Geistig fit bis ins hohe Alter

Im Alter lassen manche Hirnleistungen nach. Doch nicht alle. Gegen das Vergessen hilft lebenslanges Lernen und ein gutes soziales Umfeld.

Einen gesunden Geist in einem gesunden Körper – wer wünscht sich das nicht bis weit in die betagten Lebensjahre hinein?

Geistig fit zu sein, das umfasst verschiedene Aspekte. Denn der Mensch ist untrennbar mit seiner individuellen Lebensgeschichte verbunden. Die wiederum übt erheblichen Einfluss auf intellektuelle Fähigkeiten, Gedächtnisleistungen und die Persönlichkeitsentwicklung im späteren Lebensalter aus.

Was im Gedächtnis bleibt

Bei Gedächtnisleistungen geht es stets darum, sich etwas einzuprägen, es zu behalten, sich wieder daran zu erinnern und Erfahrungen bzw. Informationen bei Bedarf abzurufen. Sicher wird man oftmals eine Abnahme der Gedächtnisleistungen im Alter antreffen. Jedoch ist dies durchaus differenzierter zu betrachten. Bis ins hohe Alter bleiben manche geistigen Fähigkeiten erhalten.

Erinnerungen an Ereignisse aus der eigenen Lebensgeschichte sowie Vorkommnisse aus der Kindheit werden oftmals klarer und besser erinnert als relativ kürzlich eingetretene Ereignisse. Es ist auffällig, dass Ereignisse zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr besonders gut im Gedächtnis bleiben. Warum? In dieser Zeit sind viele Ereignisse mit ausgeprägt emotionalen Inhalten verknüpft. Sie bleiben dadurch besonders einprägsam in dem autobiografischen Gedächtnis haften.

Lernen und Erinnern von kognitiven wissensbasierten oder motorischen Fertigkeiten wie Autofahren, Zählen, Buchstabieren oder Lesen vollzieht sich im prozeduralen Gedächtnis. Diesbezüglich zeigen sich auch heute noch viele Grundschulkinder äußerst überrascht, wenn Oma oder Opa ihnen beim „Grundrechnen im Kopf“ erstaunlich überlegen sind.

Mit der Fähigkeit, sich an objektives Faktenwissen zu erinnern, wird das semantische Gedächtnis beschrieben. In diesem Bereich zeigen sich in entsprechenden Gedächtnis- und Intelligenztests gesunder älterer Menschen keine ­Altersunterschiede. Die Testergebnisse fallen sogar oftmals zugunsten der betagten Menschen aus.

Was im Alter nachlässt

Dagegen fällt es mit zunehmendem Alter häufig schwer, sich an kürzlich geschehene, den eigenen Alltag betreffende Ereignisse zu erinnern und diese wiederzugeben.

Auch lässt das sogenannte Arbeitsgedächtnis nach. Etwas zu behalten und gleichzeitig kürzlich erhaltene Informationen zu verarbeiten, wird mit dem Alter meist schwieriger.

Für die Orientierung im Haus, Wohngebiet oder in der Bauerschaft benötigt es ein räumliches Gedächtnis. Dieses ist auch dafür verantwortlich, dass wir uns an die Lage von Räumen oder Gegenständen im Raum erinnern können. Hier zeigen sich Altersunterschiede auch dann, wenn es sich um vertraute Umgebungen handelt.

Die Fähigkeit, sich selbstständig an geplante Ereignisse oder Aufgaben zu erinnern, eine zukünftige Verabredung einzuhalten, einer anderen Person eine Nachricht zu geben oder Medikamente zum richtigen Zeitpunkt einzunehmen, sind Leistungsaspekte eines prospektiven Gedächtnisses. Ein vergleichsweise früher Ausfall dieser Fähigkeiten macht sich meist bei beginnenden demenziellen Erkrankungen bemerkbar.

Geistig fit – aber wie?

Wer kontinuierlich und lebenslang dazulernt, beugt geistigen Funktionseinbußen am besten vor. Mehr noch: Was die Fähigkeiten betrifft, stark wissensabhängige Aufgaben zu lösen und sich an objektives Faktenwissen zu erinnern, können diese bis ins hohe Alter sogar gesteigert werden.

Darüber hinaus müssen die beschriebenen intellektuellen Fähigkeiten und Gedächtnisleistungen anhaltend geübt und genutzt werden, um mit steigendem Lebensalter möglichst lang geistig fit zu bleiben. Systematische Gedächtnisübungen können das Konzentrationsvermögen erhöhen, die Aufnahme von Informationen beschleunigen und auch das Gedächtnis verbessern. Diesbezüglich werden entsprechende Gehirntrainingskurse zum Beispiel von der „Gesellschaft für Gehirntraining e. V.“ (www.gfg-online.de ) angeboten.

Allerdings unterscheiden sich die Effekte im Vergleich zu jenen sozial gut eingebundener „aktiver Kontrollgruppen“ nicht nennenswert. Somit dürften eher weniger sozial eingebundene bzw. isolierte ältere Menschen von diesen Maßnahmen profitieren. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig ein soziales Umfeld mit gut funktionierenden familiären bzw. freundschaftlichen Kontakten ist.

In Frühstadien einer bereits eingetretenen Hirnleistungsschwäche können entsprechende Programme einen gewissen hinauszögernden Effekt erzielen. In fortgeschrittenen Stadien einer Demenz sind oft „Realitätsorientierungsprogramme“ hilfreich. Dabei werden beispielsweise Strategien trainiert, die es ermöglichen, sich besser personen-, orts- und zeitbezogen zu orientieren.

Neuere Studien zeigen darüber hinaus, dass betagte Patienten mit höherer körperlicher Fitness oftmals auch über eine bessere geistige Fitness verfügen. Außerdem gibt es Hinweise, dass sich körperliches Training positiv auf demenzielle Erkrankungen auswirkt. Dr.med.Bradtke