Corona

Impfen gegen das neue Corona-Virus

Noch in 2020 soll in Deutschland ein erster Impfstoff gegen das ­SARS-CoV-2-Virus zugelassen werden. Doch was ist bislang bekannt über die Impfstoffe und über das Impfvorgehen?

Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Ein Impfstoff gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 ist derzeit in Europa noch nicht zugelassen. Aber es gibt berechtigte Hoffnung. Das Mainzer Unternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer sowie der US-Konzern Moderna haben für ihre Produkte eine Zulassung in der EU beantragt. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer erhielt bereits eine Notfallzulassung der britischen Aufsichtsbehörde.

Laut Deutschem Ärzteblatt strebt die Europäische Arzneimittelagentur (EMA), die für die Verfahren in der EU verantwortlich ist, eine Zulassung des Biontech-Impfstoffes (BNT162b2) frühestens ­Ende Dezember 2020 an, für das Moderna-Mit­tel (mRNA-1273) wird Mitte Januar 2021 angesteuert. Auch weitere Impfstoffkandidaten wie etwa der von AstraZeneca (AZD1222) lassen hoffen.

Mehrere Impfstofftypen gegen neues Coronavirus

Im Einsatz gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 wird es unterschiedliche Impfstoff-Typen geben. Alle basieren auf dem gleichen generellen Wirkprinzip. Sie präsentieren unserem Immunsystem Teile des neuartigen Corona-Virus, sodass unser Körper eine Immunität gegenüber dem Erreger aufbauen kann. Das Immunsystem wird ­angeregt, Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus zu bilden, um die Viren abzufangen.

Das Unternehmen Biontech/Pfizer wie auch das Biotechnologieunternehmen Moderna haben sogenannte mRNA-Impfstoffe entwickelt. Das Unternehmen AstraZeneca arbeitet an der Zulassung für einen Vektorimpfstoff. mRNA-Impfstoffe und Vektorimpfstoffe unterscheiden sich in der Art der genetischen Information und in der Art wie die Information in die Zellen kommen.

Was die Wirksamkeit der Impfstoffe besagt

Doch wie steht es mit der Wirksamkeit der Impfstoff-Kandidaten? Moderna geht von einer Wirksamkeit von rund 94 % aus, Biontech/Pfizer vermeldete einen 95%igen Schutz.

Der vom Pharmakonzern AstraZeneca entwickelte Impfstoff zeigte bei ersten Berechnungen eine Wirksamkeit von 70 %. Es gab aber große Spannbreiten je nach Verabreichung und Dosierung. Deshalb plant AstraZeneca eine neue Wirksamkeitsstudie.

Ziel der Coronaimpfung ist eine Herdenimmunität

Sind die Impfstoffe so wirksam wie angenommen, ließe sich die Infektionskette damit unterbrechen. Gleichzeitig könnten die Sterblichkeit und die Zahl der schweren Krankheitsverläufe von Covid-19 deutlich gesenkt werden.

Um die Pandemie zu stoppen, müssten laut Experten wie Prof. Dr. Stephan Ludwig, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Münster (UKM), 60 bis 70 %der Bevölkerung einen Immunschutz aufweisen bzw. geimpft sein. „Dann wäre eine sogenannte Herdenimmunität erreicht und das Virus würde nicht mehr genug neue Wirte finden, um sich weiter auszubreiten“, erklärt er.

Wer bevorzugt gegen Corona geimpft wird

Die am Robert-Koch-Institut angesiedelte Ständige Impfkommission (STIKO) hat die Aufgabe, Impfempfehlungen für Deutschland zu erarbeiten und auszusprechen. Sie entscheidet, wie ein zugelassener Impfstoff am sinnvollsten zur Anwendung kommt.

Grundlage dafür sind insbeson­dere Bewertungen zu Risikofak­toren sowie die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs. Da zu Beginn nicht ausreichend Impfstoffe zu Verfügung stehen, werden Menschen nach Priorität geimpft.

Zum Start sollen nun laut Vorschlag der STIKO Ältere über 80, Pflegeheimbewohner und Personal in der ambulanten und stationären Altenpflege sowie andere Tätige in Senioren- und Altenpflegeeinrichtungen mit Kontakt zu Bewohnern geimpft werden. Auch Personal mit hohem Infektionsrisiko, wie Mitarbeiter in Notaufnahmen und Covid-19 Stationen oder mit engem Kontakt zu hoch empfindlichen Menschengruppen etwa in der Hämato-Onkologie oder Transplantationsmedizin sind zuerst dran.

