Da Fleisch als besonders klimaschädlich gilt, fordern viele Wissenschaftler und Organisationen, den Anteil an „Plant based“, also pflanzenbasierter Kost, zu steigern. Aber wie viel Plant based soll es denn sein? Wäre es aus ökologischen Gründen sinnvoll, ganz auf tierische Lebensmittel zu verzichten?
70 % Pflanzenkost sollte es sein
Eine mögliche Antwort liefert die sogenannte Planetary Health Diet. Dabei handelt es sich um eine Strategie für Landwirtschaft und Ernährung, welche die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen schützen soll. Entwickelt wurde sie von Wissenschaftlern aus 16 Ländern und verschiedenen Disziplinen, darunter Klimaforscher und Ernährungswissenschaftler.
Dieser Strategie zufolge sollte der Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln zwischen 68 und 74% liegen. Mit einem Anteil von etwa 65% kommt Deutschland dieser Empfehlung schon sehr nahe, zeigt der Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach bei einem Online-Vortrag, zu dem die Kreislandfrauenverbände Steinfurt, Münster, Warendorf und Gütersloh eingeladen hatten. Beim Fleischverzehr liegt Deutschland allerdings deutlich über den Empfehlungen.
Nährstoffgehalt mit bewerten
Pauschal zu sagen, dass pflanzliche Lebensmittel für das Klima gut sind und tierische schlecht, geht jedoch an der Realität vorbei, sagt der Experte. Bei der Klimawirkung eines Lebensmittels gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede, je nachdem, wo und unter welchen Bedingungen es erzeugt wurde.
Außerdem geht es nicht nur um die Menge eines Lebensmittels, sondern auch um den ernährungsphysiologischen Wert. Tierische Lebensmittel liefern einige wichtige Nährstoffe, die in pflanzlichen Produkten nicht enthalten sind, oder in einer Form, die für den Körper schlechter verfügbar ist, zum Beispiel Eiweiße, B-Vitamine und einige Mineralstoffe.
Reale Verzehrsmengen vergleichen
Wird die Klimawirkung einzelner Lebensmittel verglichen, werden dabei oft die Treibhausgas-Emissionen pro Kilogramm oder Liter gegenübergestellt. Realistischer ist jedoch der Vergleich real verzehrter Lebensmittel. Das zeigt eine Berechnung des Thünen-Instituts. So hat Butter bezogen auf ein Kilogramm zwar einen sehr hohen ökologischen Fußabdruck. Bezogen auf die reale Verzehrmenge, machen Öle und Fette – wozu Butter gehört – jedoch weniger als 1% der durch den Lebensmittelverzehr verursachten Treibhausgase aus.
Das Thünen-Institut hat ermittelt, welchen Anteil einzelne Lebensmittelgruppen – bezogen auf die real verzehrten Mengen – an den gesamten, durch die Ernährung bedingten Treibhausgas-Emissionen haben. Danach entfallen die größten Anteile auf:
- Fleisch 37 %,
- Getränke 16 %,
- Getreide 13 %,
- Milch, Milchprodukte 13 %,
- Gemüse 6 %.
Aber lässt sich der CO2-Fußabdruck durch eine Ernährungsumstellung verringern? Um diese Frage zu beantworten, zieht Dr. Malte Rubach abermals Berechnungen des Thünen-Instituts heran. Das Institut hat verglichen, wie sich die Treibhausgas-Emissionen verändern würden, wenn wir uns nach den Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ernähren würden. Die DGE empfiehlt zum Beispiel, weniger Fleisch und dafür mehr Gemüse zu essen.
Gemüse und Obst müssen importiert werden
Rechnerisch ließen sich bei einer solchen Ernährungsweise beim Fleischverzehr 35 % an Emissionen einsparen. Bei Gemüse allerdings würden die Treibhausgas-Emissionen um gut 200 % steigen. Denn wenn weniger Fleisch gegessen wird, muss der Verzehr pflanzlicher Lebensmittel zunehmen. Die Anbaufläche für Gemüse reicht in Deutschland aber schon für die Produktion der aktuellen Verzehrmengen nicht aus. Das bedeutet, dass mehr Gemüse aus anderen Ländern importiert werden müsste. Die Anbaubedingungen im Erzeugerland sowie zum Teil weite Transportwege verursachen jedoch mitunter hohe Treibhausgas-Emissionen. Deshalb kann eine Ernährung nach den Regeln der DGE tatsächlich klimaschädlicher sein als die aktuelle Ernährungsweise der Deutschen, sagt Dr. Malte Rubach.
Mehr Wasser für vegane Kost
Hartnäckig hält sich die Zahl, dass für die Erzeugung von 1 kg Rindfleisch 15.000 l Wasser verbraucht werden. Weltweit gesehen ist das richtig. Es gibt aber große regionale Unterschiede. In Deutschland liegt der Wasserverbrauch für 1 kg Rindfleisch bei knapp 8000 l. Davon entfallen knapp 6700 l auf sogenanntes grünes Wasser, also Regenwasser, und 138l auf Frischwasser, auch als blaues Wasser bezeichnet, erklärt Dr. Malte Rubach.
Verglichen mit der derzeitigen Ernährungsweise der Deutschen lässt sich der Wasserverbrauch durch eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise nicht reduzieren, im Gegenteil: Er steigt sogar. Nach Berechnungen des WWF (World Wide Fund For Nature) werden für die Ernährung in Deutschland 29,21m3 Wasser pro Person und Jahr verbraucht. Bei einer veganen Ernährungsweise steigt dieser Wert auf 45,41m3. Denn das in Deutschland verzehrte Obst und Gemüse wird zum Teil aus trockenen Regionen importiert, in denen viel bewässert werden muss.
Landnutzung mitberücksichtigen
Neben der Klimawirkung spielt die Landnutzung eine große Rolle bei der ökologischen Bewertung von Lebensmitteln, denn landwirtschaftliche Nutzfläche ist begrenzt verfügbar. Weltweit kann 36% der gesamten Landmasse landwirtschaftlich genutzt werden. Davon entfallen 39% auf Grasland und 29% auf den Anbau pflanzlicher Lebensmittel.
Bezogen auf den realen Lebensmittelverzehr in Deutschland zeigt sich, dass der Fleischverzehr mit 24% den größten Anteil an der Landnutzung hat. Auf Platz zwei liegen auch hier, wie bei den Treibhausgas-Emissionen, die Getränke. Insgesamt ist der Verzehr tierischer Lebensmittel für 35% der Landnutzung verantwortlich, der Verzehr pflanzlicher Lebensmittel für 47%.
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