Menopause: Alles ist relativ

Wechseljahre führen zu hormonbedingten Veränderungen im Körper. Die Beschwerden können so stark sein, dass sie behandlungsbedürftig sind.

Hitzewellen, Schweißausbrüche, Stimmungsschwankungen – die Bandbreite der Beschwerden, die Frauen in den Wechseljahren zu schaffen machen können, ist groß.

Jede Frau reagiert individuell sehr unterschiedlich auf die hormonell bedingten Veränderungen im Körper. Während etwa ein Drittel der Frauen gar keine Beschwerden hat, sind sie bei einem weiteren Drittel so leicht, dass die Frauen keine Therapie für nötig halten. Lediglich beim letzten Drittel sind die Symptome so stark, dass sie oft behandelt werden.

Wie die Therapie aussehen kann, und welche Beschwerden in der Menopause auftreten können, darüber informierte vergangene Woche Prof. Dr. Ludwig Kiesel vom Universitätsklinikum in Münster (UKM). Auf Einladung der Landfrauen im Kreis Steinfurt referierte der Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vor rund 70 Landfrauen in Saerbeck.

Eine eher – andere später

Manche Frauen kommen schon mit 40, andere erst mit 57 Jahren ins Klimakterium. So heißt die Zeit der hormonellem Umstellung vor und nach der letzten Monatsblutung. „In der westlichen Welt sind Frauen etwa 51,5 Jahre alt, wenn sie ihre letzte Periode haben“, berichtet Prof. Dr. Ludwig Kiesel. In dieser Zeit verändern sich die Konzentrationen der Geschlechtshormone. Vor allem der Mangel an Östrogenen kann für Frauen zur körperlichen und psychischen Belastung werden.

Die häufigsten Beschwerden, die Frauen in einer von Prof. Dr. Kiesel zitierten Studie nannte, sind: Vergesslichkeit, Schlafstörung, Hitzewallung, unzufriedenes Erscheinungsbild, Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörung, nächtliche Schweißausbrüche, Brustschmerzen, Inkontinenz, Schläfrigkeit, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, vaginaler Ausfluss oder auch genitaler Juckreiz bzw. Brennen. Fast alle Frauen hatten mindestens eines dieser Symptome, die Hälfte sogar zwischen acht und zwölf.

Wie stark die Beschwerden sind, sei immer abhängig von der Wahrnehmung. Was die eine Frau als unerträglich und belastend empfindet, ist für die andere noch gut auszuhalten. „Alles ist relativ“, so der Mediziner. Das gelte auch für die Behandlung. Die Therapie, die der einen Frau hilft, bewirkt bei der anderen in gleicher Dosierung nicht zwangsläufig den gleich guten Erfolg.
Phytoöstrogene wirken

Frauen fragen vor allem nach alternativen und komplementären Therapiemöglichkeiten, sagt der Mediziner. Hitzewallungen und Schweißausbrüche ließen sich durch die Einnahme von täglich 40 bis 80 mg Isoflavonen um bis zu 50 % reduzieren. Dabei handelt es sich um sekundäre Pflanzenstoffe. Diese kommen in unterschied­licher Konzentration und biochemischer Struktur in Pflanzen wie zum Beispiel Soja und Rotklee vor.

Sie haben die Fähigkeit, ähn­liche Effekte wie körpereigene Östrogene auszulösen. „Eine Nahrungsergänzung mit Sojabohnen ist harmlos. Dies gilt jedoch nicht für isolierte Isoflavone, die oft in zu hoher Dosierung verkauft werden“, informiert Experte Kiesel. Über die Wirksamkeit beispielsweise von Ginseng, Hopfen, Lakritz und Keuschbaum gebe es keine aussagekräftigen Studien.

„Sicher lassen sich Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Herzklopfen indes mit einer Hormon­ersatztherapie lindern“, erklärt Prof. Dr. Kiesel. Symptome wie eine trockene Scheide sind damit ebenfalls gut zu behandeln. Und auch psychische Symptome wie Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Nervosität und Depression lassen sich mit Hormonen lindern. Möglicherweise schütze eine Hormonersatztherapie vorbeugend auch gegen Osteoporose, Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

In der Regel werden die Hormone als Tabletten eingenommen. Sie können aber auch als Pflaster, Gel, Vaginalzäpfchen, Spritze oder über eine Hormonspirale verabreicht werden. Frauen, die noch eine Gebärmutter besitzen, erhalten Präparate mit Östrogen und Gestagen; Frauen ohne Gebärmutter ausschließlich Östrogene.

Krebsrisiko 0,2 % erhöht

Grundsätzlich werde die niedrigste wirksame Dosierung über einen individuell ganz unterschiedlichen Zeitraum verabreicht. Ob eine Hormonersatztherapie für eine Frau infrage kommt, müsse immer individuell entschieden werden. Bei bestimmten Erkrankungen ist Vorsicht geboten. Und bei entsprechender Vorbelastung erhöhe sich das Risiko für Thrombosen um das Zwei- bis Dreifache. Auch kann bei einer kombinierten Hormonersatztherapie das Brustkrebsrisiko geringfügig erhöht sein.

Eine Untersuchung habe gezeigt: Bei 1000 Frauen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren werden durch eine fünfjährige kombinierte Hormonersatztherapie zwei zusätzliche Brustkrebsdiagnosen gestellt, was 0,2 % entspricht. Bei mehr als zehn Jahren Therapie liegt die Zahl bei sechs zusätzlichen Befunden. Doch auch das sei in Relation zu sehen, denn das Brustkrebsrisiko werde durch andere Faktoren weitaus stärker beeinflusst.

Gesünder leben

So erkranken 45 Frauen mehr an Brustkrebs, wenn sie in den Wechseljahren mehr als 20 kg zunehmen. 27 mehr Fälle von Brustkrebs gehen auf das Konto von täglichem Alkoholkonsum mit mindestens zwei Drinks. Ähnlich negativ wirken sich Bewegungsmangel und Rauchen aus, was dafür spricht, gesünder zu leben. LHo


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