Das Land NRW bereitet sich derzeit auf eine breit angelegte Impfaktion gegen die Covid-19-Infektion vor. 27 Corona-Impfzentren soll es laut Kassenärztlicher Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) allein in Westfalen-Lippe geben. Voraussichtlich werden sie täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet ­haben. Hier werden Lagerbedingungen geschaffen, die es ermöglichen, beispielsweise den Impfstoff von ­Biontech/Pfizer bei minus 70 °C aufzubewahren.

Viele andere Impfstoffe, wie beispielsweise der von AstraZenaca, benötigen vo­raussichtlich keine tiefe Kühlung. Diese könnten dann auch im späteren Verlauf der Impfphase an Arzt-praxen gegeben werden. Weiterhin sind mobile Impfteams geplant, die zum Beispiel Bewohner in Pflegeeinrichtungen impfen.

Wie sicher sind Impfstoffe gegen Corona?

Normalerweise dauert es 15 bis 20 Jahre bis ein Impfstoff entwickelt wird. Für die ersten Impfstoffe gegen Covid-19 hat es nur einige Monate gebraucht. Das wirft schon im Voraus die Frage auf, wie sicher bzw. verträglich die geplanten Impfstoffe gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 sein werden.

Vertraut man den Aussagen von Politik, Experten und zuständigen Behörden, dann geht die schnelle Entwicklung der Impfstoffe nicht auf Kosten der Sicherheit.

In Deutschland müssen Impfstoffe ­alle drei Phasen eines klinischen Studienprogramms erfolgreich bestanden haben, bevor sie zugelassen werden. Dass die Entwicklung von Impfstoffen gegen das neue Corona-­Virus so schnell ging, hat nicht nur mit Geldern zu tun, die in Milliardenhöhe in die Forschung inves­tiert wurden.

Unternehmen hätten in weiten Teilen schon auf bekannte Technologien und Erfahrungen zurückgreifen können, sodass die Forschung nicht bei Null hätte anfangen müssen, begrün­det Prof. Dr. Stephan Ludwig die verkürzte Entwicklungszeit möglicher Corona-Impfstoffe. „Hinzu kommt, dass die Zulassungsbehörden die Zulassungsschritte beschleunigt bearbeiten und bereits Zwischenberichte in dem Zulassungsprozedere berück­sichtigen“, so der ­Experte.

Impfstoffe vom Typ der mRNA-Impfstoffe sind bisher noch nicht auf dem Markt. Mancher mag befürchten, dass sie das menschliche Erbgut manipulieren können. Experten wie Prof. Dr. Stephan Ludwig geben jedoch Entwarnung: „Beim mRNA-Impfstoff handelt es sich um ein Botenmolekül. Seine chemische Struktur unterscheidet sich derart vom menschlichen ­Erbgut, dass es gar nicht ins Erb­gut des Menschen „eingebaut“ ­werden kann.“ Genausowenig ­seien mRNA-­Impfstoffe gegen das Corona-Virus in der Lage, eine Covid-­19-Infektion auszulösen.

Coronaimpfung: Noch bleiben Fragen offen

Auch nach der Zulassung werden neue Impfstoffe überwacht und ­bewertet, um beispielsweise seltene Nebenwirkungen zu erfassen. In Deutschland registriert das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) alle Neben­wirkungen und Impfreaktionen. Denn die sind nicht aus­zuschließen. „Es werden normale Impfreaktionen zu erwarten sein, wie Rötungen oder Schmerzen an der Einstich­stelle, eventuell das Gefühl von Abgeschlagenheit oder auch leichtes Fieber. Das muss aber auch nicht sein“, informiert Virologe Stephan Ludwig.

Wie lange nach einer Impfung oder einer durchgemachten Infektion ein ausreichender Schutz vor SARS-­CoV-2 anhält, lässt sich noch nicht genau sagen, wenngleich Experten derzeit von einigen Monaten ausgehen. Langzeitstudien dazu gibt es noch nicht.

„Bei ehemaligen Covid-19-Patienten müsste man den tatsächlichen Immunschutz durch einen Antikörpertest nochmals feststellen“, erklärt Prof. Dr. Stephan Ludwig. Auch scheint noch nicht abschließend für die verschiedenen Impfstoffe geklärt zu sein, ob man sich nur einmal impfen lassen muss oder ob zwei Dosen verabreicht werden müssen und wenn ja, in welchem zeitlichen ­Abstand. Fraglich ist auch, ob geimpfte Menschen das Virus weitertragen können.

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