Alkoholtrinken in der Schwangerschaft – besser nicht. Der Genuss promillehaltiger Getränke ist die häufigste Ursache von kindlichen Fehlbildungen, die nicht erblich bedingt sind. Aber auch Störungen der geistigen und körperlichen Entwicklung können durch mütterlichen Alkoholgenuss während der Schwangerschaft entstehen. Im Fachjargon ist beim Vollbild der Erkrankung vom fetalen Alkoholsyndrom (FAS) die Rede. Es betrifft ca. 10% aller durch Alkohol während der Schwangerschaft geschädigten Kinder.
Leider handelt es sich um ein sehr häufiges Problem. Jedes Jahr werden in Deutschland ca. 2000 Kinder mit fetalem Alkoholsyndrom geboren, hinzu kommen ungefähr weitere 4000 Kinder mit Hirnschäden durch Alkohol. Dies zeigt sich erst im Lauf der kindlichen Entwicklung zum Beispiel durch Störungen der Wahrnehmung oder Konzentration, durch Lerndefizite oder Verhaltensauffälligkeiten.
Alkohol schädigt dauerhaft
Alkohol ist ein starkes Zellgift, das für alle Zellen und Gewebe toxisch ist. Die Giftwirkung entfaltet sich besonders in schnell wachsenden Organen wie zum Beispiel dem Gehirn oder dem Herzen. Da aber insgesamt jede Körperzelle mehr oder weniger betroffen ist, sinken insgesamt die Zellzahlen des Organismus und die überlebenden Zellen können nicht mehr so schnell wachsen. Dadurch sind die Kinder schon im Mutterleib untergewichtig und zu klein. Insbesondere das Wachstum des Schädels bleibt aufgrund der Gehirnschädigung zurück. Untersuchungen haben gezeigt, dass bis zu 30% der Hirnzellen untergehen und dadurch die Hirnmasse schrumpft.
Es bestehen Toleranzen
Beim Erwachsenen wird Alkohol in der Leber zu Wasser und Kohlendioxid verstoffwechselt. Das ungeborene Kind hat eine unreife Leber und kann Alkohol nicht abbauen. Es ist dem mütterlichen Alkoholpegel schutzlos ausgeliefert. Manchmal findet man im kindlichen Blut höhere Promillewerte als im mütterlichen Blut. Nicht nur die Höhe des Alkoholspiegels, sondern auch die Dauer des Ausgesetztseins spielt eine Rolle.
Sowohl chronischer Alkoholgenuss als auch periodisches Exzesstrinken schädigen das Kind. Zusätzlich kommt es zu einem Vitamin- und Nährstoffmangel, da alkoholkranke Mütter oft keine gesunde Ernährung haben und selbst häufig fehl- oder unterernährt sind. Das verschärft die Situation für das Kind. Und trotzdem erleiden nicht alle Kinder, die hohen Dosen von Alkohol in der Schwangerschaft ausgesetzt waren, ein FAS, sondern nur 30 bis 40%.
Offensichtlich bestehen erblich bedingte unterschiedliche Toleranzen der Gewebe auf Alkohol. Dies weiß man auch aus Zwillingsstudien. Eineiige Zwillinge haben meist ein gleich starkes FAS, während zweieige Zwillinge oft unterschiedlich stark betroffen sind.
Anzeichen für ein FAS
Kinder mit dem Vollbild eines fetalen Alkoholsyndroms (siehe Grafik) fallen schon während der Schwangerschaft durch ein verzögertes Wachstum und Untergewicht auf. Auch im weiteren Verlauf ihres Wachstums bleiben die Kinder zurück: Mädchen werden meist nicht größer als 155 cm und Jungen bleiben unter 170 cm.
Der Kopf ist aufgrund der verzögerten Gehirnentwicklung zu klein. Die Augenlider hängen oft herab, die Lidspalten sind kurz und schmal, die Nase flach, die Oberlippe dünn. Die Furche zwischen Nase und Oberlippe, fehlt oft oder ist nur angedeutet vorhanden. Die Zähne und der Unterkiefer sind auffallend klein.
Sowohl die körperliche als auch die geistige Entwicklung verlaufen verzögert. Motorik, Sprache und Wahrnehmung sind gestört, später kommt es zu Lernschwierigkeiten, sozialen und emotionalen Störungen. Verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration, motorische Unruhe, ständiges Herumzappeln sind oft weitere Symptome. Seh- und Hörstörungen sind häufig. Fehlbildungen der Organe, wie Herzfehler, Gaumenspalten, Trichterbrust, Nierenfehlbildungen sind ebenfalls anzutreffen. Selbst im Erwachsenenalter sind die Patienten aufgrund eines erniedrigten Intelligenzquotienten sowie Angststörungen, Depressionen oder Impulskontrollstörungen auf fremde Hilfe angewiesen.
Keine Aussicht auf Heilung
Die Schäden, die das Kind im Mutterleib durch Alkohol erlitten hat, können nicht rückgängig gemacht werden. Durch unterstützende Therapien wie Frühförderung, Physiotherapie, Ergotherapie, therapeutisches Reiten oder Verhaltenstherapie kann aber in allen Bereichen Unterstützung angeboten werden, damit Betroffene ihren Alltag möglichst selbstständig erledigen können. Bei einem IQ oft unter 75 sind aber viele Patienten lebenslang auf fremde Hilfe angewiesen.
Übrigens:
Tabakkonsum in der Schwangerschaft löst zwar keine Missbildungen aus. Allerdings verschlechtert Nikotin die Versorgung des Kindes mit Nährstoffen und Sauerstoff. Das Ungeborene gedeiht nicht optimal, was alkoholbedingte Störungen des Wachstums noch verschlimmert.
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