Infarkt: Zeit kostet Gewebe

Ist eines der drei großen Herzkranzgefäße verschlossen, wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. Es droht eine Herzinfarkt. Wird der erst spät behandelt, stirbt Gewebe ab.

Heinz fühlt sich schon seit Tagen nicht wohl. Er ist abgeschlagen und schwitzt viel. Zuerst glaubt er an eine schlechte Einstellung seines Diabetes.

Doch er überprüft die Blutzuckerwerte mehrmals selbst und kann sicherstellen, dass die Blutzuckerwerte in dem mit seinem Hausarzt vereinbarten „Korridor“ liegen. Am Samstag nach dem Maissilieren kann er einfach nicht mehr. Er bekommt schlecht Luft. Als er dann regelrecht nach Luft schnappen muss, im Gesicht ganz blau wird und sein Blutdruck nur noch bei 90/50 mmHg liegt, wird der Notarzt alarmiert.

Dieser kommt schnell, schreibt noch im Wohnzimmer ein EKG und stellt einen Herzvorderwandinfarkt fest. Heinz wird mit Blaulicht in die nächstgelegene Klinik mit einem Herzkatheter­labor gebracht. Dort wird die Vorderwandarterie innerhalb weniger Minuten geöffnet. Es wird eine Gefäßstütze (Stent) eingebaut, um das Gefäß offenzuhalten.

Ursache: Verkalkte Arterien

Als Herzinfarkt bezeichnet man ein teilweises Absterben des Herzmuskels. Auslöser ist eine gestörte Durchblutung bzw. ein Verschluss der Herzkranzgefäße. So heißen die Gefäße, die den Herzmuskel mit Blut versorgen. Ursache dafür ist meist eine Verkalkung dieser Arterien, Arteriosklerose genannt. Verantwortlich dafür sind meist hohe Cholesterinwerte und andere Fettstoffwechselstörungen, hoher Blutdruck, Diabetes, Rauchen, erbliche Vorbelastung, zunehmendes Lebensalter, Übergewicht und zu wenig Bewegung.

Bei bereits vorgeschädigten Herzkranzgefäßen kann es dann, beispielsweise durch Stresssituationen, Blutdruckschwankungen oder plötzliche Kraftanstrengungen zum Einreißen der weichen Cholesterin-Ablagerungen in der Gefäßwand kommen. Dadurch entsteht eine Wunde. Blutplättchen und Gerinnungsfaktoren werden aktiv und verschließen schlussendlich das Gefäß.

Der stille Herzinfarkt

Die meisten Menschen empfinden dann ein starkes Druckgefühl hinter dem Brustbein oder Schmerzen, die in den Kiefer, die Arme, den Rücken oder den Bauch ausstrahlen können. Es kann auch zu Herzrhythmusstörungen oder Blutdruckabfällen kommen. Einige Infarktpatienten empfinden allerdings keine Schmerzen. Man spricht dann von „stummen Infarkten“, von denen besonders Diabetiker oder ältere Menschen betroffen sind. Insbesondere bei Frauen wird der Herzinfarkt oft zu spät erkannt, weil sie manchmal nur über untypische Beschwerden wie Oberbauchbeschwerden, Schwächegefühl, Übelkeit und Erbrechen klagen.

Überlebenswichtig ist, dass Betroffene, die an den typischen – aber eben auch an seltener auftretenden – Beschwerden leiden, sofort medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Im Krankenhaus muss umgehend ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt werden. Hier zeigen sich typische Veränderungen, die auch auf die Größe und den Ort des Infarkts hinweisen. Der Arzt kann dann beurteilen, ob der Infarkt schwer ist, also alle Wandschichten der Herzmuskulatur betrifft. In dem Fall ist sofortiges Handeln erforderlich. Denn mit jeder verlorenen Minute stirbt unwiederbringlich mehr Herzmuskulatur ab.

Gefäß verschlossen

Einem solchen Patienten kann durch die umgehende Herzkatheteruntersuchung geholfen werden. Denn dabei lässt sich das verschlossene Gefäß wieder öffnen, aufdehnen und an der Verschlussstelle mit einer Gefäßstütze, einem sogenannten „Stent“, versorgen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung ist es wichtig, dass der Patient begleitend Medikamente zur Blutverdünnung erhält. Das ist erforderlich, um einerseits den Stent offen zu halten. Andererseits senken die Blutverdünner das Risiko, dass sich die Blutplättchen zukünftig verklumpen und erneut ein Herzkranzgefäß verstopfen. Meist ist es auch erforderlich, Blutdruck, Blutfette und Cholesterinwerte besser einzustellen.

Gefäß verengt

Zeigt das EKG keinen „großen“ Herzinfarkt an, können meist erst Blutproben entnommen und weitere Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Ist das Herz nicht ausreichend durchblutet, lassen sich bereits kurze Zeit nach Beschwerdebeginn Bestandteile von mangelhaft mit Blut versorgten Herzmuskelzellen im Blut nachweisen. In dem Fall ist dann doch kurzfristig eine Herzkatheteruntersuchung notwendig.

Bei diesem Eingriff lässt sich meist kein kompletter Gefäßverschluss finden. Doch auch eine deutliche Verengung der Herzkranzgefäße muss behoben werden, was im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung möglich ist. Bleibt der Infarkt unbehandelt, können bösartige Herzrhythmusstörungen auftreten, die das Leben des Patienten akut bedrohen. Als Folge kann es aber auch – zusätzlich – zu einer Pumpschwäche des Herzens kommen. Prof. Dr. Horstkotte