabohnen enthalten bioaktive Eiweiße, die einen günstigen Effekt auf Entzündungen haben können.
- Leichter bekömmlich – Einige fermentierte Produkte gelten als besonders bekömmlich. Beispielsweise vertragen einige Menschen mit Reizdarmsyndrom Sauerteigbrot besser als herkömmliches. Menschen mit Laktoseintoleranz vertragen Sauermilchprodukte oft besser als Milch, denn darin ist ein Teil des Milchzuckers bereits abgebaut. Außerdem enthalten Joghurtbakterien ein Enzym, das im Dünndarm Laktose spaltet.
- Günstige Bakterien – Die lebenden Mikroorganismen, die mit den fermentierten Produkten verzehrt werden, sollen im Darm ihre positive Wirkung entfalten. Sie sollen beispielsweise das Immunsystem stärken, vor Allergien schützen oder Krebserkrankungen vorbeugen. Inwiefern sich die lebenden Mikroorganismen aber tatsächlich im menschlichen Darm ansiedeln können, ist nicht sicher. Dennoch gehen Wissenschaftler davon aus, dass fermentierte Lebensmittel zur Bakterienvielfalt im Darm beitragen. Die Vielfalt und die Zusammensetzung der Darmbakterien können möglicherweise das Risiko für bestimmte Krankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Depressionen verringern. Außerdem wird die Funktion des Immunsystems durch eine große Bakterienvielfalt im Darm gestärkt.
Abwechslung im Speiseplan durch sauer Eingelegtes
Über all diese Zusammenhänge ist bisher wenig bekannt. Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass nicht einzelne Bakterien entscheidend für gesundheitliche Effekte sind, sondern die Vielfalt an Mikroorganismen, die sich in fermentierten Lebensmitteln findet, heißt es in einer Veröffentlichung des Max Rubner-Instituts.
Offizielle Empfehlungen zum Verzehr von fermentierten Lebensmitteln gibt es bisher nicht. Dennoch ist es durchaus sinnvoll, häufiger fermentierte Produkte in den Speiseplan aufzunehmen. Durch interessante Geschmacksrichtungen bringen sie Abwechslung auf den Teller.
Mit Vorsicht genießen
Unter bestimmten Voraussetzungen kann es sinnvoll sein, fermentierte Speisen zu meiden:
- Bei Histamin-Intoleranz,
- denn durch den Gärprozess steigt der Histamingehalt.
- Bei einem empfindlichen Magen kann die zusätzliche Säure zum Problem werden.
- Kleinkinder sollten keine fermentierten Früchte essen, denn sie können Alkohol enthalten.
Wer selbst Gemüse fermentieren möchte, erfährt hier, wie es geht: