Wie Laufen, Radfahren oder Schreiben will auch Zahnpflege gelernt sein. Zunächst ist es die Aufgabe der Eltern, durch sorgfältige Zahnpflege bei den Kindern für einen guten Zahnstatus zu sorgen. Nach und nach sollen die Kinder aber lernen, selbst Verantwortung für ihre Zahngesundheit zu übernehmen. Es lohnt sich, Karies schon bei den Milchzähnen vorzubeugen. Denn Kinder ohne Milchzahnkaries haben später ein geringeres Risiko für Karies an den bleibenden Zähnen.
Spielerisch putzen lernen
„Am Anfang steht die spielerische Gewöhnung im Vordergrund und nicht die perfekte Belagsentfernung“, sagt Dr. Wilfried Beckmann, Zahnarzt aus Gütersloh. Dabei ist es wichtig, dass die Kleinen lernen, den Mund zu öffnen und das Putzen im Mund zu akzeptieren. Es reicht, wenn die Eltern das bei den ersten Zähnchen einmal am Tag machen. Das jedoch sollten sie ritualisieren, also fest in den Tagesablauf einbauen.
Zahnpasta ist für dieses erste Putzen zwar nicht erforderlich. Um das Putzen jedoch als Ritual einzuführen, macht Zahnpasta auch schon in dieser Phase Sinn. Bei der Wahl der Zahnpasta sollten Eltern sich mit dem Kinderarzt oder dem Zahnarzt abstimmen, um eine Über- oder Unterdosierung von Fluorid zu vermeiden. Fluorid schützt die Zähne vor Karies. Eine chronische Überdosierung kann jedoch die Mineralisierung der Zahnkeime stören. Die Zähne sind dann fleckig gelbbraun oder kreidig weiß. Im Frühjahr dieses Jahres haben sich Experten verschiedener Fachgremien auf eine einheitliche Empfehlung zur Fluoridgabe geeinigt (siehe Kasten).
Einheitliche Empfehlungen zur Fluorid-Gabe bei Kindern
Im Frühjahr haben mehrere Fachgesellschaften einheitliche Empfehlungen zur Kariesprävention mit Fluorid herausgegeben. Bis dahin hatten Kinderärzte und Zahnärzte unterschiedliche Empfehlungen vertreten, was zu großer Unsicherheit bei den Eltern führte. Auf Folgendes haben sich die Gremien geeinigt:
- Kinder bis zum Alter von zwölf Monaten sollen Fluorid entweder über Tabletten oder über eine fluoridierte Zahncreme bekommen.
- Entscheiden sich die Eltern für fluoridierte Tabletten, sollte die Zahnpasta kein Fluorid enthalten.
- Nach dem ersten Geburtstag sollte die Fluoridierung ausschließlich über eine Zahncreme erfolgen.
- Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres sollte die Zahnpasta nur reiskorngroß aufgetragen werden.
- Ab zwei Jahren wird aus dem Reiskorn eine Erbse.
- Bis sechs Jahre sollte die Zahnpasta 1000 ppm Fluorid enthalten.
- Ab sechs Jahren kann Zahnpasta für Erwachsene verwendet werden, mit 1200 bis 1450 ppm Fluorid.
Extra-Gabe an Fluorid
Um die Zähne zusätzlich mit Fluorid zu versorgen, gibt es spezielle Pasten, zum Beispiel Elmex Gelee. Es hat eine Konzentration von 1,25 %, das entspricht 12 500 ppm Fluorid. Nach Empfehlung von Dr. Wilfried Beckmann sollten solche Pasten eingesetzt werden, wenn das Pflegen allein mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta nicht ausreicht. Das kann zum Beispiel bei Kindern mit einer Schmelzhypoplasie der Fall sein. Bei dieser wahrscheinlich genetisch bedingten Störung haben die Kinder sehr dünne Schmelzschichten auf dem Dentin. Diese entkalken schnell und platzen ab. Zahnärzte empfehlen dann eventuell, einmal pro Woche ein Fluorid-Gel anzuwenden, um den Schmelz unlöslicher zu machen.
Auch bei festsitzenden Zahnspangen kann die Anwendung sinnvoll sein, denn kaum ein Kind schafft es, die Zähne um die Brackets so gründlich zu reinigen wie es notwendig wäre.
Grundsätzlich sollte hochkonzentrierte Fluorid-Pasten nur in Rücksprache mit dem Zahnarzt oder dem Kieferorthopäden angewandt werden. Eine Anwendung ohne Indikation könnte zu einer Überdosierung führen, warnt Dr. Beckmann.
