Geht es um die Ernährung ihrer Kinder, ist davon auszugehen, dass den Eltern in erster Linie das Wohl der Kleinen am Herzen liegt. Die Meinungen darüber, was die beste Ernährung für Säuglinge und Kinder ist, gehen allerdings auseinander. Die offiziellen Empfehlungen sind zwar sehr eindeutig. Doch Ernährung ist viel mehr als die Zufuhr von Nährstoffen.
Offizielle Empfehlungen für die Kinderernährung
Für die Ernährung von Kindern gibt es in Deutschland sehr genaue Orientierungshilfen. Das Forschungsdepartement für Kinderernährung in Bochum zeigt mit dem Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr sowie mit der daran anschließenden Optimierten Mischkost einen wissenschaftlich basierten Fahrplan für die Kinderernährung auf.
Bei einer Ernährung, die sich an diesen Vorgaben orientiert, ist davon auszugehen, dass das Kind mit allen Nährstoffe ausreichend versorgt ist. Lediglich die Versorgung mit Vitamin D ist kritisch. Deshalb erhalten Säuglinge meist Vitamin D als Nahrungsergänzung.
Neben persönlichen Vorlieben spielen Ideologien und Weltanschauungen eine große Rolle. So gibt es heute viele Eltern, die ihr Kind vegetarisch oder vegan ernähren möchten. Das kann zwar das Risiko bergen, dass bestimmte Nährstoffe nicht in ausreichendem Maß zugeführt werden. Diese Ernährung als „ungeeignet“ zu bezeichnen und den Eltern mit Vorwürfen zu begegnen, wäre aber der falsche Weg.
Defizite bei bestimmten Nährstoffen sind möglich
Sowohl der Ernährungsfahrplan für das erste Lebensjahr wie auch die Optimierte Mischkost (siehe Kasten) sehen tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier vor. Soll auf diese Lebensmittel verzichtet werden, muss der Ernährungsplan so angepasst werden, dass alle Nährstoffe ausreichend abgedeckt werden. Ob es dabei zu Defiziten bei einzelnen Nährstoffen kommt, hängt vor allem davon ab, was das Kind tatsächlich ist. Denn bei Vegetariern gibt es große Unterschiede. Lacto-ovo-Vegetarier beispielsweise verzichten zwar auf Fleisch und häufig auch auf Fisch, essen aber Milch und Eier. Veganer hingegen ernähren sich ausschließlich von pflanzlicher Kost.
Je restriktiver die Ernährungsform ist, desto größer ist das Risiko für eine kritische Versorgung mit Nährstoffen, erklärt Prof. Dr. Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsdepartments Kinderernährung in Bochum. Anlässlich eines Seminars der Fachfrauen für Ernährungs- und Verbraucherbildung des Westfälisch-Lippischen Landfrauenverbands und des Rheinischen Landfrauenverbands nahm sie Stellung zur aktuellen Sicht auf eine fast ausschließlich pflanzliche Ernährung von Kindern.
Je mehr Einschränkungen, desto höher das Risiko für Nährstoffmangel
Die Zahl der kritischen Nährstoffe steigt mit dem Grad der Einschränkungen:
- Bei lacto-ovo-vegetarischer Ernährung fehlt es an: tierischem Protein, Eisen, Zink, Vitamin B12; bei Verzicht auf Fisch zusätzlich: Jod, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D;
- zusätzlicher Verzicht auf Eier: wie oben, zusätzlich Vitamin A;
- zusätzlicher Verzicht auf Milch (vegane Ernährung): wie oben, zusätzlich Vitamin B12, Calcium.
Eisenversorgung mit kluger Kombination sichern
Säuglinge sind in der Regel gut mit Eisen versorgt, denn sie werden mit einem Eisen-Depot geboren. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Mutter in der Schwangerschaft ausreichend Eisen aufgenommen hat. Vor allem im zweiten Lebensjahr ist Eisen jedoch ein kritischer Nährstoff, denn dann ist der Eisenbedarf besonders hoch.
Bei der Versorgung ist zu beachten, dass Eisen nicht gleich Eisen ist. Es kommt auf die Bioverfügbarkeit an, also darauf, zu welchem Anteil der menschliche Körper das aufgenommene Eisen verwerten kann. Diese Bioverfügbarkeit liegt bei Eisen aus Fleisch mit 20 % relativ hoch. Vollkorngetreide hat zwar einen recht hohen Gehalt an Eisen, die Bioverfügbarkeit liegt aber nur bei etwa 2 %.
Der Anteil des verfügbaren Eisens lässt sich erhöhen, wenn gleichzeitig Vitamin C vorliegt. Soll also beispielsweise beim Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei für einen Säugling das Fleisch ersetzt werden, bietet sich dafür eine Kombination aus Haferflocken und Vitamin C-haltigem Obst oder Obstsaft an. Auch bei älteren Kindern, die vegetarisch ernährt werden, sollten Eltern darauf achten, dass sie Vollkorngetreide mit Vitamin C-haltigem Obst oder Gemüse in einer Mahlzeit kombinieren.
Spezielle Jodnahrung für vegan ernährte Säuglinge
Die Versorgung mit Jod lässt sich zum Teil sichern, indem in der Küche ausschließlich Jodsalz verwendet wird. Auch das Brot, das beim Bäcker gekauft wird, sollte mit Jodsalz zubereitet worden sein. Eine wichtige Jodquelle ist außerdem Milch. Wird ein Kind jedoch vegan ernährt, fällt auch diese Quelle weg. Prof. Kersting empfiehlt in solchen Fällen, spezielle Jodnahrung für Säuglinge zu verwenden. Auch für ältere, vegan ernährte Kinder kann diese Jodnahrung dazu beitragen, den Bedarf zu decken.
Ein Nährstoff, der bei vegan ernährten Kindern unbedingt zu zu ergänzen ist, ist das Vitamin B12. Gegebenenfalls müssen darüber hinaus Vitamin D, Jod, Calcium und Eisen zusätzlich als Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden.
Eltern brauchen Unterstützung von Experten
Ob und mit welchen Nährstoffen ein Kind nicht ausreichend versorgt ist, muss durch den Kinderarzt abgeklärt werden. Kinderärzte empfehlen, bei vegan ernährten Kindern regelmäßig den Wachstums- und Entwicklungsverlauf zu kontrollieren. Das erfordert eine kontinuierliche Begleitung durch den Kinderarzt und zusätzlich durch eine Ernährungsfachkraft. Selbst Eltern, die ihr Kind lacto-ovo-vegetarisch ernähren, sollten die sichere Versorgung mit kritischen Nährstoffen abklären, empfiehlt Prof. Kersting. Das gilt besonders in Risikophasen, wie Schwangerschaft, Säuglings- und Kleinkindalter und in der Pubertät.
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