Vierzig Mitarbeiterinnen aus westfälischen Apotheken – alle im mittleren Alter – vor dem Seminar über Wechseljahresbeschwerden: Hitzewallungen sind das häufigste Gesprächsthema, jede kennt sie aus leidvoller Erfahrung. Dann kommt die Referentin, ebenfalls in unserem Alter. Sie bringt nicht nur Fakten „an die Frau“, sondern erweist sich selbst als bestes Beispiel für die fliegende Hitze.
Hitzewallungen
Eine Hitzewallung dauert mehrere Minuten. Sie kündigt sich oft durch ein unbehagliches Gefühl und Druck im Kopf an. Dann breitet sich die Hitze über den Kopf, das Gesicht und den Oberkörper aus. Die Haut rötet sich, und die Frau „steht unter Wasser“. Durch den Wärmeverlust kommt das Frösteln gleich hinterher. Überdies wird das Wohlfühlfenster zwischen Frieren und Schwitzen in den Wechseljahren kleiner: beides wird schneller als unangenehm empfunden.
Ihr Blazer wird in rascher Folge an- und wieder ausgezogen. Über Zwiebellook, sprießende Barthaare und ähnliche Begleiterscheinungen der Wechseljahre berichtet sie so humorvoll, dass wir aus dem Lachen nicht herauskommen. Damit haben wir etwas ganz Wichtiges gelernt: Der eigene Umgang mit den Wechseljahren spielt eine große Rolle für den persönlichen Leidensdruck.
Bei den Wechseljahren handelt es sich um einen mehrjährigen Zeitraum vor und nach der letzten Regelblutung, der Menopause. Meist finden sie um das 50. Lebensjahr herum statt. Die fruchtbare Phase des Lebens geht zu Ende und die Freisetzung der Sexualhormone verändert sich. Vor allem der stark sinkende Estrogenspiegel ist für die typischen Wechseljahresbeschwerden verantwortlich.
Was Wechseljahre bewirken können
Hilfreich zu wissen: Der körpereigenen Hormonspiegel sinkt nicht kontinuierlich, sondern stufenweise. Daher treten die Beschwerden auch nicht ununterbrochen auf, sondern verstärkt bei einer neuen „Treppenstufe“ und lassen dann wieder nach. Demzufolge ist manchmal eine Therapie auch nur dann erforderlich.
{{::tip::standard::Mit Kühlkleidung lassen sich auch extreme Situationen überstehen. Sie besteht aus speziellem Material, das mit Wasser getränkt wird und durch die Verdunstungskälte über Stunden kühlt. Sie wird unter normaler Kleidung getragen und ist vielleicht Feuerwehrleuten bekannt, die sie im Brandfall tragen.::}}
Psychische Probleme von Reizbarkeit über Schlafstörungen bis hin zu Depressionen betreffen etliche Frauen. Im Genitalbereich sorgen trockene Schleimhäute etwa für Missempfindungen und ein erhöhtes Risiko für Blasenentzündungen. Hitzewallungen treffen bis zu 75 % der Frauen, mal nur ab und zu. Manche quälen sie aber mehrmals am Tag oder auch in der Nacht und verschlechtern die Schlafqualität erheblich.
Im eingangs erwähnten Seminar habe ich gelernt, dass dieses Auf und Ab mit Funktionsbekleidung aus dem Sportbereich oder aus leichter Baumwolle am besten zu bewältigen ist. Beim Zwiebellook lassen sich verschiedene Kleidungsstücke flexibel übereinander an- und situationsbedingt wieder ausziehen.
Pflanzliches kann Hitzewallungen lindern
Auch pflanzliche Präparate können helfen, Beschwerden zu lindern. Häufig kommt die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) zum Einsatz. Die Extrakte aus ihrem Wurzelstock beeinflussen Estrogen-Rezeptoren und auch die Temperaturregulation im Hypothalamus unseres Gehirns. Nach Einnahmebeginn dauert es etwa drei Wochen, bis die volle Wirkung zu spüren ist. Die Präparate werden meist gut vertragen. Frauen mit Lebererkrankungen dürfen sie jedoch nicht einnehmen.
Ist die Stimmungslage „verrutscht“, kann Johanniskraut die depressive Stimmung verbessern. Weil Johanniskraut ernste Wechselwirkungen mit etlichen anderen Arzneimitteln verursachen kann, lassen Sie dazu in der Apotheke beraten.
Weitere Pflanzen kommen wegen ihres Gehaltes an Phytoestrogenen zum Einsatz. Diese Substanzen haben eine ähnliche Molekülstruktur wie die Estrogene im menschlichen Körper und verursachen daher Wirkungen an den Estrogenrezeptoren. Sie sind in Pflanzen wie Soja oder Rotklee enthalten und als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt. In den üblichen Dosierungen und bei einer kurzen Anwendungsdauer sind keine Nebenwirkungen auf Brust, Gebärmutter oder Schilddrüse zu erwarten. Als Arzneimittel ist ein Extrakt aus dem Rhapontik-Rhabarber zugelassen.
Was das Schwitzen sonst noch lindert
Im Sommer hilft lauwarmes Duschen. Schnelle Linderung schaffen nasse Waschlappen oder Kühlpads oder ein Thermalwasserspray, das sich problemlos unterwegs anwenden lässt. Eine Reduzierung von Übergewicht schwächt Hitzewallungen ab ebenso wie das Meiden von Kaffee, Alkohol und Tabakprodukten. Ausdauersport, Wechselduschen oder Kneippsche Anwendungen scheinen sich ebenfalls günstig auszuwirken.
Wägen Sie Hormonersatztherapie ab
Helfen herkömmliche Strategien wenig, ist der Arzt gefragt. Wechseljahrbeschwerden lassen sich durch Hormone lindern. In Form von Gel oder Pflastern auf der Haut oder Tabletten werden die fehlenden Hormone ergänzt. Eine große Studie zeigte zahlreiche positive Effekte dieser Hormonersatztherapie. Die Beschwerden wurden gelindert und zusätzlich sank das Risiko für Osteoporose, Inkontinenz und einige Krebsarten. Allerdings erhöhte sich das Risiko für Erkrankungen wie Brustkrebs, Schlaganfall und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wägen Sie mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt die individuellen Vor- und Nachteile gegeneinander ab und beziehen vor allem Ihre persönlichen Risikofaktoren ein, bevor Sie sich für oder gegen eine Hormonersatztherapie entscheiden.
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