Arzneipflanze Weißdorn

Hat Weißdorn als Mittel beim Altersherz ausgedient?

Weißdorn ist die Arzneipflanze des Jahres 2019. Seine Extrakte spielten viele Jahre eine Rolle in der Therapie der Herzschwäche. Das hat sich geändert.

Zahlreiche Fertigarzneimittel enthalten Weißdorn-Extrakt. Seit Jahren waren sie zugelassen bei beginnender Herzinsuffizienz und Altersherz. Obwohl die Inhaltsstoffe des Weißdorns gut erforscht sind, hat sich sein Stellenwert in der Therapie deutlich geändert.

Extrakte des Weißdorns

Als Inhaltsstoffe sind Flavonoide, oligomere Procyanidine und andere bekannt. Diese Wirkstoffe steigern die Kontraktionskraft des Herzens und wirken Herzrhythmusstörungen entgegen. Sie wirken günstig auf die Abbauprozesse, die sich bei der Herzinsuffizienz in den Herzmuskelzellen und Blutgefäßen abspielen.

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat 2016 die Studienlage neu bewertet. Sie kommt zu dem Schluss, dass Weißdorn nicht mehr bei Herzinsuffizienz angezeigt ist. Die deutsche Behörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArm), hat sich dieser Sichtweise angeschlossen. Deshalb sind Weißdorn-Zubereitungen nur noch als traditionell angewandtes Arzneimittel zugelassen.

Der Hintergrund dieser Entscheidung scheint vielschichtig zu sein. Die Herzinsuffizienz ist eine ernste Erkrankung. In Deutschland ist sie die dritthäufigste Todesursache, noch vor dem Lungen-/Bronchialkarzinom. Im Stadium IV haben die Patienten selbst bei Bettruhe Atemnot. Sie sind also zu gar keiner körperlichen Bewegung mehr fähig.

Es gibt wirksamere Mittel

Die ärztliche Therapie beruht auf einem Stufenschema, je nach Schweregrad der Erkrankung. Substanzen aus den Gruppen der ACE-Hemmer wie Ramipril, Betablocker wie Bisoprolol und spezielle Wirkstoffe wie Spironolacton, Eplerenon und Sacubitril – sie sind alle verschreibungspflichtig und hocheffektiv. Sie verbessern das Überleben der Patienten und sind unverzichtbarer Bestandteil der Basistherapie.

Da es also gegen diese schwere Erkrankung nachgewiesenermaßen gut wirksame Arzneistoffe gibt, ist es nach Expertenmeinung nicht zu verantworten, den Patienten diese Therapie vorzuenthalten und eine Behandlung mit unsicherer Wirkung durchzuführen. Es scheint aber vertretbar zu sein, Weißdornpräparate zusätzlich zur ärztlich verordneten Therapie zu verwenden, aber keineswegs stattdessen.

Einsatzgebiete beschränkt

Der Fortschritt der vergangenen 20 Jahre hat die altehrwürdige Therapie mit Weißdorn überholt. Moderne Arzneimittel ermöglichen es, den Krankheitsverlauf und die Sterblichkeitsrate bei der Herzinsuffizienz positiv zu beeinflussen. Allein Weißdorn zu nehmen, wäre mit diesem Wissen eine Fehlbehandlung.

Weißdorn und seine Zubereitungen sind heute zugelassen zur Linderung vorübergehender nervöser Herzbeschwerden wie Herzklopfen. Vorher muss jedoch ein Arzt eine ernste Herzerkrankung ausschließen.

Geeignet erscheint Weißdorn auch zur Besserung des Befindens bei nervlicher Belastung und zur Schlafunterstützung. So der Wortlaut der EMA-Stellungnahme.

Den vollständigen Beitrag können Sie nachlesen im Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben auf den Gesundheitsseiten der Ausgabe 25 vom 21. Juni 2019.

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