Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine und obendrein die anhaltende Unsicherheit, wie es aufgrund der enormen Veränderungen in der Landwirtschaft mit dem eigenen Betrieb weitergehen kann, sind mehr, als manch einer verkraften kann. Was dabei auffällt: Während einige Menschen schwierige Lebenslagen gut wegstecken und ihren Lebensmut trotz allem nicht verlieren, stecken andere tief in einer psychischen Krise und werden krank, psychisch ebenso wie körperlich. Woran liegt das? Das Schlüsselwort heißt Resilienz.
Was sind meine Stärken?
Der Begriff Resilienz bezeichnet die psychische Fähigkeit und das Verhalten, mit Stress, Krisen und Schicksalsschlägen gut umzugehen und sie als Herausforderungen zu sehen, an denen man wachsen kann. Diese Fähigkeit lässt sich durch das eigene Verhalten beeinflussen. Das beginnt damit, zu hinterfragen, wie man selbst mit Belastungen umgeht. Gleichzeitig sollte man sich die eigenen Stärken bewusst machen, sagte René Träder, Psychologe und Buchautor aus Berlin, in seinem Vortrag auf der Jahreshauptversammlung des Kreislandfrauenverbandes Borken.
Eltern sollten dabei ein Vorbild für ihre Kinder sein. Ein erster Schritt könnte sein, am Abendbrottisch nicht ständig zu meckern und zu jammern. „Reden und leben Sie lösungsorientiert“, forderte René Träder die Landfrauen auf. Dazu gehöre auch, Emotionen zuzulassen. „Emotionen haben einen Sinn. Sie geben Energie zum Handeln“, sagte der Psychologe. Denn darum geht es: Ins Handeln zu kommen, anstatt in negativen Gefühlen zu versinken. Wer immer wieder über Negatives nachdenkt, raubt sich selbst Energie.
Auf Körpersignale hören
Jeder Mensch hat eine Schwelle der psychischen Belastbarkeit. René Träder vergleicht die einzelnen Stresssituationen, Krisen und Schicksalsschläge mit Salamischeiben, die übereinandergelegt werden. Überschreitet der Salami-Turm die Schwelle der Belastbarkeit, macht der Körper mit verschiedenen Symptomen darauf aufmerksam, dass es ihm zu viel wird. Mögliche Symptome sind:
- Kopfschmerzen,
- Migräne,
- Verdauungsbeschwerden,
- Gereiztheit,
- Drang zu ungesundem Essen,
- Suchtanfälligkeit.
Problematisch wird es, wenn mehrere Symptome zusammenkommen und über längere Zeit anhalten. „Der Körper redet mit uns“, erklärte der Referent und forderte dazu auf, zuzuhören und darauf zu reagieren. Anstatt an den Ursachen etwas zu verändern, würden aber häufig nur die Symptomen behandelt.
Kontakte geben Kraft
Wie schnell die Schwelle der Belastbarkeit erreicht ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Krisen wie die Corona-Zeit haben beispielsweise dazu geführt, dass die psychische Belastbarkeit der Menschen abgenommen hat. Denn der Kontakt zu anderen Menschen gibt Kraft, schwierige Situationen durchzustehen. Während der Pandemie waren solche Kontakte aber kaum möglich. „Das hat unserer Psyche geschadet“, sagte der Psychologe.
Ressourcen aktivieren
Der Mensch hat aber die Möglichkeit, die Schwelle der Belastbarkeit zu erhöhen, indem er Ressourcen mobilisiert. Ressourcen, die unsere mentale Gesundheit stärken, sind zum Beispiel die Familie, Freunde, ein angenehmes Wohnumfeld, die Mitgliedschaft in Vereinen oder auch eine Psychotherapie. Einige Ressourcen stecken in jedem selbst, wie eine optimistische Denkweise, Mut oder Handlungsfähigkeit. Andere sind ganz praktischer Natur, zum Beispiel ein Rollator. Zur Ressource wird etwas aber erst dann, wenn es genutzt wird. Ein Rollator, der ungenutzt in der Ecke steht, bringt den Menschen keinen Meter weiter.
Die eigene Resilienz stärken
Jeder hat die Möglichkeit, seine Resilienz zu beeinflussen. René Träder nennt dafür acht Faktoren:
1. Kontakte zu anderen Menschen knüpfen und pflegen: Der Psychologe rät zum Beispiel dazu, Personen, die einem nahestehen, regelmäßig Wertschätzung und Dankbarkeit zu zeigen.
2. Verantwortung übernehmen: Überlegen Sie, was Sie selbst tun können, um ein gutes Leben zu haben. Nach einem Schicksalsschlag ist es wichtig, die Opferrolle so schnell wie möglich wieder zu verlassen.
3. Akzeptieren: Das Problem sollte klar benannt werden. Nur wer sich eingesteht, dass er in einer Ehekrise steckt oder ein Alkoholproblem hat, kann Lösungen finden.
4. Die Zukunft im Blick haben: Menschen sollten Ziele haben und täglich daran arbeiten, den Zielen ein Stück näherzukommen.
5. Lösungen suchen: Überlegen Sie, was Sie selbst tun können, um ein Problem zu lösen. Dabei darf es auch zu Fehlern kommen. Seien Sie offen für neue Wege.
6. Optimismus: Gut ist ein Grundvertrauen: Das wird schon klappen! Um Optimismus zu trainieren, schlägt der Psychologe vor: Überlegen Sie jeden Abend, was an dem Tag gut war.
7. An sich selbst glauben: Die innere Überzeugung, schwierige Situationen gut meistern zu können, wird auch als Selbstwirksamkeit bezeichnet.
8. Erholung: Pausen müssen gezielt eingeplant werden. Manchmal reicht es schon, für eine Minute die Augen zu schließen und kurz abzuschalten.
Lesen Sie mehr: