Zum Hausarzt weiterbilden

Fit für Beruf als Hausarzt

Ein Hausarzt muss oft umfangreiche Entscheidungen treffen – für den Patienten, für seine Praxis und sich. Um Mediziner besser darauf vorzubereiten und sie für den Beruf zu gewinnen, werden sie künftig speziell weitergebildet.

Von Notstand sprechen Experten – noch – nicht. Dennoch fehlt es an Hausärzten in Westfalen-Lippe. Derzeit sind bereits 25 Kommunen in dem För­derverzeichnis der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) gelistet. In diesen Städten und Gemeinden besteht die Sorge, dass aufgrund der Arztdichte, der Altersstruktur sowie der Auslastung und Entwicklung der Arztzahlen der hausärztliche Versorgungsgrad auf 75 % rutscht. In Borg­holzhausen im Kreis Güters­loh ist das schon jetzt der Fall. Gefährdet sind aber auch Orte wie Brilon, Gütersloh, Kierspe, Löhne, Menden, Oelde, Rhede oder Werdohl, um nur einige zu nennen.

Viele arbeiten in Teilzeit

Derzeit sind 4172 Mediziner in Westfalen-Lippe in der hausärztlichen Versorgung tätig. „1391, also rund 33 %, von ihnen sind über 60 Jahre alt“, sagt Dr. med. Norbert Hartmann, Vorsitzender des Ausschusses „Hausärztliche Versorgung“ der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Demnach müssten jährlich etwa 150 Ärzte ersetzt werden, die altersbedingt aus der hausärztlichen Versorgung ausscheiden. In fünf bis zehn Jahren werde der jährliche Bedarf auf 180 ansteigen, lautet die Analyse der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

Doch obwohl die Anzahl der Fachärzte in der hausärztlichen Versorgung seit 2015 zugenommen hat, reicht diese nicht aus, um die Versorgung flächendeckend zu gewährleisten. „Ein Grund ist, dass immer mehr Ärzte nur noch in Teilzeit tätig sind, und das betrifft alle Altersgruppen“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Wehrmann von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Nachfolger besser fördern

Die KVWL versucht der Situation mittels vielerlei Maßnahmen entgegenzusteuern. So fördert sie Allgemeinmediziner, die in einem der gelisteten Orte einen hausärztlichen Versorgungsauftrag übernehmen. Diese können dann beispielsweise ein Praxisdarlehn erhalten, von einer Umsatzgarantie für die ersten zwei Jahre profitieren oder Kostenzuschüsse von bis zu 50  000 € für die Praxiseinrichtung in Anspruch nehmen.

Auch auf landespolitischer Ebene wird an Stellschrauben gedreht, wie Christel Bayer vom Gesundheitsministerin NRW erklärt. Um mehr Mediziner für die hausärztliche Versorgung zu gewinnen, soll in Bielefeld eine neue medizinische Fakultät entstehen. An anderen medizinischen Fakultäten soll zukünftig mindestens eine Professur für Allgemeinmedizin eingerichtet werden. Auch die Weiterbildung zum Allgemeinmediziner wird weiterhin finanziell unterstützt.

In diesen Handlungskatalog reiht sich seit Beginn des Jahres das neue „Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Westfalen-Lippe“ ein. Die fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin soll durch entsprechende Maßnahmen des Zentrums unterstützt werden. Denn das Anforderungsprofil, das zukünftige Hausärzte erfüllen müssen, ist hoch. Sie müssen nicht nur eine Praxis managen. Sie müssen vor allem allein in der Lage sein, innerhalb kurzer Zeit fehlerfreie Diagnosen zu stellen und die richtige Behandlung in die Wege zu leiten. Das macht vielen jungen Ärzten Angst und ist einer von vielen Gründen, warum sie sich gegen eine Tätigkeit als Hausarzt entscheiden. Ärzteschaft und Selbstverwaltung haben dies erkannt und wollen Mediziner nun besser für ihren Arbeitsalltag in der hausärztlichen Versorgung rüsten.

Neues Kompetenzzentrum

Das Kompetenzzentrum hat daher ein Weiterbildungspaket geschnürt, das spezielle Seminar- und Beratungsangebote, Mentoringprogramme, Qualifizierungsmaßnahmen sowie Schulungen für Weiterbildende und Dozenten umfasst. Dabei geht es unter anderem darum, Ärzten in der Weiterbildung Handlungsleitlinien zu geben und mit ihnen Standardsituationen zu erarbeiten.

Diese sollen den jungen Ärzten helfen, in der Kürze der Behandlungszeit allein und schnell klare und fehlerfreie Entscheidungen zu treffen. „Wenn gewünscht, können auch Untersuchungskurse angeboten werden“, informiert Prof. Dr. Herbert Rusche, Geschäftsführer des neuen Kompetenzzentrums.

Erarbeitet, strukturiert und umgesetzt werden sollen diese Maßnahmen primär durch universitäre Einrichtungen. In Westfalen-Lippe sind das die allgemeinmedizi­nischen Abteilungen der Ruhr-Universität Bochum und derWestfälischen Wilhelms-Universität Münster.


Mehr zu dem Thema