Fibromyalgie / Chronische Schmerzen

Fibromyalgie: Oft schwer festzustellen

Das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) verläuft individuell sehr unterschiedlich und lässt sich nicht ohne Weiteres feststellen. Erfahren Sie mehr.

„Für das Fibromyalgie-Syndrom gibt es keine klare Ursache“, sagt Dr. Oliver Wiemann. Die Kombination vieler Faktoren spiele wahrscheinlich eine Rolle, wie ein gesteigertes Schmerzempfinden, reduzierte Tiefschlafphasen oder eine Fehlfunktion des Nervensystems, das unwillkürliche Funktionen im Körper steuert. Aber auch psychologische Aspekte, wie negative Lebenserfahrungen, psychischer Stress, Konflikte, berufliche und familiäre Überforderung, Krisensituationen oder Depressionen, können Auslöser der Erkrankung sein, so der Rheumatologe.

Andere Ursachen ausschließen

„Bekannt ist, dass etwa neben seelischen Traumata, Stress am Arbeits­platz und entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auch Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel das Risiko für ein FMS erhöhen kann. Ebenso erkranken Menschen häufiger an FMS, wenn Eltern oder Verwandte ersten Grades davon betroffen sind.

„Nachweisen lässt sich das Fibromyalgie-Syndrom weder durch Labor­untersuchungen noch durch bildgebende Verfahren“, erklärt der Rheumatologe. Es dauert oft Jahre bis eine FMS festgestellt wird, denn auch Ärzte erkennen die Krankheit nicht immer. Die Diagnose erfolge durch vollständige Erhebung der Krankengeschichte und Feststellung der typischen Symptome ­(siehe „Fibromyalgie-Syndrom“) sowie einer klinischen Unter­suchung, um andere körperliche Erkrankungen oder mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten, die die Ursache für die Beschwerden sein könnten, auszuschließen.

Bestimmte Kriterien müssten vorliegen, damit eine Diagnose erfolgen kann. So müssen die Schmerzen etwa mindestens drei Monate vorhanden sein und bestimmte Regio­nen am ganzen Körper be­treffen. Typisch für das FMS sind schmerzhafte Druckpunkte vor allem im Bereich von Ansätzen der Sehnen und Muskeln, sogenannte Tender-Points. Auf einer regionalen Schmerzskala müssen sich mindestens sieben von 19 Schmerzorten nachweisen lassen.

„Die Beschwerden des FMS führen weder zu Gelenk- noch zu Organschäden. Auch verringern sie nicht die Lebenserwartung“, so der Rheumatologe. „Allerdings sind sie durch medizinische Maßnahmen bislang nicht heilbar, aber durchaus zu lindern.“

Was helfen kann

Körperliche Aktivität und gute soziale Kontakte wirken sich günstig auf den Verlauf aus. Betroffene können lernen, mit ihren Einschränkungen besser zurechtzukommen. Bei der Behandlung des Fibromyalgie-Syndroms gehe es darum, Beschwerden zu lindern und die Funktionsfähigkeit im Alltag zu verbessern. „Nicht jedem hilft dabei das Gleiche“, sagt Dr. Oliver Wiemann.

Medikamente sind oft wenig überzeugend. Das gelte insbesondere für entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac. Über die Wirksamkeit von Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Metamizol lägen keine Nachweise vor, für opiodhaltige Schmerzmittel wie Tramadol nur begrenzte.

Medikamente abwägen

Zeitlich begrenzt und niedrig dosiert könnten aber Antidepressiva wie Amitzriptylin oder Duloxetin Schmerzen und Müdigkeit reduzieren, auch wenn der Betroffene nicht depressiv erkrankt ist. Schmerzen und Schlafstörungen lindern bei manchen FMS-Patienten das Nervenschmerzmittel Pregabalin und das Nervendämpfungsmittel Quetiapin. Doch all diese Wirkstoff bringen auch Nebenwirkungen mit sich, die es abzuwägen gilt.

Vielversprechend dagegen ist ein Ausdauertraining in geringer bis mittlerer Intensität wie schnelles Spazierengehen, Walken, Radfahren bzw. Radergometertraining, Tanzen und Aquajogging. Ziel soll es sein, dauerhaft zwei- bis dreimal die Woche mindestens 30 Minuten zu trainieren. Aber auch zu niedrig dosiertem Krafttraining kombiniert mit Dehnübungen sowie Tai Chi, Qi-Gong oder Yoga wird geraten.

Grundsätzlich werde beim Fibromyalgie-Syndrom zu einer multimodalen Behandlung geraten, die eine Kombination aus Entspannungstraining und/oder kognitiver Verhaltenstherapie mit Ausdauertraining umfasst. „Sind alle am­bulanten Therapiemöglichkeiten durch fachärztliche Behandlung ausgeschöpft, kann eine Reha­bilitationsmaßnahme oder eine stationäre Fibromyalgie-Komplex­behandlung versucht werden“, erklärt Dr. Oliver Wiemann.

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