Im rheinischen Euskirchen-Stotzheim hat Apotheker Gregor Dinakis als erste Apotheke in NRW Homöopathika aus den Regalen genommen. 2015 schloss die Ärztin Natalie Grams ihre homöopathische Privatpraxis in Heidelberg. Als ausgebildete Homöopathin ist sie heute eine starke Kritikerin der Homöopathie. Inzwischen haben sich elf der bundesweit 17 Landesärztekammern von der Homöopathie in ihrem Weiterbildungsprogramm verabschiedet.
Initialzündung dafür gab wohl der Münsteraner Kreis, ein informeller Zusammenschluss von Ärzten und Wissenschaftlern, die sich kritisch mit der komplementären und alternativen Medizin auseinandersetzen. Er forderte 2018, die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ aus der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer ersatzlos zu streichen. Begründung: „Die Homöopathie ist eine unwissenschaftliche Heilslehre. Ihr mit der Zusatzbezeichnung einen scheinbar seriösen Anstrich zu geben, widerspreche dem Anspruch der Ärzteschaft auf eine wissenschaftlich fundierte Versorgung …“.
Positive Erfahrungsberichte mit der Homöopathie
Dass eine homöopathische Behandlung dennoch wirken kann, davon sind nicht nur Heilpraktiker und viele Laien, die Globuli und Co. verwenden, überzeugt, sondern auch Homöopathen mit ärztlichem Hintergrund wie Dr. Luise Stolz. „Ich habe wirklich beeindruckende Erfahrungen mit der Homöopathie gemacht, sowohl in meiner Familie, mit mir selbst, aber auch mit Patienten“, sagt die Medizinerin.
Und sie kann von vielen Behandlungen mit Arnika, Belladonna und Co. berichten, die bei ihren Patienten Beschwerden gelindert haben. „Zwei Drittel meiner Patienten wollen homöopathisch behandelt werden wo immer das geht“, erklärt die Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie mit eigener Praxis in Paderborn.
Seit 2018 ist die 75-Jährige auch Vorsitzende im Landesverband NRW des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ). Sie selbst absolvierte Anfang der 1990-Jahre die Homöopathieausbildung und besitzt das Homöopathie-Diplom. In den zehn zurückliegenden Jahren haben 28 Mediziner vor der Ärztekammer Westfalen-Lippe die Zusatzbezeichnung Homöopathie erworben. Aktuell sind dies 502 Ärzte.
Zusatzbezeichnung Homöopathie bleibt in Westfalen-Lippe
Diese berechtigt homöopathische Behandlungen mit gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen und die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ zu tragen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Landesärztekammern hält die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) an der Zusatzbezeichnung Homöopathie in der ärztlichen Weiterbildung fest und zwar mit folgender Begründung: „Die Homöopathie würde ansonsten allein in die Hände anderer nicht ärztlicher Berufsgruppen gelangen, ohne jede medizinisch-wissenschaftliche Ausbildung. Wenn ausgebildete Mediziner homöopathisch arbeiten, geschieht das zumindest mit einem ärztlichen Hintergrund.“
Glücklich ist Dr. Luise Stolz mit Begründungen wie dieser nicht. Es werde immer wieder versucht, Heilpraktiker und ärztlich tätige Homöopathen gegeneinander auszuspielen. „Ich kenne gute Kollegen, ich kenne aber auch wirklich gute Heilpraktiker“, sagt die Medizinerin.
Homöopathie als Mittel zur Kundenbindung
Homöopathie ist grundsätzlich keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Aber rund 70 % der insgesamt 103 Krankenkassen erstatten die Behandlungskosten für ärztliche Homöopathie im Rahmen von Selektivverträgen. Neben der Landwirtschaftlichen Krankenkasse sind darunter auch die Techniker, Barmer, Knappschaft sowie viele IKKn und BKKn. Andere Krankenkassen wie viele AOKs bieten ein jährliches Maximalbudget in einem „Gesundheitskonto“ an oder bezuschussen im Rahmen eines Bonusprogramms homöopathische Leistungen.
„Ich bekomme für ein ein- bis eineinhalbstündiges Erstgespräch mit Anamnese, Analyse und dem Heraussuchen des passenden Mittels 130 €“, berichtet Dr. Luise Stolz. Für weitere Beratungen seien es je nach Zeitaufwand zwischen 10 und 50 €.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht das Vorgehen der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgrund nicht ausreichender wissenschaftlicher Belege für die Wirksamkeit homöopathischer Verfahren kritisch: „Vor diesem Hintergrund sollten die gesetzlichen Krankenkassen auch grundsätzlich keine Leistungen der Alternativmedizin finanzieren dürfen, auch nicht als Zusatzleistung, solange der Nutzen nicht nachgewiesen ist … Wer homöopathische Mittel haben möchte, soll sie auch bekommen, aber bitte nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft.“
Die Grenzen der Homöopathie kennen
Viel Kritik von vielen Seiten ist es, die der Homöopathie entgegenweht. Dr. Luise Stolz setzt dem ihre vielen positiven Erfahrungswerte entgegen. Wichtig sei es, die Grenzen der homöopathischen Behandlung zu kennen, um nicht eine schwere Erkrankung zu übersehen oder deren notwendige medizinische Behandlung rechtzeitig zu versäumen. „Schulmedizin und Homöopathie haben gleichermaßen ihre Berechtigung. Für mich hat das etwas mit Wahlfreiheit zu tun“, sagt sie. „Homöopathie ist eine nebenwirkungsfreie Medikation. Und wenn Patienten so behandelt werden wollen, dann gehe ich jeden Weg mit, solange ich das verantworten kann.“
Krebstherapie
Vor Kurzem erschien die medizinische S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Krebsbehandlung“, die sowohl Kritiker als auch Befürworter als Erfolg für ihre Sichtweise verbuchen. Hierhin steht, dass man die Homöopathie zur Verbesserung der Lebensqualität als Zusatz zur konventionellen Tumorbehandlung „in Erwägung ziehen“ kann.
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