Hausärztemangel

Hausarzt: Das Interesse daran steigt

Ärztekammer und Hausärzteverband in Westfalen-Lippe unterstützen den Quereinstieg von geeigneten Ärzten in die Allgemeinmedizin und setzen auf Information und Beratung der Nachwuchskräfte.

Es fehlt an Hausärzten – vor allem auf dem Land. Aktuell sind etwa 50 Hausärztesitze in Westfalen-Lippe nicht besetzt. Tendenz steigend. Um das Defizit aufzufangen, haben Verantwortliche aus Politik und Verwaltung einen Strauß an Maßnahmen konzipiert. Dazu zählen mehr Studienplätze, Änderungen bei der Studienplatzvergabe, mehr Lehrstühle für Allgemeinmedizin und mehr allgemeinmedizinische Inhalte im Studium und in der praktischen Ausbildung. Bis allerdings all diese Maßnahmen greifen und die Absolventen als niedergelassene Ärzte tätig sein werden, wird es einige Jahre dauern. Wie also kurzfristig die Lücke schließen?

Quereinsteiger aus den Kliniken

Ärztekammer und Hausärzteverband in Westfalen-Lippe unterstützten insbesondere den Quereinstieg von Klinikärzten in die Hausarztpraxen, wie es auf einer gemeinsamen Pressekonferenz anlässlich des 12. Westfälisch-Lippischen Hausärztetages in Münster hieß. Auf diese Weise soll der Nachwuchsproblematik in der Hausärzteschaft kurzfristig entgegengewirkt werden.

Die Möglichkeit zum Quereinstieg von Krankenhausärzten in eine Hausarzttätigkeit gibt es schon länger. Neu aber ist eine Vereinbarung, die den Quereinstieg für klar definierte unterversorgte Regionen besonders fördert. Unterzeichner sind die nordrhein-westfälischen Ärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen, Krankenkassen und das Gesundheitsministerium NRW.

Das Programm richtet sich an klinisch tätige Allgemeininternisten sowie an Internisten und andere unmittelbar in der Patientenversorgung beteiligten Fachärzte mit Schwerpunktbezeichnungen Anästhesie, Chi­rurgie oder Innere Medizin. Die Aussichten auf Quereinsteiger sind nicht schlecht. Zukünftig werden immer mehr Kliniken fusionieren und kleine Krankenhäuser schließen. Auch gibt es immer wieder Klinikärzte, die aus dem Klinikalltag mit Schichtdienst oder aus dem Angestelltenverhältnis aussteigen möchten und über berufliche Veränderungen nachdenken.

Quereinsteiger werden gefördert

Allgemeininternisten können sich innerhalb von zwölf Monaten unter Anleitung eines Hausarztes mit Weiterbildungsermächtigung für die Tätigkeit in der ambulanten hausärztlichen Versorgung weiterqualifizieren. Fachärzte anderer Fachgruppen können spätestens nach drei Jahren zur Facharztprüfung Allgemeinmedizin zugelassen werden.

Absolviert der Facharzt sein Qualifizierungsjahr in einer hausärztlichen Praxis in einer Gemeinde mit unter 40  000 Einwohnern, erhält er eine monatliche Vergütung von bis zu 9000 €. Liegt die Praxis in einer unterversorgten oder davon bedrohten Region, kann der Förderbetrag noch aus Landesmitteln aufgestockt werden. Hintergrund ist, dass voll weitergebildete Fachärzte in einer Klinik eine Oberarztstelle besetzen könnten. Um den Quereinstieg in die hausärztliche Versorgung attraktiv zu machen, sollen sie nicht weniger verdienen als in der Klinik. Die ambulante Weiterbildungszeit wird maximal für 24 Monate finanziell gefördert. Das Förderprogramm ist auf Ende 2023 befristet.

Interessenten müssen sich nochmals weiterbilden

Doch bevor diese klinisch tätigen Fachärzte in einer hausärztlichen Praxis arbeiten dürfen, haben sie zusätzlich eine Weiterbildung im Fachbereich Allgemeinmedizin zu absolvieren. „Hausärzte haben spezielle Aufgaben wie etwa die Gesundheitsaufklärung oder die Differenzialdiagnostik“, sagte Ärztekammerpräsident Dr. Theodor Windhorst.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Führung einer Praxis mit ihrem Abrechnungswesen. „Viele Anwärter haben großen Respekt vor Verordnungen und Formularen“, informierte Anke Richter-Scheer, Hausärztin aus Bad Oeynhausen und Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe. Vor allem aber, so Anke Richter-Scheer: „Der Beruf des Hausarztes darf nicht mehr schlechtgeredet werden.“

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