Putzen nach der KAI-Methode
Nach und nach sollten die Kinder selbst an die Zahnpflege herangeführt werden. Allein kann ein Kind etwa dann putzen, wenn es flüssig schreiben kann. Erst dann verfügt es über die notwendige Feinmotorik. Bis dahin gilt: Das Kind sollte seine Zähne putzen, während die Eltern auch selbst ihre Zähne putzen. Danach sollten die Eltern beim Kind systematisch nach der KAI-Methode nachputzen, also zuerst die Kauflächen (K), dann die Außenflächen (A) und zum Schluss die Innenflächen (I). „So bekommen die Kinder es auch in der Kita, der Schule und beim Zahnarzt vermittelt“, sagt Dr. Beckmann.
Ein Tipp vom Experten: Um zu kontrollieren, ob die Kinder es schaffen, alle Beläge zu entfernen, empfiehlt der Zahnarzt, einmal pro Woche nach dem Putzen eine Färbetablette zu kauen. Danach ist zu erkennen, welche Bereiche beim Putzen nicht erreicht wurden. Dann sollte das Kind nachputzen, bis die Anfärbungen weg sind.
Zahnseide für die Backenzähne
Damit die Beläge auch in den Zahnzwischenräumen entfernt werden, rät Dr. Beckmann zur Verwendung von Zahnseide. Denn trotz guter Pflege tritt Karies häufig im Wechselgebiss auf. Besonders gefährdet dafür ist die Stelle zwischen den beiden Milchbackenzähnen, auf der Hinterseite des vorletzten Zahnes. In diesem Bereich ist die Schmelzschicht extrem dünn, sodass der Zahn besonders anfällig für Karies ist. Deshalb empfiehlt der Experte den Eltern, den Raum zwischen diesen Milchbackenzähnen einmal täglich mit Zahnseide zu pflegen, jeweils rechts und links sowie oben und unten. Ältere Kinder können das auch selbst machen. Sogenannte Flossetten sind dabei eine gute Hilfe. Das sind Bögen aus Kunststoff, in die Zahnseide eingespannt ist.
Zweimal pro Jahr Kontrolle beim Zahnarzt
Zur Zahnpflege gehört neben dem Putzen aber auch die Kontrolle beim Zahnarzt. Zusätzlich zu den etablierten Vorsorgeuntersuchung U1 bis U9 gibt es seit einigen Jahren die Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt (UZ). Die erste dieser Untersuchungen, die UZ 5, sollte wie die U5 im sechsten bis siebten Lebensmonat durchgeführt werden. Sie fällt in den Zeitraum, wenn in der Regel der erste Zahn kommt. Bis zum sechsten Lebensjahr gibt es insgesamt sechs UZ-Termine. Die Ergebnisse dieser Kontrollen sollten im zahnärztlichen Untersuchungsheft dokumentiert werden, das in dem gelben Untersuchungsheft eingeklebt ist. Auf diese Weise soll der Austausch zwischen Kinder- und Zahnarzt verbessert werden.
Zum Teil liegen die UZ-Termine bis zu einem Jahr auseinander. Eine Kontrolle beim Zahnarzt sollte jedoch mindestens alle sechs Monate erfolgen, bei Kindern mit erhöhtem Karies-Risiko sogar alle drei Monate, sagt Dr. Wilfried Beckmann.
Fissuren bei Bedarf versiegeln
Die Versiegelung jeweils der beiden bleibenden Backenzähne vor den Weisheitszähnen gehört zur Regelleistung der Krankenkassen. Dennoch sollte im Einzelfall geprüft werden, ob eine Versiegelung sinnvoll ist. „Bei einem Kind mit naturgesundem Gebiss und nachweislich gut gepflegten Zähnen muss nichts versiegelt werden“, erklärt Dr. Wilfried Beckmann. Denn wo kein Belag ist, da ist auch keine Kariesgefahr.
Anders sieht es aus, wenn die Rillen auf den Kauflächen so geformt sind, dass kleine Hohlräume entstehen. Aus diesen Hohlräumen lassen sich die Beläge kaum entfernen. Um den Bereich zu schützen, ist dann eine Versiegelung sinnvoll. Das erkennt der Zahnarzt und wird die Eltern entsprechend beraten. Grundsätzlich gilt, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig versiegeln, sagt Dr. Beckmann.
Bei Milchzähnen macht eine Versiegelung in der Regel keinen Sinn. Die Struktur des Schmelzes ist beim Milchzahn anders als bei einem bleibenden Zahn. Deshalb haftet die Versiegelung auf Milchzähnen schlechter.