Parkinson

Mit Parkinson leben lernen

Bis heute ist zwar kein Mittel gefunden, das Parkinson heilen könnte. Möglichkeiten, das Leben mit der Krankheit zu verbessern, gibt es aber durchaus.

Parkinson ist eine fortschreitende Krankheit, die bis heute nicht heilbar ist. Es gibt aber gute Therapiemöglichkeiten, mit denen die Betroffenen lange ihr gewohntes Leben weitgehend weiterführen können. Welche das sind, erläuterten Experten des Universitätsklinikums Münster (UKM) anlässlich eines Patiententags.

Levodopa ist Mittel der Wahl

Wichtigstes Element der Parkinson-Therapie ist nach wie vor die medikamentöse Therapie mit Levodopa, sagt Prof. Dr. Tobias War­necke. In der Vergangenheit gab es Vermutungen, dass sich die frühe Therapie mit Levodopa schädlich auswirken könnte. In Studien konnten jedoch keine Hinweise auf eine schädigende Wirkung von Levodopa nachgewiesen werden. Durch Levodopa lässt sich die Lebensqualität des Betroffenen erhöhen, da die typischen Symptome nachlassen.

Aktivierende Therapie kann Symptome abmildern

Ebenso wichtig wie die medikamentöse Behandlung sind aktivierende Therapiemaßnahmen, wie Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie. Mit gezielter Physiotherapie lassen sich viele Krankheitssymptome hinauszögern oder abmildern. Wichtig ist, dass die Therapie frühzeitig beginnt, erklärt Isabell Stickdorn, Physiotherapeutin am UKM. Optimalerweise ist sie auf die individuellen Beschwerden des Patienten abgestimmt. Leidet der Patient beispielsweise unter Gleichgewichtsstörungen, sind Tanztherapie oder Nordic Walking geeignete therapeutische Maßnahmen.

Tabletten mit Wackelpudding einnehmen

Sehr häufig sind bei Parkinson-Patienten auch Schluckstörungen zu beobachten, weiß Logopädin Sigrid Ahring. Beispielsweise bleiben Reste fester Kost im Rachen stecken. Die Logopädin trainiert mit solchen Patienten, kräftig zu schlucken. Damit Tabletten besser rutschen, sollten sie mit Wackelpudding oder Fruchtmus eingenommen werden.

Klagt ein Patient über vermehrten Speichelfluss, liegt das häufig daran, dass er zu selten schluckt. In solchen Fällen empfiehlt die ­Expertin Rituale. Beispielsweise soll der Betroffene immer vor dem Sprechen schlucken. Bewährt hat sich das Training mit dem EMST-­Gerät. Damit wird das Ausatmen gezielt trainiert. Bei Sprechstörungen empfiehlt sich ein LSVT-Loud-Training. Das ist ein spezielles Trainingsprogramm, das die Stimme des Patienten stabil hält.

Operative Therapie: Die Tiefe Hirnstimulation

Bei der Tiefen Hirnstimulation (THS) werden Elektroden in das Gehirn implantiert. Diese Elektroden lassen sich über einen Stimulator steuern, der in die Brust implantiert wird. Durch die Impulse werden bestimmte Bereiche des Gehirns stimuliert. Dadurch können einzelne Parkinson-Symptome, zum Beispiel das Zittern der Hände, gezielt verbessert werden. Zudem lässt sich der Medikamentengebrauch verringern. Die THS ist vor allem für Patienten geeignet, die sich durch andere Therapien nicht gut einstellen lassen.

Vorsicht bei Hypes, die Heilung versprechen

Neben diesen wissenschaftlich gut erforschten Therapiemaßnahmen gibt es immer wieder Meldungen über Wundermittel, die bei Parkinson helfen oder die Krankheit heilen sollen. Dr. Inga Claus von der Klinik für Neurologie am UKM hat einige solcher Heilsversprechen näher unter die Lupe genommen. Belege dafür, dass sich Parkinson durch Akupunktur, bulgarischen Joghurt oder grünen Tee behandeln ließe, gibt es ihren Nachforschungen zufolge nicht.

Das Gleiche gilt für Cannabis, wenngleich er inzwischen für die Behandlung von Parkinson zugelassen ist. Ärzte können es verschreiben, wenn übliche Maßnahmen nicht erfolgreich waren. Bisher gibt es nur vier sehr kleine Studien, anhand derer die Wirkung von Cannabis bei Parkinson erforscht wurde. In diesen Studien konnte keine nennenswerte Verbesserung nachgewiesen werden. Dennoch ist es nach Ansicht von Dr. Inga Claus einen Versuch wert, sofern alle konventionellen Therapien ausgeschöpft sind.

Parkinsonnetz Münsterland+ optimiert die Therapie

An der Behandlung von Parkinson sind verschiedene Personen, Institutionen und Fachbereiche beteiligt. Um alle Elemente unter einen Hut zu bringen und die multidis­ziplinäre Therapie zu optimieren, wurde das Parkinsonnetz Münsterland+ gegründet. Derzeit sind in diesem Netzwerk etwa 130 Personen verzeichnet. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, Physiotherapeuten, Logopäden, pharmazeutische Unternehmen, Apotheken und Selbsthilfegruppen.
Ein Kernelement des Netzwerks sind die sogenannten Quickcards. Darin sind Standards für die The­rapie bestimmter Parkinson-Symptome festgeschrieben. Mit ihrer Zertifizierung sichern die beteiligten Ärzte und Therapeuten zu, dass sie Parkinson-Patienten gemäß den Empfehlungen dieser Quickcards behandeln.
In Zukunft sollen sich auch Patienten über eine der beteiligten Institutionen in das Netzwerk einschreiben können. Damit werden sie Anspruch darauf haben, gemäß den Quickcards behandelt zu werden.
Nähere Informationen sowie eine Liste mit allen bisher verzeichneten Partnern des Netzwerks finden Sie im Internet unter www.ukm.de. Geben Sie in die Suchmaske „Parkinsonnetz Münsterland“ ein.

Das könnte Sie auch interessieren:

Am Universitätsklinikum Münster wird derzeit ein mobiles System zur Bewegungsanalyse von Menschen mit Parkinson erprobt. Damit soll die Diagnosemöglichkeit verbessert werden.

Bestimmte Nahrungsmittel oder Getränke können die Wirkung einiger Arzneimitteln beeinflussen. Solche Wechselwirkungen sind nicht zu unterschätzen. Es macht aber auch einen Unterschied, zu welchem...


Mehr zu dem Thema